Bild
n.
‘flächige Darstellung von Personen und Dingen’
(früher auch
‘Skulptur’)
sowie überhaupt
‘dem Auge sich darbietender Anblick’
oder
‘nur in der Vorstellung wahrgenommene Erscheinung’,
ahd.
bilidi
(8. Jh.;
obd. Nebenformen
bilodi,
biladi),
mhd.
bilde
‘Abbild, Vorbild, Gestalt’.
Das nur im
Kontinentalwestgerm. bezeugte Substantiv
(vgl.
asächs.
biliði
‘Zeichen, Gleichnis, Abbild’,
mnd.
bilde,
bē̌lde
‘Abbild, Gestalt, Sinnbild, Beispiel’,
mnl.
beelde
‘Abbild, Gestalt, Vorbild’,
afries.
bild
‘Bild’;
dagegen
anord.
bīlæti
wohl aus dem
Asächs. entlehnt)
ist mit dem Kollektivsuffix
germ.
-iþja-
von einem Stamm
bil-
abgeleitet,
für den bisher eine sichere Erklärung fehlt.
Die ältesten
westgerm. Zeugnisse
machen eine Ausgangsbedeutung
‘Zeichen, Sinnbild, Vorzeichen’
wahrscheinlich,
vgl.
Foerste
in: Festschr. Trier
(1964) 112 ff.,
der einen möglichen Zusammenhang mit
bil-
‘angemessen, gerecht’
(s.
billig,
Unbill
und
Weichbild)
über eine semantische Vorstufe
‘trennen, unterscheiden, beurteilen, deuten’
erwägt.
Weitere Deutungsversuche führen zu einer Grundvorstellung
‘geistiges Wesen, übernatürliche Kraft’,
vgl.
Karg-Gasterstädt
in: PBB
66 (1942) 291 ff.,
oder rechnen den Stamm
bil-
einer Wortgruppe
‘spalten, hauen’
zu
und sehen in
Bild
‘das Zurechtgehauene, Gestaltete’;
so bereits
J. Grimm
in: ¹DWB
2, 8 f.;
vgl. auch
Pokorny 1, 117 f.
Im
Dt. weist
Bild,
das vor allem bei
Notker,
den Mystikern und
Chr. Wolff
in philosophische Erörterungen Eingang findet,
schon in der ältesten Sprachstufe
eine reiche Bedeutungsdifferenzierung auf.
Bestimmte semantische Verwendungen
zeigen sich deutlicher in Zusammensetzungen oder Präfigierungen wie
Ebenbild
n.
‘dem Muster gleichende Nachbildung’,
ahd.
ebanbilidi
(Hs. 12. Jh.),
mhd.
ebenbilde
‘Vorbild, Beispiel’;
Abbild
n.
‘flächige oder plastische Wiedergabe, Nachbildung’,
spätmhd.
frühnhd.
abbild(e),
anfangs häufig in der Fügung
Abbild nehmen
‘ein Muster nachahmen’,
allgemeiner verbreitet seit Ende des 18. Jhs.;
Vorbild
n.
‘Muster, Beispiel’,
ahd.
forabilidi
(11. Jh.),
mhd.
vorbilde
‘Sinnbild, Vorbild’;
Urbild
n.
‘Vorlage einer Nachbildung, Inbegriff, Ideal’,
zunächst Verdeutschung von
Archetypus
(17. Jh.),
seit dem 18. Jh. auch für
Original,
Ideal,
Idee
gebraucht.
Mit der Bedeutung
‘Äußeres, Gestalt’
begegnet
Bild
in den seit dem 19. Jh. nur noch abschätzig,
früher aber wertneutral verwendeten Komposita
Mannsbild
n.
Weibsbild
n.
frühnhd.
(15. Jh.)
zusammengewachsen aus
mhd.
mannes bilde
und
wībes bilde.
Verhältnismäßig jung ist
Lichtbild
n.
‘Photographie’
(Mitte 19. Jh.),
dem eine gleichlautende Gelegenheitsbildung mit der Bedeutung
‘durch Lichtstrahlen erzeugtes Bild’
(18. Jh.)
vorausgeht.
–
Gebilde
n.
‘Geformtes, künstlich Geschaffenes von nicht näher zu bezeichnendem Aussehen’,
aostnfrk.
gibilithi
‘Schattenbild, Schemen’
(9. Jh.?),
mhd.
gebilde
‘Gestalt, gestalteter Gegenstand, Sternbild’,
frühnhd.
gebild(e)
‘Heiligenbild’
kommt im 16. Jh. außer Gebrauch,
wird aber in der 2. Hälfte des 18. Jhs. erneut aufgegriffen,
anfangs als klangvollere Nebenform von
Bild,
doch zunehmend als an
bilden
(s. d.)
angeschlossenes Verbalsubstantiv.
Bildnis
n.
‘bildliche Darstellung eines Menschen, Porträt’,
ahd.
bilidinussi
n.
(oder
bilidinussī
f.?;
Hs. 13. Jh.)
‘Abbild, Bild’,
mhd.
bildnüsse,
bildnisse
n.
‘Bild, Gleichnis’,
frühnhd.
bildnis,
bildnus
n. und f.;
gegen Ende des 17. Jhs.
setzen sich die Form
Bildnis
und neutrales Genus durch,
das Femininum findet sich noch in
obd. Mundarten.
bildlich
Adj.
‘durch ein Bild oder durch metaphorische Ausdrucksweise veranschaulicht’,
ahd.
bilodlīh
‘vorbildhaft’
(8. Jh.),
bilidlīh
‘vorbildhaft, nachbildend, wohlgestaltet’
(11. Jh.),
mhd.
bildelich
‘bildlich, sinnlich wahrnehmbar’
(neben gleichbed.
mhd.
bildec).
bildschön
Adj.
‘sehr schön’,
seit der 2. Hälfte des 18. Jhs.
(zunächst
obd.)
zur Charakterisierung des Äußeren von Personen,
eigentlich wohl
‘schön wie ein (Heiligen)bild’,
vgl. älteres
engelschön;
dann auch auf unbelebte Gegenstände (19. Jh.) bezogen.
In Analogie dazu
bildhübsch
Adj.
‘sehr hübsch’
(Anfang 19. Jh.).
Bildhauer
m.
‘Schöpfer plastischer Kunstwerke’,
frühnhd.
bildhower,
bildhauer
(2. Hälfte 15. Jh.)
und
mnd.
bilde(n)-,
belde(n)houwer;
zu
Bild
in der Bedeutung
‘Skulptur’,
vgl. die
mhd. Fügung
ein bilde houwen
(aber
mhd.
bildemacher
‘Bildhauer’).
Bildfläche
f.
‘Fläche eines Bildes’
(Anfang 19. Jh.),
seit der 2. Hälfte des 19. Jhs.
vor allem geläufig in den
(wohl von der Photographie übertragenen)
Wendungen
auf der Bildfläche erscheinen
‘unerwartet auftauchen, zum Vorschein kommen’
und
von der Bildfläche verschwinden
‘abtreten, aus dem Gesichtsfeld schwinden’.