Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Appell, der

Grammatik Substantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Appells · Nominativ Plural: Appelle
Aussprache  [aˈpɛl]
Worttrennung Ap-pell
Wortbildung  mit ›Appell‹ als Erstglied: Appellplatz  ·  mit ›Appell‹ als Letztglied: Abendappell · Anwesenheitsappell · Fahnenappell · Friedensappell · Gewehrappell · Löhnungsappell · Maßhalteappell · Morgenappell · Schlussappell · Schrankappell · Schwanzappell · Waffenappell · Zählappell
Herkunft aus gleichbedeutend appelfrz < appelerfrz ‘rufen, auffordern’
eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
Aufruf (an die Öffentlichkeit)WDG
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein flammender, eindringlicher, beschwörender, leidenschaftlicher, dringlicher, dramatischer Appell
mit Genitivattribut: ein Appell des Weltfriedensrats, Roten Kreuzes, UN-Generalsekretärs, der Teilnehmerstaaten [der Konferenz]
hat Präpositionalgruppe/-objekt: ein Appell an die Vernunft, Verantwortung, Solidarität, das Gewissen, Volk, die Bürger, Bevölkerung, Regierung
als Akkusativobjekt: einen Appell formulieren, lancieren, unterzeichnen, unterschreiben, ignorieren, erneuern, wiederholen, [an jmdn.] richten
als Aktivsubjekt: der Appell richtet sich an jmdn., fruchtet, nützt, verhallt, verpufft
als Genitivattribut: die Unterzeichner, Initiatoren, Erstunterzeichner, der Wortlaut, Entwurf des Appells
in Koordination: Appelle und Aufrufe, Warnungen, Bitten, Resolutionen, Versprechungen, Mahnungen, Proteste
in Präpositionalgruppe/-objekt: sich mit, in einem Appell [an jmdn.] wenden; in einem Appell aufrufen, fordern; es bei Appellen belassen (= nicht über Appelle hinaus tätig werden)
in vergleichender Wort-/Nominalgruppe: wie ein Appell klingen
Beispiele:
einen flammenden, dringenden Appell an die Allgemeinheit, an eine Versammlung, an jmdn. richtenWDG
der Appell verhallte ungehörtWDG
»Tragischerweise sterben immer noch viel zu viele auf dem Meer bei der Suche nach Schutz«, heißt es in einem Appell des UN‑Flüchtlingshilfswerks an die EU. [Allgemeine Zeitung, 17.12.2022]
Insofern kann unser Appell nur sein: Putin, beenden Sie diesen Krieg! [Süddeutsche Zeitung, 17.12.2022]
Die Appelle zum Energiesparen scheinen übrigens zu fruchten, denn der Strom‑ und Gasverbrauch ist im Vergleich zu den Vorjahren gesunken. [Aachener Zeitung, 17.12.2022]
In einem Appell fordern bedeutende Persönlichkeiten den Beitritt der Schweiz zum Atomwaffenverbotsvertrag. [Neue Zürcher Zeitung, 14.12.2022]
[Hillary] Clinton versuchte, mit gezielten Appellen an Wählerinnen aus der Defensive zu kommen. [Der Standard, 02.11.2016]
Alle Vermittlungsbemühungen sind gescheitert, alle Appelle an die Vernunft verhallt, die Situation nun bis zum Bersten gespannt. [Frankfurter Rundschau, 14.01.2011]
[…] wie Tolstoi sieht auch Ruskin das Heil in einer Änderung der Moral, des sittlichen Charakters unserer Zeitgenossen und endet mit einem Appell an das Individuum. [Berliner Tageblatt, 17.02.1902]
2.
besonders Militär Versammlung von (untergebenen) Personen (besonders um diese zu zählen und ihnen Informationen zu geben oder Befehle zu erteilen)
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: zum Appell antreten
Beispiele:
einen Appell abhaltenWDG
Bei dem Appell treten rund 800 Soldatinnen und Soldaten vor Schloss Hubertusburg an. [Leipziger Volkszeitung, 20.09.2022]
Die Soldaten wurden am Schloss in Donaueschingen mit einem feierlichen Appell verabschiedet. [Südkurier, 09.09.2022]
Der Zeuge erinnerte sich an Appelle, zu denen die Gefangenen dreimal am Tag in langen Reihen antreten mussten. [Hamburger Abendblatt, 07.09.2022]
Die […] derzeit rund 2.000 Migranten und Asylbewerber müssen im Lager die Nacht verbringen sowie sich in der Früh und am Abend zu Appellen melden. [Der Standard, 07.07.2015]
Am 31. Mai d. J., dem 25. Jahrestage des Unterganges »S. M. S. Großer Kurfürst«, beabsichtigt der Marineverein Berlin einen Appell sämmtlicher [sic!] geretteter Kameraden des genannten Schiffes, sowie der übrigen Geschwaderschiffe in Berlin abzuhalten. [Vossische Zeitung (Abend-Ausgabe), 04.03.1903]
3.
Sprachwissenschaft, Kommunikationsforschung das verbale (2) Ausdrücken eines Wunsches oder einer Aufforderung an einen Gesprächspartner
Beispiele:
Sprecher – TEXT – Hörer. Das besagt, dass der Sprecher sich durch den Text an einen Hörer wendet und bei ihm etwas erreichen will; das ist sozusagen die pragmatische Achse oder in der Sprache Bühlers die Achse des Appells. [Parabeln als Formen bildhaften Denkens, 14.02.2011, aufgerufen am 01.09.2020]
Schulz von Thun hat das Modell Bühlers ein wenig erweitert und neben Selbstdarstellung und Appell auch noch eine Einschätzung der Beziehung zwischen Sprecher und Hörer als vierte Größe eingeführt; man kann jedoch darüber streiten, ob dieser vierte Aspekt nicht etwas gewaltsam nach etwas sucht, was bereits in Selbstdarstellung und Appell geäußert worden ist. [Kommunikationsmodelle, 21.08.2016, aufgerufen am 01.09.2020]
Das aber bedeutet laut Bühlers Organonmodell nichts weiter, als dass neben dem Appell (Hol mir mal ’ne Flasche Bier) und der Darstellung (Die Erde ist rund) auch der Ausdruck (Gefühle, Meinungen) zu seinem Recht kommen muss. [Die Zeit, 26.10.2000]
Bühler meint wohl, es sei Sprache mehr als die rationale Darstellung von Sachverhalten, sie sei überdies ein Ausdruck des Empfindens dessen, der sie hervorbringt und ein Appell an die Empfindungen derer, an die sie gerichtet ist. [Thüringer Allgemeine, 02.09.2000]
4.
Jägersprache Folgsamkeit des Jagdhundes auf AnrufWDG
Beispiele:
der Hund hat keinen Appell (= gehorcht nicht)WDG
Bei den Gehorsamsfächern bewiesen die zukünftigen Jagdhunde ihre Fähigkeiten beim Appell, dem Verhalten am Stand und bei der Leinenführigkeit. [Fränkischer Tag, 21.10.2020]
Appell ist die Bezeichnung dafür, wenn ein Jagdhund gehorcht. [Begriffe aus der Führung der Jagdgebrauchshunde, 26.06.2017, aufgerufen am 31.08.2020]

letzte Änderung:

Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

appellieren · Appellation · Appell
appellieren Vb. ‘auf-, anrufen, sich an jmdn. wenden’, mhd. appellieren ‘bei einer höheren Instanz Berufung einlegen’ (12. Jh.) als juristischer Terminus geht auf lat. appellāre ‘(um Hilfe) ansprechen, auffordern’ zurück, das (wie lat. appellere ‘herantreiben’, jedoch mit Konjugationswechsel) mit lat. ad- ‘zu, an, hin(zu), heran, herbei’ zu lat. pellere ‘stoßen, berühren, einen Eindruck hervorrufen, treiben’ gebildet ist. Im 18. Jh. setzt der metaphorische Gebrauch ‘eindringlich ermahnen, aufrufen’ ein. Dazu das ebenfalls der Rechtssprache angehörende Verbalsubstantiv Appellation f. ‘Berufung’, mhd. appellacion (13. Jh.), appelaz (14. Jh. bis Anfang 16. Jh.), aus gleichbed. lat. appellātio (Genitiv appellātiōnis). – Appell m. ‘Aufruf, Aufforderung’, übernommen (18. Jh.) von gleichbed. frz. appel, das von dem aus lat. appellāre (s. oben) entlehnten Verb frz. appeler ‘rufen, auffordern’ abgeleitet ist; im 18. Jh. zunächst im militärischen Bereich ‘Ruf, Signal zum Sammeln’ (daher auch ‘das Antreten zur Überprüfung, Befehlsausgabe’, 19. Jh.), im Rechtswesen ‘Berufung’ sowie in der Jägersprache ‘Gehorsam des Hundes auf Zuruf’. Die Übertragung ‘eindringlich mahnender Aufruf’ ist seit dem Ende des 18. Jhs. nachweisbar, aber erst im 19. Jh. allgemein verbreitet.

Thesaurus

Synonymgruppe
Appell (an) · Aufforderung · Aufruf (zu) · Bittruf · Mahnung (zu)
Oberbegriffe
Unterbegriffe
  • Aufruf zum Durchhalten · Aufruf zur Aufrechterhaltung der Kampfmoral · Aufruf, durchzuhalten · Durchhalteparole
Assoziationen
Synonymgruppe
Appell · Forderung · Postulat
Synonymgruppe
(morgendliches / abendliches) Antreten · ...appell · Appell · Zählappell
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Appell‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Appell‹.

Zitationshilfe
„Appell“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Appell>.

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