Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Genugtuung, die

Grammatik Substantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Genugtuung · Nominativ Plural: Genugtuungen
Aussprache 
Worttrennung Ge-nug-tu-ung
Wortzerlegung genugtun -ung

Bedeutungsübersicht+

  1. 1. Befriedigung
  2. 2. Wiedergutmachung, Buße
eWDG

Bedeutungen

1.
Befriedigung
Beispiele:
Genugtuung empfinden
mit Genugtuung erfüllt sein
etw. mit Genugtuung sehen, vernehmen, wahrnehmen
etw. bereitet mir Genugtuung
etw. mit Genugtuung verkünden, tun
Er stutzte und fühlte auf einmal eine heißere Genugtuung [ H. MannUnrat1,526]
es war mir eine seltsame Genugtuung, ihre Angst zu sehen [ H. W. RichterSpuren209]
Eine wilde Genugtuung füllte ihn [ Feuchtw.Füchse418]
2.
Wiedergutmachung, Buße
Beispiele:
er erhielt, forderte, verlangte Genugtuung
Man wird sich hüten, Frankreich keine Genugtuung zu geben [ TralowNeuhoff323]
so sähen Sie mich bereit, Ihnen von Mann zu Mann, die Waffe in der Hand, Genugtuung (= Satisfaktion) zu geben für die Unbill [ Th. MannZauberb.2,867]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

genug · Genüge · genügen · genügend · ungenügend · begnügen · genugsam · genügsam · Genügsamkeit · genugtun · Genugtuung
genug ‘ausreichend, in notwendiger Menge, zufriedenstellendem Maße vorhanden’ (in der Funktion eines Substantivs ‘ausreichende Menge’), ironisch untertreibend auch ‘bis an die Grenze des Erträglichen gehend’ (vgl. die bereits für das Ahd. öfter zu belegende Bedeutung ‘reichlich, im Überfluß’). Die einem Indefinitpronomen oder Adverb ähnelnde, im Nhd. (wie in den anderen modernen germ. Sprachen) stets flexionslose Quantitätsangabe geht (als erstarrte endungslose Form des Neutrums) auf ein altes Adjektiv zurück, das in den frühen germ. Sprachstufen (einschließlich des Mhd.) noch in vielfacher (attributiver, prädikativer und adverbieller) Verwendung lebendig ist, ahd. ginuog (8. Jh.), ginuogi (9. Jh.), mhd. genuoc (selten genuoge mit regulärer Adverbendung), asächs. ginōg(i), mnd. genōch, (en)nōch, mnl. ghenoech, nl. genoeg, afries. (e)nōch, aengl. genōg, genōh, engl. enough, anord. gnōgr, nōgr, schwed. nog, got. ganōhs (germ. *ga-nōga-). Die Bildungen gehören zu einem nur in Resten nachweisbaren germ. Präteritopräsens ahd. ginah (um 800), aengl. geneah, got. ganah ‘es genügt’ (hierher vielleicht auch anord. ‘nahen, erreichen’ mit Ablaut). Dieser germ. Verbalstamm und seine außergerm. Entsprechungen wie aind. aśnṓti ‘erlangt, erreicht’, nákṣati ‘erreicht, kommt an, erlangt’, griech. (Aorist) enenké͞in (ἐνεγκεῖν) ‘herbeischaffen, davontragen’, ónkos (ὄγκος) ‘Tracht, Last’, lat. nancīscī ‘erlangen, bekommen’, aslaw. nesti, russ. nestí (нести), lit. nèšti ‘tragen’ führen auf ie. *enk̑-, *nek̑- ‘reichen, erreichen, erlangen, tragen’. Auf md. Gebiet findet sich seit dem 14. Jh. eine nasalierte Nebenform spätmhd. genunk, nhd. genung, die aber im 19. Jh. wieder aus der Literatursprache verschwindet. – Genüge f. n. (nur im Sing.) ‘ausreichendes Maß, Befriedigung’, Abstraktbildung zum Adjektiv genug (s. oben), jetzt vor allem inder adverbiellen Fügung zur Genüge ‘in ausreichendem Maße’, ahd. ginuogi n. (9. Jh.; daneben auch ginuogī f.?, 8. Jh.), mhd. genüege f. ‘Genüge, Fülle’, asächs. ginōgi f., mnd. genȫge, (g)nȫge f.; im Nhd. seit dem 17. Jh. auch wieder als Neutr., wohl unter Einfluß von gleichbed. Genügen n. (mhd. genüegen n.), dem substantivierten Infinitiv des folgenden Verbs. genügen Vb. ‘ausreichen, befriedigen, erfüllen’, ahd. ginuogen ‘genügen, befriedigen, reichlich vorhanden sein’ (9. Jh.), mhd. genüegen, genuogen, mnd. (ge)nȫgen, mnl. ghenoegen, nl. genoegen ‘befriedigen, erfreuen, ausreichen’, reflexiv ‘Genüge finden’, anord. gnœgja, nœgja ‘genug, reichlich geben’, got. ganōhjan ‘Genüge leisten’, ganōhnan ‘genug sein’; das Part. Präs. des nhd. Verbs verselbständigt sich im 18. Jh., als genügend Part.adj. ‘ausreichend, zufriedenstellend’ ersetzt es genug in adjektivischem, oft auch in adverbiellem Gebrauch; dazu ungenügend Adj. ‘unbefriedigend, nicht ausreichend’ (18. Jh.). Erweiterungen von genügen sind vergnügen (s. d.) und begnügen Vb. ‘sich zufriedengeben’ (reflexiv seit dem 18. Jh.), mhd. begenüegen ‘befriedigen, zufriedenstellen’, kontaminiert aus mhd. genüegen (s. oben) und mhd. benüegen ‘genug haben’, frühnhd. benügen ‘genügen, zufrieden sein, befriedigen’. genugsam Adv. ‘in ausreichendem Maße, vollauf’ (heute auf altertümelnde Ausdrucksweise beschränkt), ahd. ginuogsam (8. Jh.), mhd. genuocsam Adj. ‘Genüge oder Fülle habend, bietend’, nhd. noch bis zur 1. Hälfte des 19. Jhs. in adjektivischer Verwendung (‘ausreichend, zufriedenstellend’), als Adverb seit dem 15. Jh. üblich; daneben in den älteren Sprachstufen häufiger gleichbed. ahd. ginuhtsam (8. Jh.), mhd. genuhtsam Adj., von einem im Frühnhd. untergehenden Substantiv ahd. ginuht ‘Fülle, Überfluß’ (8. Jh.), mhd. genuht ‘Genüge, Fülle, Freude’ (vgl. aengl. genyht, anord. gnōtt ‘Genüge, Überfluß, reichlicher Vorrat’). genügsam Adj. ‘leicht zu befriedigen, anspruchslos’, umgelautete Form von genugsam (s. oben, nhd. vereinzelt bis in jüngere Zeit noch in dessen Sinn vorkommend), nimmt seit dem 16. Jh. durch Anlehnung an das Verb genügen (s. oben) die heutige Bedeutung an; dazu Genügsamkeit f. ‘Anspruchslosigkeit’, frühnhd. meist genuocsamkeit, Genugsamkeit; in dieser Verwendung vom 15. Jh. an zu belegen, aber erst Ende des 17. Jhs. üblich, anfangs häufiger ‘Genüge, Überfluß’. genugtun Vb. ‘Genüge leisten, befriedigen’ (frühnhd. auch ‘bezahlen, Buße tun’), Übersetzung von lat. satisfacere als Ausdruck des Rechtswesens und der Kirche, zunächst dafür Fügungen wie ahd. ginuog, ginuhtsam tuon, mhd. genuoc, genüege tuon (Getrenntschreibung häufig noch nhd. bis ins 19. Jh.), Zusammenrückung seit dem 15. Jh.; dazu Genugtuung f. ‘Befriedigung, Wiedergutmachung, Buße’ (15. Jh.), entsprechend lat. satisfactio.

Thesaurus

Jura
Synonymgruppe
Schmerzensgeld · Wiedergutmachung  ●  Genugtuung  schweiz. · Schmerzengeld  österr.
Oberbegriffe
Assoziationen
Synonymgruppe
Genugtuung · Satisfaktion · Zufriedenstellung
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Genugtuung‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Genugtuung‹.

Verwendungsbeispiele für ›Genugtuung‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Ich würde nicht zögern, sagte ich, ihn auf der Stelle anzuzeigen, ja, mehr als das, es wäre mir eine Genugtuung. [Becker, Jurek: Amanda herzlos, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1993 [1992], S. 146]
Und schon jetzt kann ich, nicht ohne Genugtuung, feststellen, die Welt beginnt, Sie zu vergessen. [Schuder, Rosemarie: Agrippa und Das Schiff der Zufriedenen, Berlin u. a.: Aufbau-Verl. 1987 [1977], S. 336]
Ich kann nicht Genugtuung darüber verspüren, wie die Dinge sich in den übrigen sozialistischen Ländern entwickelt haben. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1990]]
Wir stellen mit Genugtuung fest, daß sich in den wirtschaftlichen Verbindungen ein positiver Trend abgezeichnet hat. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1986]]
Aber er spürte auch eine gewisse Genugtuung darüber, daß er richtig vermutet hatte. [Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, Berlin: Aufbau-Verl. 1974, S. 350]
Zitationshilfe
„Genugtuung“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Genugtuung>.

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