Erbe1
n.
‘Hinterlassenschaft eines Verstorbenen’.
Die neutrale
ja-Bildung
(
germ.
*arbja-)
ahd.
erbi
(9. Jh.),
mhd.
erbe
‘Hinterlassenschaft, Vererbung, Erbschaft’,
asächs.
erƀi,
mnd.
erve,
arve,
mnl.
erve,
nl.
erf,
afries.
erve,
aengl.
ierfe,
anord.
erfi
‘Leichenfeier’,
got.
arbi
ist wie das die gleiche Stammbildung
(
ie.
-i̯o-)
und Semantik aufweisende
air.
orb(b)e,
orpe
‘das Erbe’,
auch
‘der Erbe’,
verwandt mit
aind.
árbhaḥ
‘klein, jung, schwach, Kind’,
armen.
orb
‘Waise’,
griech.
orphanós
(
ὀρφανός)
‘verwaist’,
lat.
orbus
‘einer Sache beraubt, verwaist’,
aslaw.
rabъ
‘Knecht, Diener, Sklave’,
aruss.
robъ
‘Diener, Sklave’,
robja
‘Kind’,
russ.
(mit Vokalassimilation)
rebënok
(
ребёнок)
‘kleines Kind’
und führt mit diesen auf
ie.
*orbh-
‘verwaist, Waise’
bzw.
(für die schutzlose, sich verdingende Waise)
‘Knecht’
(dazu wohl auch
Arbeit
und
arm,
s. d.).
Ausgangsbedeutung ist für das
Germ. und
Kelt.
‘das einer Waise Gehörige’,
also
‘einer Waise rechtlich zufallendes Besitztum’.
–
Daneben als maskuliner
(j)an-Stamm
Erbe2
m.
‘wer berechtigt ist, ein Erbe anzunehmen’,
ahd.
erbo
(8. Jh.),
mhd.
erbe,
mnd.
mnl.
erve,
aengl.
ierfa,
anord.
arfi,
got.
arbja.
erben
Vb.
‘Erbe sein, eine Hinterlassenschaft erhalten’,
ahd.
(8. Jh.),
mhd.
erben,
mnd.
mnl.
nl.
erven,
aengl.
ierfian,
anord.
erfa
(
germ.
*arbjan).
beerben
Vb.
‘jmds. Hinterlassenschaft erhalten’,
mhd.
beerben.
vererben
Vb.
‘als Erbschaft übertragen, hinterlassen’,
mhd.
vererben.
Erbfeind
m.
‘über Generationen hinweg verhaßter Gegner’,
mhd.
erbevīnt
‘Teufel’,
dann übertragen auf die
als Nachfahren des Teufels angesehenen heidnischen Türken
(15. Jh.),
später auf die Franzosen
(16. Jh.);
wohl in Anlehnung an
Erbsünde
(s. unten)
gebildet.
Erblasser
m.
‘wer ein Erbe hinterläßt’
(15. Jh.);
vgl.
mhd.
daʒ erbe lān
‘hinterlassen’.
erblich
Adj.
‘sich vererbend, durch Erbfolge bestimmt, durch Vererbung übertragbar’
(15. Jh.),
ahd.
arblīh
‘erblich, vererbt’
(10. Jh.),
mhd.
erbelīchen
Adv.
Erbschaft
f.
‘hinterlassenes Gut’,
mhd.
erbschaft,
auch
‘Erbfolge, Teilnahme am Erbe, Erbanspruch’.
Erbschleicher
m.
‘wer auf unmoralische Weise oder widerrechtlich in den Besitz eines Erbes zu gelangen sucht’
(Ende 17. Jh.),
Übersetzung von gleichbed.
lat.
hērēdipeta
(zu
lat.
hērēdium
‘Erbgut’
und
petere
‘zu erreichen suchen, streben, bitten, sich bewerben’).
Erbsünde
f.
nach christlichem Glauben
die dem Menschen durch den biblischen Sündenfall angeborene Sündhaftigkeit,
mhd.
erbesünde.
Zum Komplex
vgl.
Grønvik
The Words for ‘heir’, ‘inheritance’ and ‘funeral feast’ in Early Germanic
(1982).