grün · Grün · grünen · grünlich · Grünkohl · Grünschnabel · Grünspan
grün
Adj.
Das im Westgerm.
und Nordgerm. erscheinende Farbadjektiv
ahd.
gruoni
(8. Jh.),
mhd.
grüene,
asächs.
grōni,
mnd.
grȫne,
mnl.
groene,
nl.
groen,
aengl.
grēne,
engl.
green,
anord.
grœnn,
schwed.
grön
gehört mit
n-Suffix
zu dem im Nhd. untergegangenen Verb
ahd.
gruoen
(8. Jh.),
mhd.
grüejen
‘wachsen, sprießen, gedeihen’,
mnd.
grōjen,
mnl.
groeyen,
grōyen,
nl.
groeien
‘wachsen’,
aengl.
grōwan
‘wachsen, sprießen’,
engl.
to grow
‘wachsen’,
anord.
grōa
‘wachsen, grünen’.
Germ.
*grōni-
Adj.
und
germ.
*grōan
Vb.
führen auf die Form
ie.
*ghrō-
der Wurzel
ie.
*gher(ə)-
‘hervorstechen’
(von Pflanzentrieben, Stacheln, Borsten, Erderhebungen, Kanten),
weiterführend
‘wachsen, grünen’;
sie sind verwandt mit
↗
Grat,
↗
Gräte,
↗
Granne
und
↗
Gras
(s. d.).
Die für das Adjektiv zu erschließende Bedeutung
‘sprießend, hervorwachsend’
wird schon früh auf die Farbe der Pflanzen,
speziell der jungen Triebe, eingeengt,
meint also eigentlich
‘von der Farbe sprießender Pflanzen’.
grün
dient im Dt. nicht nur als Farbbezeichnung.
Im Sinne von
‘frisch, jung, saftig’
steht es im Gegensatz zu
‘trocken, verwelkt’
(
grüne Bohnen,
Erbsen,
grünes Holz,
grüne Ware
‘frisches Gemüse’,
grüne ‘ungeräucherte’
Heringe),
im Sinne von
‘unreif’
im Gegensatz zu
‘ausgereift, rot’
(
grüne Äpfel;
vgl. auch
grüner ‘unreifer, unerfahrener’
Junge).
Als Farbe des sprießenden Frühlings wird
grün
schon in mhd. Zeit
zum Sinnbild des Frohsinns und der Freude,
im Nhd. der Hoffnung.
Als Farbe des Angenehmen begegnet
grün
in den Wendungen
einem (nicht) grün sein
‘einem (nicht) wohlgesinnt, gewogen sein’,
die grüne Seite
(‘wo das Herz sitzt’,
Mitte 16. Jh.).
Als Sinnbild des Gedeihens gilt
der grüne Zweig,
daher
auf keinen grünen Zweig kommen
‘erfolglos sein, es zu nichts bringen’
(16. Jh.).
Das substantivierte Adjektivabstraktum
Grün
n.
‘das Grünsein, frisches Laub, freie Natur, Grasboden’
(vereinzelt schon 12. Jh.)
entfaltet sich als Neutrum seit dem 16. Jh.
(
im Grünen
‘in der freien Natur’,
ins Grüne fahren);
als abgeleitetes Fem. begegnet es in
ahd.
gruonī
(9. Jh.),
mhd.
grüene,
mnd.
grȫne
‘Grünheit, grün bewachsener Boden’.
grünen
Vb.
‘grün werden, grüne Triebe zeigen, sprießen’,
ahd.
gruonēn
(9. Jh.),
mhd.
gruonen
‘grün, frisch werden, sein’.
Den Umlaut hat das intransitive Verb wohl vom Adj.
grün
übernommen,
kaum von der nur selten gebrauchten transitiven Form
mhd.
grüenen
‘grün machen’.
grünlich
Adj.
‘ein wenig grün, ins Grüne spielend’,
mhd.
grüenlich
‘grün’;
vgl.
mhd.
grüenlot
‘annähernd grün’.
Grünkohl
m.
‘Kohl mit krausen Blättern’
(16. Jh.),
auch
Braunkohl
(Farbe nach dem Kochen),
Kraus-,
Winterkohl.
Grünschnabel
m.
‘sich als Besserwisser aufspielender unerfahrener junger Mensch’
(18. Jh.),
nach der gelbgrünen Haut an der Schnabelwurzel junger Vögel;
s. auch
↗
Gelbschnabel.
Grünspan
m.
durch Einwirkung von Essigsäure und Luft entstandener
giftiger grüner Überzug auf Gegenständen aus Kupfer oder Messing,
spätmhd.
grüenspān,
spāngrüen,
nach
mlat.
viride Hispanicum
bzw.
Hispanum
‘spanisches Grün’,
weil der aus künstlich hergestelltem
essigsaurem Kupferoxid gewonnene Farbstoff
aus Spanien eingeführt wird.