Freiheit, nach seinem Gewissen zu denken und zu handeln
Gewissensfreiheit, die
eWDG
Bedeutung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Gewissen · gewissenhaft · Gewissenhaftigkeit · gewissenlos · Gewissenlosigkeit · Gewissensbiß · Gewissensehe · Gewissensfrage · Gewissensfreiheit
Gewissen
n.
‘Vermögen des Menschen, sein Verhalten sittlich einzuschätzen’.
Zu dem zu
ahd.
wiʒʒan
(s.
↗wissen)
gehörigen Part. Prät.
giwiʒʒan
wird das Adjektivabstraktum
ahd.
giwiʒʒanī
f.
(11. Jh.)
gebildet.
Es ist der Versuch einer Wiedergabe von
lat.
cōnscientia
‘Bewußtsein moralischer Handlungen’,
eigentlich
‘das Mitwissen’
(vgl.
lat.
scientia
‘Kenntnis, Wissen, Wissenschaft’
und s.
↗kon-),
das seinerseits dem
griech.
syné͞idēsis
(συνείδησις)
‘Mitwissen, Bewußtsein, (gutes) Gewissen’
nachgebildet ist.
Semantische Weiterentwicklung zeigt
mhd.
gewiʒʒen
f. n.
‘Wissen, Kenntnis, Kunde, Erkenntnis dessen, was sich schickt’,
das in Analogie zum substantivierten Infinitiv von
wiʒʒen
neutrales Genus annimmt.
Der Begriff des Gewissens
entsteht im antiken Griechenland aus der Vorstellung,
daß es für alle Handlungen und Verhaltensweisen
gegenüber Göttern und Menschen
einen inneren „Mitwisser“ gibt.
In der christlichen Ethik
wird das Gewissen zu einem zentralen Begriff
menschlichen sittlichen Verhaltens
und des Vermögens,
seine Handlungen selbst einzuschätzen.
gewissenhaft
Adj.
‘genau, zuverlässig’
(17. Jh.).
Gewissenhaftigkeit
f.
‘Sorgfältigkeit, Genauigkeit’
(1. Hälfte 18. Jh.),
zu
gewissenhaftig
Adj.
(16. Jh.,
im 18. Jh. nicht mehr üblich).
gewissenlos
Adj.
‘ohne Gewissen, ohne Skrupel’
(um 1400, geläufig erst im 17. Jh.);
dazu
Gewissenlosigkeit
f.
‘Bedenkenlosigkeit, Skrupellosigkeit’
(18. Jh.).
Gewissensbiß
m.
(meist Plur.)
‘moralisches Bedenken, Schuldgefühl’
(17. Jh.),
nach
(im 17. Jh. häufig belegtem)
lat.
cōnscientiae morsus;
vgl. auch
mein Gewissen beißt
(Luther),
lat.
cōnscientiā mordērī
(Cicero).
Gewissensehe
f.
‘Ehe ohne amtlichen Nachweis’
(um 1800) für
lat.
mātrimōnium cōnscientiae.
Gewissensfrage
f.
‘eine moralische Entscheidung fordernde Frage’
(17. Jh.).
Gewissensfreiheit
f.
‘Recht, nicht unter Zwang, sondern nur nach dem Gewissen zu entscheiden, besonders seine Religion ungehindert auszuüben’
(17. Jh.),
wohl nach
frz.
liberté de conscience.
Typische Verbindungen zu ›Gewissensfreiheit‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Abgeordnete
Achtung
Anerkennung
Artikel
Berufung
Freiheit
Garantie
Gleichberechtigung
Grundrecht
Grundsatz
Liberalismus
Menschenrecht
Pressefreiheit
Recht
Religionsausübung
Religionsfreiheit
Toleranz
Wahrung
berufen
einschränken
eintreten
garantieren
garantiert
gewähren
gewährleisten
individuell
respektieren
verletzen
verstoßen
zustehen
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Gewissensfreiheit‹.
Verwendungsbeispiele für ›Gewissensfreiheit‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Er ist sich seiner persönlichen Würde, seiner Menschenrechte, seiner unveräußerlichen Gewissensfreiheit bewußt.
Archiv der Gegenwart, 2001 [1979]
Der Arzt hat ein gewisses Recht auf die eigene Gewissensfreiheit.
Die Zeit, 29.10.1976, Nr. 45
In der Bundesrepublik von 1969 war jedenfalls soldatische Gewissensfreiheit nicht gefragt.
Hannover, Heinrich: Die Republik vor Gericht 1954 - 1974, Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2001 [1998], S. 259
Gewissensfreiheit ist nicht nur zulässig, sondern geradezu zur rechten Einsicht in die christliche Religion notwendig.
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. In: Bertram, Mathias (Hg.) Geschichte der Philosophie, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1912], S. 14266
Selten findet man das Problem »Reformation und Gewissensfreiheit« so objektiv erörtert wie in dieser Schrift.
Jahresberichte für deutsche Geschichte, 1934, S. 360
Zitationshilfe
„Gewissensfreiheit“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gewissensfreiheit>, abgerufen am 01.03.2021.
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