Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Gegensatz, der

Grammatik Substantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Gegensatzes · Nominativ Plural: Gegensätze
Aussprache  [ˈgeːgn̩ˌzaʦ]
Worttrennung Ge-gen-satz
Wortzerlegung gegen Satz
Wortbildung  mit ›Gegensatz‹ als Erstglied: Gegensatzpaar · Gegensatzwort · gegensätzlich
 ·  mit ›Gegensatz‹ als Letztglied: Interessengegensatz · Interessensgegensatz · Klassengegensatz · Parteigegensätze
Wahrig und ZDL

Bedeutungen

1.
das Verhältnis äußerster Verschiedenheit (von Personen, Sachen, Begriffen)
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein scharfer, großer, schroffer, deutlicher, unüberbrückbarer, fundamentaler Gegensatz; soziale, politische, ideologische Gegensätze
in Präpositionalgruppe/-objekt: im, in Gegensatz zu
als Genitivattribut: die Überwindung eines Gegensatzes
Beispiele:
[…] Lust und Leistung gehen im herkömmlichen Pädagogenskript nicht zusammen. Fundamental scheint [in der Pädagogik für Drei- bis Zehnjährige] immer noch der Gegensatz zwischen Spielen und Lernen. [Die Zeit, 31.01.2008]
Im Gegensatz zu Russland können westliche Politiker unliebsame Seiten oder Postings nicht einfach blockieren. [Neue Zürcher Zeitung, 18.01.2018]
[…] auch mit einem Friedensvertrag bleibt Kolumbien ein durch tiefe soziale und wirtschaftliche Gegensätze gespaltenes Land. [Die Zeit, 20.08.2013]
Dubai ist die widersprüchlichste Stadt der Welt, ein Bilderbogen verrückter Gegensätze und dabei ein Ort, der nach allen Gesetzen des Islam streng verboten sein müsste[…]. [Der Spiegel, 11.09.2006]
Schon in Christoph Martin Wielands »Agathon«[…] konnte der junge Schiller lesen, daß es um eine Überwindung der Gegensätze von Idee und Sinnlichkeit gehe. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.2005]
2.
das einer Person, Sache, einem Begriff o. Ä. Entgegengesetzte, grundlegender Unterschied
Synonym zu Gegenteil
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: einen Gegensatz bilden, überwinden, sehen, aufheben, darstellen
als Prädikativ: etw. als Gegensatz verstehen, begreifen, empfinden, betrachten, auffassen, definieren, ansehen
Beispiele:
Im Libanon kommen alle Gegensätze der Welt wie in einer Versuchsanordnung zusammen, Reich und Arm, Ost und West, Islam und Christentum. [Die Zeit, 20.08.2009]
Gegensätze ziehen sich an und sind immer für eine Komödie gut – insbesondere wenn sie in Gestalt einer unterkühlten, humorlosen Galeristin und eines unglaublichen Prolls daherkommen. [Die Zeit, 16.01.2012 (online)]
Man mußte […] kein Protestant sein, um Pflicht und Neigung als Gegensätze zu empfinden. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2001]
Auch Poussins Schwanengesang (= letztes Werk), das unvollendet gebliebene Bild »Apollo und Daphne« umkreist den Gegensatz von Leben und Tod, sein Zentralthema. [Süddeutsche Zeitung, 08.10.1994]
Es sei stets wesentlich leichter, Gegensätze als Gemeinsamkeiten zu formulieren. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1954]]
3.
grundlegender Widerspruch
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein innerer, krasser, schroffer, diametraler, unüberbrückbarer Gegensatz
als Akkusativobjekt: einen Gegensatz (zu, zwischen etw). sehen
in Präpositionalgruppe/-objekt: im, in Gegensatz zu
Beispiele:
Die Grünen, mit denen [der österreichische Bundeskanzler] Kurz in einer Koalition regiert, sehen im Klimaschutz und der Bekämpfung der wirtschaftlichen Corona‑Folgen keinen Gegensatz. [Welt am Sonntag, 27.09.2020]
Es herrscht wenig Spannung im Saal, was im krassen Gegensatz zu Schulz’ These steht, an diesem 7. Dezember finde ein »historischer Parteitag« statt. [Die Welt, 08.12.2017]
Akribisch arbeiten die Kuratoren […] den geistigen Nährboden und die Widersprüchlichkeit von Dada auf. Allein die zwei legendären Dada‑Geburtsstätten – das anrüchige Cabaret Voltaire und die bürgerliche »Galerie Dada« im Haus des Schokoladen‑Millionärs Sprüngli – demonstrieren die inneren Gegensätze. [Die Zeit, 12.02.2016 (online)]
4.
Unstimmigkeit, grundlegende Meinungsverschiedenheit, Differenz
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein unüberbrückbarer Gegensatz; unversöhnliche, tiefe, fundamentale, unvereinbare Gegensätze
als Akkusativobjekt: Gegensätze überwinden, verschärfen, ausgleichen, zeigen, betonen, auflösen
Beispiele:
[Die englische Premierministerin] May versucht, den parteiinternen Gegensatz zu überbrücken, indem sie ein Bekenntnis zur Globalisierung mit sozialer Rücksichtnahme verbindet. [Neue Zürcher Zeitung, 30.03.2017]
Der Eiertanz, den die Parteispitze [der Grünen] seit Wochen um das Afghanistan‑Mandat der Bundeswehr aufführt, ist ein groteskes Schauspiel. Nicht, weil die Führung sich in der Sache streitet, sondern weil sie krampfhaft versucht, Gegensätze zu vereinen, die nicht vereinbar sind. [Süddeutsche Zeitung, 12.09.2007]
Die beiden Versuche, den Konflikt [in Nepal] zu lösen, waren […] am unüberbrückbaren Gegensatz zwischen den Maoisten und dem Monarchen gescheitert. [Süddeutsche Zeitung, 09.11.2006]
Der Gegensatz zwischen [den Politikern] Merz und Merkel könnte […] neu aufbrechen. [Die Welt, 08.02.2005]
Die Gegensätze der Auffassungen zwischen Traditionsgemeinschaft und Kirche, die vor allem politische Gegensätze sind, gelten inzwischen als unüberbrückbar. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2003]
5.
Musik erster Kontrapunkt (1) zum Fugenthema
Beispiel:
Kontrasubjekt, auch Gegensatz, ein Kontrapunkt zum Thema einer Fuge, der für den Verlauf des Stückes beibehalten wird. [Brockhaus-Riemann-Musiklexikon. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1989], S. 5606]

letzte Änderung:

Dieses Wort ist Teil des Wortschatzes für das Goethe-Zertifikat B1.
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

gegen · gen · entgegen · entgegnen · Entgegnung · Gegenfüßler · Gegengift · Gegensatz · gegenseitig · Gegenstand · gegenständlich · Gegenstück · Gegenwart · gegenwärtig · vergegenwärtigen · gegenüber · Gegenüber
gegen Präp. ‘wider (zur Abwehr von, zum Schutz vor), in Richtung auf, in Beziehung auf, fast, annähernd, im Austausch für’, ahd. gagan, gegin Präp. Adv. (9. Jh.), gagani, gegini Adv. (9. Jh.), mhd. gegen Präp., gegen(e), gagen(e) Adv., kontrahiert gein, gēn (daraus als Richtungsangabe nhd. gen Präp. asächs. gegin-, mnd. jēgen, mnl. jeghen(s), nl. jegens, aengl. gegn, gēn Adv., anord. gegn Präp. Adv. (germ. *gagna-, *gegni-) ist, da außergerm. Vergleichsmöglichkeiten fehlen, etymologisch ungeklärt. gegen gibt ursprünglich die Richtung an ‘auf etw. zu, auf etw. hin’ (räumlich gegen den Baum laufen, zeitlich gegen Abend), dann auch das Verhältnis zu Menschen oder Sachverhalten (gütig gegen alte Leute, empfindlich gegen Kälte). Daraus entwickelt sich eine Bedeutung ‘wider’ im Sinne eines absichtlichen Entgegenwirkens, einer Feindseligkeit (gegen jmdn. kämpfen, gegen jeden Versöhnungsversuch sein). Häufig in nominalen Zusammensetzungen, z. B. für die entsprechende Erwiderung eines Vorgangs (Gegendruck, -gruß, -wirkung), einer feindlichen Absicht (Gegenwehr, -stoß), für Personen und Sachverhalte, die einander völlig (Gegenbild, -stück), rivalisierend (Gegenkönig, -spieler, -partei) oder in umgekehrtem Sinne, also gegenläufig (Gegenrichtung, -strömung, -rhythmus) entsprechen. – entgegen Adv. ‘in Richtung auf’, Präp. ‘im Gegensatz zu’, ahd. ingagan, ingegin Präp. ‘gegen, entgegen’ (8. Jh.), ingagani, ingegini Adv. (um 800), mhd. engegen Präp., engegen(e), engagen(e) Adv., asächs. angegin, aengl. (westsächs.) ongēan, ongēn, (angl.) angægn, ongegn, engl. again; im Nhd. an das Präfix ent- (s. d.) angelehnt; dazu entgegnen Vb. ‘erwidern, antworten’ (16. Jh.); vgl. dagegen ahd. ingaganen, ingeginen ‘entgegenkommen, empfangen, zurückkehren’ (9. Jh.), mhd. engegenen ‘begegnen’; Entgegnung f. ‘Erwiderung’ (19. Jh.). Gegenfüßler m. ‘auf dem entgegengesetzten Punkt der Erdkugel lebender Mensch’, übertragen ‘Widersacher’, Übersetzung (17. Jh.) von Antipode (s. d.); älter gegenfüßig (16. Jh.). Gegengift n. ‘einem anderen Gift entgegenwirkendes Gift’, Übersetzung (17. Jh.) von mfrz. frz. contrepoison oder unmittelbar von diesem zugrundeliegenden griech.-lat. antidotum (s. Antidot). Gegensatz m. ‘das Entgegengesetzte, Widerspruch, Kontrast, Feindschaft’, zuerst (15. Jh.) in der Rechtssprache ‘Gegenbehauptung, -argumentation’. gegenseitig Adj. ‘wechselseitig, beiderseitig’ (18. Jh.), anfangs ‘auf der entgegengesetzten Seite befindlich, der Gegenpartei angehörend’. Gegenstand m. ‘Ding, Thema, Angelegenheit’, zuerst ‘Widerstand’ (16. Jh.), ‘Gegensatz’, auch ‘das Entgegenstehende’ (17. Jh.), dann (Ende 17. Jh.) Übersetzung von Objekt bzw. lat. obiectum in philosophischer Sprache, davon ausgehend die heutige allgemeine Verwendung; gegenständlich Adj. um 1800 für objektiv, heute im Sinne von ‘dinglich, konkret’ als Gegensatz zu begrifflich. Gegenstück n. ‘etw. Entsprechendes, Passendes’, auch ‘Gegenteil’, Übersetzungswort (18. Jh.) von Pendant (s. d.). Gegenwart f. ‘Jetztzeit, Anwesenheit, Dasein’, ahd. gaganwart, geginwart (9. Jh.), mhd. gegenwart; vgl. auch ahd. gaganwerta (8. Jh.), gaganwertī, geginwertī (8. Jh.), gaganwurti (10. Jh.), mhd. gegenwurt, -würte ‘Gegenwart, Anblick, Angesicht’; zum zweiten Kompositionsglied s. -wärts. Seit dem 19. Jh. grammatischer Terminus für Präsens (s. d.), wofür älter gegenwürtig(e) Zeit (um 1400), die gegenwärtige Zeit oder die Gegenwart (Campe 1801); gegenwärtig Adj. ‘in der Gegenwart lebend, augenblicklich, jetzig’, ahd. gaganwertīg, geginwertīg (9. Jh.), mhd. gegenwertec, -würtec; vergegenwärtigen Vb. ‘(sich) deutlich in der Gegenwart vorstellen’ (17. Jh.), zu gegenwärtigen (15. Jh.). gegenüber Adv. Präp. ‘auf der anderen Seite, im Hinblick auf, gegen, zu’, aus gegen und über (s. d.) zusammengewachsen (16. Jh.), anfangs daher getrennt geschrieben mit dem abhängigen (von der Präp. gegen regierten) Kasus zwischen beiden Bestandteilen (noch im 18. Jh. gegen ihm über); substantiviert Gegenüber n. ‘das oder der auf der anderen Seite Befindliche’ (um 1800), nach frz. le vis-à-vis.

Thesaurus

Synonymgruppe
Antithese (zu) · Gegensatz · Gegenstimme · Gegenthese · Unterschied (zu) · genaues Gegenteil  ●  Kontrapunkt  fachspr.
Synonymgruppe
Gegensatz · Kontrast · Unterschied
Synonymgruppe
Gegensatz · Widerstand · Widerstreit  ●  Antagonismus  geh., griechisch
Synonymgruppe
Gegensatz · Kontroverse · Streitfrage  ●  Spannungsfeld  verhüllend, floskelhaft
Assoziationen
  • kompliziert · nicht einfach zu beantworten (sein) · schwer  ●  schwierig Hauptform · (es gibt) keine einfache(n) Antwort(en) ugs. · (es gibt) keine einfache(n) Lösung(en) ugs. · diffizil geh., franz., lat. · es in sich haben ugs. · nicht (so) einfach ugs.
Linguistik/Sprache
Synonymgruppe
Antonym · Gegenbegriff · Gegensatz · Gegensatzwort · Gegenteil · Gegenwort · Komplement · Umkehrung  ●  Gegentum  ugs., scherzhaft · Oppositionswort  geh.
Oberbegriffe
Assoziationen
Synonymgruppe
(das) Gegeneinander · Gegensatz · Gegensätzlichkeit · Widerstreit
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Gegensatz‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Gegensatz‹.

Zitationshilfe
„Gegensatz“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gegensatz>.

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