gemein
Adj.
‘gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein, gewöhnlich, niedrig gesinnt, niederträchtig, unfein, unanständig’.
Das
germ. Adjektiv
ahd.
gimeini
‘zuteil geworden, bestimmt, gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein, übereinstimmend, zugleich’
(8. Jh.),
mhd.
gemein(e)
‘zusammengehörig, gemeinschaftlich, allgemein, vertraut, bekannt, für alle eingerichtet, gewöhnlich, zur Masse gehörig, niedrig’,
asächs.
gimēni,
mnd.
gemēne,
mnl.
ghemēne,
ghemeen,
ghemein(e),
nl.
gemeen,
auch
‘niedrig, niederträchtig’,
afries.
(ge)mēne
‘gemeinschaftlich’,
aengl.
gemǣne
‘allgemein, gemeinsam, gewöhnlich, niedrig’,
engl.
mean
‘gemein, gering, niedrig, schlecht’,
got.
gamains
‘gemeinsam, unheilig’
(
germ.
*ga-maini-)
gehört wie
lat.
commūnis
‘gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein, gewöhnlich’
(s.
↗
Kommune,
↗
Kommunismus)
als Präfixbildung zu den unter
↗
Meineid
(s. d.)
aufgeführten Substantiven mit
n-Suffix
und einer Grundbedeutung
‘Wechsel, Tausch’.
gemein
bedeutet danach ursprünglich
‘mehreren abwechselnd zukommend’,
dann
‘mehreren in gleicher Art gehörig’,
woraus sich
‘gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein’
entwickelt.
Was mehreren oder vielen
‘gemeinsam’
ist,
kann nicht
‘wertvoll’
oder
‘edel’
sein;
gemein
wird daher vom 15. Jh. an
‘einfach, gewöhnlich’
(
der gemeine Mann,
das gemeine Volk,
der gemeine Soldat),
im 19. Jh. auch verächtlich
‘niederträchtig, unanständig’
(
gemeiner Schuft,
Kerl).
Gemeine
f.
‘Gemeinschaft, Gemeinde’,
ahd.
gimeinī
(9. Jh.),
mhd.
gemeine,
mnd.
gemeine,
gemēne,
got.
gamainei
‘Gemeinschaft’,
abgeleitet von dem oben dargestellten Adjektiv.
Im 19. Jh. weitgehend von
Gemeinde
abgelöst.
Gemeinde
f.
‘untere staatliche oder kirchliche Verwaltungseinheit und deren Bewohner bzw. Mitglieder, durch gleiche geistige oder religiöse Interessen verbundene Gemeinschaft, Gruppe von Menschen’,
ahd.
gimeinida
‘Gemeinde, Gemeinschaft’
(8. Jh.),
mhd.
gemeinde
‘Anteil, Gemeinschaft, gemeinschaftlicher Besitz, Menschen, mit denen man gemeinsam lebt, versammelte Menge’,
asächs.
gimēniða,
mnd.
gemēnde,
mnl.
ghemeente,
ghemeinte,
nl.
gemeente,
Ableitung mit dem Abstraktsuffix
germ.
-iþō,
-iðō
vom oben genannten Adjektiv.
Gemeinheit
f.
‘Niedertracht, Schlechtigkeit’
(Anfang 19. Jh.),
mhd.
gemeinheit
‘Gemeinschaft, der Gemeinde gehörender Grund und Boden’
(14. Jh.),
im Sinne von
‘Gemeindegrund’
noch im 19. Jh.,
von
‘Gemeinschaft’
noch Anfang 20. Jh.
Zum Ableitungssuffix s.
↗
-heit.
gemeinsam
Adj.
‘mehreren zugleich gehörend, für mehrere in gleicher Weise geltend, gemeinschaftlich, zusammen, miteinander’,
ahd.
gimeinsam
(9. Jh.),
mhd.
gemeinsam;
zum Ableitungssuffix s.
↗
-sam.
Gemeinsamkeit
f.
‘zusammengehörende Gruppe, Gemeinschaft, Zusammengehörigkeit’
(15. Jh.).
Voraus gehen
ahd.
gimeinsamī
‘Gemeinschaft’
(um 800),
mhd.
gemeinsame,
gemeinsamede.
Gemeinschaft
f.
‘sich durch etw. Gemeinsames verbunden fühlende Gruppe von Menschen, Zusammensein, Verbindung’,
ahd.
gimeinscaf
(8. Jh.),
mhd.
gemeinschaft.
gemeinschaftlich
Adj.
‘eine Gemeinschaft betreffend, zu einer Gemeinschaft gehörig, gemeinsam, zusammen, miteinander’
(17. Jh.).
gemeinnützig
Adj.
‘dem Nutzen aller, der Allgemeinheit dienend’
(16. Jh.),
ausgehend von
mhd.
der gemein nutz
(14. Jh.).
Gemeinplatz
m.
‘allgemein bekannte, nichtssagende Redensart, Binsenweisheit’,
von
Wieland
(1770)
offensichtlich unter Einfluß von
engl.
commonplace
gebildet
und sich gegenüber
Gemeinort,
Gemeinsatz,
Gemeinspruch
durchsetzend als Übersetzung von
lat.
locus commūnis.
Gemeinsprache
f.
‘von einem Volk gemeinsam gesprochene, ihm gemeinsam zukommende Sprache’
(
Campe
1807);
vgl.
gemeine teutsche Sprache
(
Luther).
Gemeinwohl
n.
‘Wohl aller, Nutzen für die Allgemeinheit’
(Ende 18. Jh.),
wohl nach
engl.
commonweal
für den älteren im
Dt. üblichen Ausdruck
das gemeine Gut;
vgl.
Gemeinwert
(
Herder
1780)
für
engl.
commonwealth
(ursprünglich gleichbed. mit
commonweal).