Spieß1
m.
‘Bratspieß’,
ahd.
(9. Jh.),
mhd.
spiʒ
‘Brat-, Holzspieß, Splitter’,
mnd.
spit,
mnl.
spit,
spet,
nl.
spit,
aengl.
spitu,
engl.
spit,
schwed.
spett
führen auf
germ.
*spita-,
verwandt mit den unter
spitz
(s. d.)
genannten Formen.
Neben diesen Bildungen mit Dentalsuffix stehen
(mit anderen Suffixen abgeleitet)
lat.
spīna
‘Dorn, Stachel, Rückgrat’,
lett.
spina
‘Gerte, Rute’,
vielleicht auch
russ.
spiná
(
спина)
‘Rücken’
(s.
Finne1)
und
lit.
speiglỹs
‘Spule (der Vogelfeder), der beim Rupfen in der Haut zurückbleibende Federteil, Stachel’
sowie das unter
Speiche
(s. d.)
behandelte Substantiv.
Auszugehen ist von der Wurzel
ie.
*(s)p(h)ē̌i-,
*(s)p(h)ī̌-
‘spitz, spitzes Holzstück’,
der Bratspieß also als
‘spitzer Holzstab’
zu erklären.
Im
Nhd. fallen
Spieß1
und
Spieß2
(s. d.)
lautlich und auch semantisch
(beide vorgestellt als mit Spitzen versehene Stange)
zusammen.
Bratspieß
m.
(15. Jh.,
daneben anfangs noch
Bratspiß).
Spießrute
f.
‘spitze, lange, biegsame Gerte’
(16. Jh.),
auch
Spißgerte,
Spitzrute
(17. Jh.).
Verdeutlichende Zusammensetzung
(vgl.
ahd.
spiʒ,
auch
‘Zweig, Gerte’).
Die Spießrute wird als Reitgerte
und auch als soldatische Prügelgerte verwendet,
daher
Spießrutenlaufen
n.
Spießrutenlaufen (müssen)
‘zur Strafe mit entblößtem Rücken durch eine von mit Spießruten prügelnden Soldaten gebildete Gasse gehen’
(18. Jh.),
auch
durch die Spießruten jagen
(18. Jh.).
Übertragen
Spießruten laufen
‘von anderen durchgehechelt werden’
(18. Jh.),
dann
‘neugierigen, kritischen oder spöttischen Blicken ausgesetzt sein’
(19. Jh.).