duldsames Wesen, Verhalten; Toleranz
Duldsamkeit, die
Duden, GWDS, 1999
Bedeutung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
dulden · Dulder · duldsam · Duldsamkeit · Geduld · geduldig · gedulden
dulden
Vb.
‘leiden, ertragen’,
besonders
‘zulassen’,
ahd.
thulten
(8. Jh.),
mhd.
dulten,
dulden
ist wie
mnd.
dülden,
mnl.
nl.
dulden,
afries.
thelda
(westgerm.
*þuldjan)
abgeleitet von dem nur im Westgerm. existierenden Verbalabstraktum
ahd.
thult
(9. Jh.),
mhd.
frühnhd.
mnd.
dult,
aengl.
þyld
(gleichbed. mit den präfigierten,
unter
Geduld,
s. unten,
genannten Formen).
Es gehört zu den schwachen Verben
ahd.
tholēn
‘erleiden, ertragen, büßen’
(8. Jh.),
tholōn
‘leiden, geduldig erwarten’
(9. Jh.),
mhd.
doln,
frühnhd.
dolen
(bis ins 16. Jh.),
asächs.
tholon,
mnd.
mnl.
dōlen,
aengl.
þolian,
anord.
þola,
schwed.
tåla,
got.
þulan
(germ.
*þulēn,
*þulōn).
Diese Verben gehen mit
lat.
tollere
‘aufheben, auf sich nehmen, wegschaffen’,
tolerāre
‘ertragen, erdulden’
(s.
tolerieren)
und
griech.
tlḗnai
(τλῆναι)
‘ertragen, erdulden’
auf die Wurzel
ie.
*tel(ə)-
‘aufheben, wägen, tragen, ertragen, dulden’
zurück.
In ahd. Zeit nur im südwestd. Raum belegt,
dehnt sich
dulden,
auch als Wiedergabe des christlichen Leidensbegriffs,
über das gesamte hd. Sprachgebiet aus
und verdrängt das alte
ēn-
bzw.
ōn-Verb
schließlich ganz.
dulden
(mit durch
-l-
zu
-d-
erweichtem
-t-)
meint heute vorwiegend
‘etw. zulassen, gegen etw. nichts unternehmen’,
während es in der Bedeutung
‘Unangenehmes durchstehen’
durch
erdulden
oder
ertragen
ersetzt wird.
Dulder
m.
‘wer Unangenehmes erträgt’,
zuerst von dem sein Leiden klaglos ertragenden Christus
(18. Jh.
Klopstock),
dann (18. Jh.) auch von einem
‘der Widerwärtiges mit Ergebung trägt’.
duldsam
Adj.
‘geduldig, nachsichtig, tolerant’
(17. Jh.);
dazu
Duldsamkeit
f.
‘Nachsicht, Toleranz’
(17. Jh.).
Geduld
f.
‘Ausdauer, Nachsicht’,
ahd.
githult
(8. Jh.),
mhd.
gedult,
gedulde,
asächs.
githuld,
mnd.
gedult,
mnl.
ghedout,
selten
ghedult,
nl.
geduld,
aengl.
geþyld,
präfigierte Form des unter
dulden
(s. oben)
behandelten Verbalabstraktums
ahd.
thult
und seiner Entsprechungen.
Davon abgeleitet
geduldig
Adj.
‘ausdauernd, nachsichtig, ruhig’,
ahd.
githultīg
(8. Jh.),
mhd.
gedultec.
gedulden
Vb.
‘ruhig abwarten’,
durch Präfix verstärktes
dulden,
mhd.
gedulden,
vgl.
mnd.
gedülden,
aengl.
geþyldian;
heute wird das Verb als Ableitung von
Geduld
empfunden
und nur reflexiv verwendet.
Thesaurus
Synonymgruppe
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Synonymgruppe
Duldsamkeit
·
Leidensfähigkeit
Typische Verbindungen zu ›Duldsamkeit‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Duldsamkeit‹.
Verwendungsbeispiele für ›Duldsamkeit‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Den breitenwirksamen Bruch mit der neutestamentarischen Duldsamkeit markierte aber erst die Französische Revolution.
[Die Zeit, 31.10.2011, Nr. 44]
Wer dieses Buch liest, wird viel hermeneutische Duldsamkeit mitbringen müssen.
[Die Zeit, 10.08.2009, Nr. 32]
Denn wie sonst soll man sich seine geradezu ungeheuerliche Duldsamkeit erklären?
[Die Zeit, 10.10.1980, Nr. 42]
Zusammenarbeit ist für die Dauer nur auf der Basis gegenseitiger Duldsamkeit möglich.
[Die Zeit, 04.07.1980, Nr. 28]
Wenn er jetzt bliebe, würde alles nur noch schlimmer werden, der Groll des Vaters, die traurige Duldsamkeit der Mutter.
[Neutsch, Erik: Spur der Steine, Halle: Mitteldeutscher Verl. 1964 [1964], S. 242]
Zitationshilfe
„Duldsamkeit“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Duldsamkeit>.
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