Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Alltag, der

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eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
(oft negativ erlebter) normaler Ablauf der täglichen Tätigkeiten und Geschehnisse, mit gleichförmigem Rhythmus und wenig Abwechslung
Grammatik: Plural selten
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: der graue (= langweilige), hektische, normale, öde, stressige, triste Alltag; ein geregelter Alltag
als Dativobjekt: dem Alltag entfliehen, entkommen
als Akkusativobjekt: den Alltag bewältigen, meistern, vergessen; den Alltag gestalten, organisieren, strukturieren, revolutionieren; jmdm. den Alltag erleichtern
in Präpositionalgruppe/-objekt: die Flucht aus dem, eine Auszeit vom, die Rückkehr in den Alltag; etw. ist nicht wegzudenken aus dem Alltag
hat Präpositionalgruppe/-objekt: der Alltag im Ghetto, in der Großstadt, in Haftanstalten, in der Kleinstadt, im Nationalsozialismus, in der Notaufnahme, unterm Hakenkreuz
Beispiele:
etw. mit in den Alltag nehmen (= einen schönen Eindruck lange bewahren)WDG
Tausende Gegenstände aus dem Alltag des sozialistischen Ostens zeigt seit dem Wochenende das N’Ostalgie Museum in Leipzig. [Die Welt, 18.07.2016]
Sexuelle Belästigung gehört leider zum Alltag. [Bild am Sonntag, 17.05.2020]
Diese [größeren Kapazitäten für Coronatests] aber sind die Voraussetzung dafür, dass die Nation langsam in eine gewisse Form des Alltags zurückkehren kann. [Die Welt, 11.05.2020]
Nach dem Ende der Olympischen Spiele am Sonntag beginnt in Brasilien wieder der Alltag. [Neue Zürcher Zeitung, 20.08.2016]
Am Abend noch an den Schreibtisch, am Sonntag ins Büro – für viele Selbstständige ist das Alltag. [Der Spiegel, 03.11.2015 (online)]
Hinter der Liebe lauert die Feindschaft, am heiligen Ehebund nagt das Einerlei des Alltags[…]. [Die Zeit, 28.03.1946]
Angst, nicht enden wollende Kriege und Alltage voller Grausamkeit prägen lange Zeit die europäische Geschichte. [Süddeutsche Zeitung, 31.07.2003] ungewöhnl. Pl.
Zeit, in der man seiner üblichen Beschäftigung nachgeht, seinen Pflichten nachkommt, arbeitet und nicht frei hat
in gegensätzlicher Bedeutung zu Freizeit
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: der berufliche, betriebliche, schulische, studentische, universitäre Alltag
hat Präpositionalgruppe/-objekt: der Alltag in Haftanstalten, in der Notaufnahme
Beispiele:
Der Alltag ist schließlich anstrengend genug, da sollte man sich am Wochenende nicht den Dingen zuwenden, die das Nervenkostüm noch mehr in Mitleidenschaft ziehen. [Die Zeit, 05.04.2014]
Für ihn waren die Raves, die großen Partys, mehr als ein geselliges Vergnügen, um die Wochenenden schöner zu gestalten als den Alltag. [Die Welt, 19.02.2020]
Im beruflichen Alltag sind für Autisten eine ruhige Arbeitsumgebung, wiederkehrende Abläufe, Arbeiten ohne Zeitdruck und feste Ansprechpartner wichtig. [Süddeutsche Zeitung, 27.02.2016]
Die Vorteile dieser Uni liegen ganz klar auf der Hand: Überschaubarkeit im studentischen Alltag, Lernen in kleinen Gruppen, rasche Kontakte zu Professoren und Dozenten. [Süddeutsche Zeitung, 01.02.2000]
Ihm [dem Beamten] erleichtert ein höfliches Publikum den Alltag ebenso wie ein Antragstellender gern das Dienstzimmer verläßt in dem Bewußtsein, mit seinen Sorgen und Nöten gut aufgehoben zu sein. [Berliner Zeitung, 25.04.1946]
2.
selten Tag, an dem Alltag (1) ist
siehe auch Werktag, Arbeitstag
Beispiele:
[…] »Seid ihr nun ganz verrückt geworden, am ersten Weihnachtstag hier zu arbeiten. Könnt ihr das nicht an einem Alltag machen?« [Neue Westfälische, 04.05.2013]
Sechs Jahre, das sind sechs Geburtstage und 300 gemütliche Freitagabende, und 1.500 ganz normale Alltage. [Bild, 24.10.2017]
[…] wir haben schon so viele Alltage gemeistert, uns ihnen gestellt, wieder und wieder. [Alte Seelen und ihre Inneren Kämpfe, 22.07.2016, aufgerufen am 31.08.2020]
An einem Alltag erlebt und spürt man, wie lebendig diese Stadt ist. In den schmalen Geschäftsstraßen quetschen sich die Autos (nicht alles ist Fußgängerzone, und die gefundene Balance scheint vernünftig und funktionsfähig), auf den farbenfrohen Märkten leuchtet am strahlendsten das Weiß des »Weichser Radi«, und in den Bierwirtschaften drängen sich nach Feierabend die Durstigen, die nach wie vor der einheimischen Braukunst den Vorrang einräumen. [Die Zeit, 23.06.1978]

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Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.

Dieses Wort ist Teil des Wortschatzes für das Goethe-Zertifikat B1.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
all · All · Weltall · allererst · allermeist · allerletzt · allerdings · allerhand · Allerheiligen · Allerseelen · allgemein · allmächtig · Allmacht · Alltag · alltäglich
all Adj. Indef.pron. ‘umfassend, ganz’, ahd. al (8. Jh.), mhd. mnd. mnl. nl. al, asächs. aengl. (auch eall), engl. schwed. all, anord. allr, got. alls (germ. *alla-) leiten sich her aus einer zur Wurzel ie. *al- ‘wachsen’ (s. alt) gebildeten Partizipialform ie. *alnos ‘ausgewachsen, vollständig, komplett’; durch Assimilation von n an l entsteht germ. *alla-. Daneben ist eine zweite Form germ. *ala- anzusetzen, wie sie durch ahd. alawāri ‘freundlich’ (nhd. albern, s. d.), got. alamans ‘Menschheit’ (wörtlich ‘jedermann’) gefordert wird. Doch ist bei Verwandtschaft mit air. oll ‘groß, umfassend’, eigentlich ‘über das Gewöhnliche hinaus’, lat. alers, allers ‘gelehrt’ auch ein Anschluß der germ. Bildungen an ie. *al-, *ol- ‘darüber hinaus’ erwägenswert. Substantiviert All n. ‘das Gesamte, Universum’, zunächst für etw. von allumfassender Wichtigkeit, mhd. daʒ all für Gott, dann für einen geliebten Menschen (17. Jh.), für ‘Universum’ im heutigen Sinne (Lohenstein, 2. Hälfte 17. Jh.); dafür seit Mitte des 18. Jhs. auch verdeutlichend Weltall n. (Zesen, 17. Jh.); vgl. (wohl unter dt. Einfluß) dän. verdensalt, schwed. världsallt, engl. worldall. allererst Adj. (15. Jh., zuvor Adv.), ahd. allero ērist (9. Jh.), mhd. allerērst; das Adverb ahd. ērist ‘erst’ (s. erst) wird verstärkt durch den Genitiv Plur. von al. Nach gleichem Prinzip sind gebildet allermeist Adj. ahd. allero meist(e) Adv. (9. Jh.), mhd. allermeist; allerletzt Adj. (um 1300); allerdings Adv. ‘in allen Dingen, in jeder Hinsicht’ (Mitte 16. Jh.), Zusammenrückung der genitivischen Fügung aller dings (15. Jh.), im 15./16. Jh. auch (Genitiv Plur.) allerding(e), nach mhd. aller dinge und allerdinge; seit dem 18. Jh. zunehmend in der Bedeutung ‘jedoch, freilich’; allerhand (indeklinabel) ‘von verschiedener Art’, Zusammenrückung (vereinzelt bereits mhd.) des Genitiv Plur. mhd. aller hande, zu mhd. hant in der Bedeutung ‘Art, Weise’; in neuerer Umgangssprache (19. Jh.) ‘ziemlich viel, unerhört’ (meist prädikativ). Allerheiligen n. katholisches Kirchenfest, zunächst in der Kombination aller heiligen tag (abend) oder tag aller heiligen (13. Jh.), seit dem 15. Jh. setzt sich Allerheiligen durch; vgl. (Kirchensprache) mlat. festum omnium sanctorum; entsprechend Allerseelen n. katholischer Gedenktag für die Verstorbenen (18. Jh.; doch vgl. schon up aller sielen, Köln 1526), älter Allerseelentag (15. Jh.) aus der genitivischen Fügung aller seelen tag (13. Jh.); vgl. (Kirchensprache) mlat. dies, commemoratio (omnium) animarum. allgemein Adj. ‘allseitig, generell’, mhd. algemeine Adv., selten Adj. ‘gemeinsam, insgesamt’, verstärkte Bildung zu gemein (s. d.) in dessen alter Bedeutung ‘gemeinsam, gemeinschaftlich’. allmächtig Adj. ‘im Besitz uneingeschränkter Macht’, ahd. al(a)mahtīg (8. Jh.), mhd. almehtec, zunächst als Attribut Gottes Wiedergabe von kirchenlat. omnipotēns (s. mächtig); Allmacht f. ‘uneingeschränkte Gewalt’ (15. Jh.), rückgebildet aus allmächtig, wie schon ahd. alamaht (um 1000) aus al(a)mahtīg. Alltag m. ‘gewöhnlicher Wochentag, Nichtfeiertag’, heute auch ‘tägliches Einerlei’. Ausgehend von mhd. altac Adv., später all(e)tag, mnd. al(le)dāgelīk Adj. ‘täglich, gewöhnlich’ entstehen zunächst Komposita wie mnd. al(le)dāgesklēt, al(le)dāgesrok, nhd. Alltagskleid, Alltagshose (17. Jh.), aus denen das Substantiv Alltag ‘gewöhnlicher Wochentag’ rückgebildet wird (um 1900); alltäglich Adj. ‘alle Tage, Tag für Tag’ (16. Jh.) heute auch ‘gewöhnlich, durchschnittlich’ zum Adverb altac, all(e)tag (s. oben); vgl. mhd. allertegelich, mnd. al(le)dāgelīk.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Alltag · Alltagstrott · Gewohnheit · Regelmäßigkeit · Trott · täglicher Trott  ●  Joch negativ · Routine franz. · Mühle ugs., negativ
Assoziationen

Alltag · Tagesgeschäft  ●  Routine franz. · täglich(es) Brot ugs.
Assoziationen

Assoziationen
  • laufen wie immer (es) · seinen (/ ihren) gewöhnlichen Gang gehen (die Dinge, das Leben ...) · seinen täglichen Gang gehen (alles)  ●  normal laufen (Geschäft/e, Veranstaltungen, vieles, nichts ...) ugs., variabel
  • Alltag · Alltagstrott · Gewohnheit · Regelmäßigkeit · Trott · täglicher Trott  ●  Joch negativ · Routine franz. · Mühle ugs., negativ

Typische Verbindungen zu ›Alltag‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Alltag‹.

Zitationshilfe
„Alltag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Alltag>.

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