Bürger
m.
‘Bewohner einer Stadt, Angehöriger eines Staates’,
ahd.
burgāri,
burgeri
(9. Jh.),
mhd.
burgære,
burger
‘Bewohner einer Burg, einer Stadt’.
Mnl.
borgher,
burgher,
nl.
burger
und vielleicht auch
mnd.
börger(e)
sind Entlehnungen aus dem
Hd.
Gleichbed.
aengl.
burgwaran,
-ware,
-waras
(Plur.)
legt nahe,
daß es sich auch bei der
dt. Bildung
ursprünglich um ein Kompositum handelt.
Aengl.
-waran,
-ware,
-waras
(auch in
ceasterwaran,
-ware,
einem Synonym von
burgwaran),
anord.
-veri,
Plur.
-verjar
(in
skipverjar
‘Schiffsleute, Schiffsbesatzung’)
gehören als Nomina agentis zu der unter
wehren
(s. d.)
dargestellten Wortgruppe.
Die Kompositionsglieder erscheinen auch in Eigennamen,
vgl.
aengl.
Rōmware,
-waran,
anord.
Rōmverjar
‘Römer’
und die in latinisierter Form
bei antiken Schriftstellern überlieferten
germ. Volksnamen wie
Ampsivāriī
(eigentlich
‘Emsanwohner’),
Baiovāriī
(Plur.).
In
ahd. Zusammensetzungen
fällt ein
w
im Anlaut des zweiten Teils oft aus,
dadurch ist Übergang zu den häufigen Suffixbildungen auf
ahd.
-āri,
-eri
(
nhd.
-er)
möglich.
Die Ausgangsbedeutung von
Bürger
wäre danach
‘Burgverteidiger’,
daraus entwickelt sich
‘Bewohner einer Burg, einer Stadt, eines Staates’.
Im Zusammenhang mit der Herausbildung der deutschen Städteverfassungen
im 11./12. Jh. bezeichnet
Bürger
das freie, vollberechtigte Mitglied einer Stadtgemeinde.
Mit der Entwicklung des Bürgertums
als einer durch Besitz ausgezeichneten Gesellschaftsschicht wird
Bürger
(im Sinne von
lat.
cīvis)
zum
Staatsbürger
(s. d.).
Sofern
Bürger
(oder
Großbürger,
s. unten)
ausdrücklich Bezeichnung des
‘Besitzbürgers’,
zumal des Besitzers an Produktionsmitteln ist,
wird es seit dem 19. Jh. vielfach durch
Bourgeois
(s. d.)
verdrängt.
bürgerlich
Adj.
‘den Staatsbürger betreffend, dem Bürgertum zugehörig, verpflichtet, seiner Weltanschauung verhaftet’,
spätmhd.
burgerlich,
mnd.
börgerlīk,
Suffixbildung zum Substantiv,
dem es in zahlreichen Verwendungen folgt,
vgl. im rechtssprachlichen Bereich
bürgerliches Recht
für
lat.
iūs cīvīle.
Bürgerschaft
f.
‘Gesamtheit der Bürger’,
mhd.
burgerschaft,
auch
‘Bürgerrecht’,
mnd.
börgerschop,
auch
‘Abgabe für die Erlangung des Bürgerrechts’.
Auf das
Nd. bzw.
Nordd. beschränkt
ist die Verwendung
‘Bürgerausschuß, Stadtparlament’.
Bürgertum
n.
‘Bourgeoisie, Gesamtheit der Bürger, Mittelstand, Mittelschicht’
(Ende 18. Jh.),
s. auch
Bourgeoisie.
Bürgermeister
m.
‘Vorsitzender einer Gemeinde-, Stadtverwaltung’,
mhd.
burgermeister
neben
burgemeister,
Zusammensetzung aus
burger
und
meister.
Burgemeister,
Bürgemeister
(noch mundartlich)
ist wohl dissimilierte Form,
kaum Kompositum mit dem alten Genitiv Sing. von
Burg
(
mhd.
burge)
als Bestimmungswort.
Mit
Bürgermeister
setzt sich im
Nhd. die von
Luther
bevorzugte Form durch.
Großbürger
m.
‘mit besonderen Privilegien, mit bestimmtem Besitz ausgestatteter Stadtbewohner’
(17. Jh.;
in Preußen, d. h. im Ordensgebiet, älter),
dann allgemein
‘Besitzbürger, Bourgeois’;
s. auch
Kleinbürger.