Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Gschaftlhuber, der

Lesezeichen zitieren/teilen ausklappen
Die hyperkorrekten Formen Geschaftlhuber, Geschaftelhuber und Gschaftelhuber sind selten und werden vor allem in Deutschland außerhalb Bayerns verwendet.
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Gschaftlhubers · Nominativ Plural: Gschaftlhuber
Aussprache [ˈkʃaftl̩ˌhuːbɐ]
Worttrennung Gschaftl-hu-ber
Wortzerlegung gschaftln -huber
Wortbildung  mit ›Gschaftlhuber‹ als Erstglied: Gschaftlhuberei · Gschaftlhuberin · gschaftlhuberisch
ZDL-Vollartikel

Bedeutung

meist D-Südost (Altbayern) , A , umgangssprachlich, abwertend Person, die sich für sehr kompetent (und wichtig) hält und sich ständig einmischt
Beispiele:
Wenn man zum selben Thema einen dritten Leserbrief verfasst, begibt man sich leicht in Gefahr, als »Gschaftlhuber« abgestempelt zu werden. [Landshuter Zeitung, 01.10.2016]
Der Bau wäre schon längst fertig, wenn der »Gschaftlhuber« nicht jeden Tag von früh bis spät auf der Baustelle wäre und die Arbeiter mit seinem »Fachwissen« überhäufen würde. [Münchner Merkur, 07.08.2021]
Es mag schon sein, dass dem verhörenden Beamten in seiner Verzweiflung eine nicht ganz gesetzeskonforme Bemerkung herausgerutscht ist; aber warum musste das auch gleich von einem übereifrigen Kollegen (ich würde sagen, es war ein echter »Gschaftlhuber«) als Aktenvermerk ins Protokoll genommen werden? [Kronen Zeitung, 25.11.2004]
Oft sind es [Freiwillige in der Sozialhilfe] Menschen, die selbst ein bißchen einsam sind. Aber nicht irgendwelche »Gschaftlhuber«, wie man in Graz sagen würde, sondern solche, die zuvor mittels Bewerbung (mündlich und schriftlich) auf ihre Eignung und ihre eigenen Interessen hin geprüft wurden. [Vorarlberger Nachrichten, 13.02.1999]
Im Rundfunk kann nicht ein Wort gesprochen werden, das nicht eine unkontrollierbare, unverantwortliche und fast geheim wirkende Schar von beamteten und freien Reaktionären, mittleren Bürgern, braven Geschaftlhubern verstanden und gebilligt hat. [Tucholsky, Kurt: Rundfunkzensur. In: Kurt Tucholsky, Werke – Briefe – Materialien. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1928]] ungewöhnl. Schreibung
gelegentlich, scherzhaft ausgesprochen oder übertrieben eifrig aktive Person
Beispiele:
Das Team hat auch Eichhörnchenbabys aufgezogen und ein krankes Kaninchen. »Es hatte Krebs, konnte aber operiert werden, ich habe immer Kräuter gepflückt und es hat sich von einem apathischen Tier zu einem Gschaftlhuber entwickelt.« [Münchner Merkur, 28.08.2020]
Für seine Auftritte ackert der arbeitsame Gschaftlhuber jeden Tag mehr als zwölf Stunden, außer Samstag. [Der Spiegel, 16.03.2009 (online)]
Fritz R[…] beginnt bei seiner Zeit als Jurastudent und Jazzfan in Heidelberg – erzählt, wie er 1955 versuchte, sein allererstes Konzert mit dem Avantgarde‑Jazzer Albert Mangelsdorff zu promoten. Um Karten zu verkaufen, lief er wildfremden Menschen bis ins Kino nach […] und Mangelsdorff erinnerte sich später: »So einen verrückten Gschaftlhuber wie den R[…] habe ich nie mehr getroffen.« [Südkurier, 04.06.2007]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Geschäft · geschäftig · Geschäftigkeit · geschäftlich · Geschäftsträger · Gschaftlhuber
Geschäft n. ‘Arbeit, Aufgabe, Angelegenheit, Gewerbe, Handel, Gewinn, Profit, Verkaufsraum’, mhd. geschefte, gescheft f. n., mnd. geschefte n. ‘Beschäftigung, Angelegenheit, Ereignis’. Die zu dem unter schaffen ‘tun, ins Werk setzen, bewirken, versorgen’ (s. d.) behandelten schwachen Verb gebildeten Verbalabstrakta bedeuten eigentlich ‘Aufgabe, Tätigkeit’, bezeichnen also ‘das, was zu tun ist’. In der Übertragung auf den Ort des Tätigseins ergibt sich die Verwendung im Sinne von ‘Handels-, Verkaufsraum, Laden, Büro’ (19. Jh.). – geschäftig Adj. ‘emsig, unentwegt tätig’, mhd. gescheftic (Anfang 14. Jh.), auch gescheffec; Geschäftigkeit f. (16. Jh.). geschäftlich Adj. ‘das Geschäft, Unternehmen betreffend, beruflich’ (15. Jh.). Geschäftsträger m. ‘Verwalter von Geschäften und Dienstsachen, Agent eines Fürsten in Privatangelegenheiten’ (18. Jh.), in der Übersetzung von frz. chargé d’affaires ‘diplomatischer Vertreter eines Staates’ (18. Jh.); im 16. Jh. bereits vereinzelt ‘Syndikus’. Gschaftlhuber m. bair. öst. ‘geschäftiger Mensch, Wichtigtuer’ (19. Jh.); das mundartliche Deminutivum Gschaftl ‘Geschäftchen’ verbindet sich mit dem Familiennamen Huber, hier in der Art eines Kompositionssuffixes im Sinne von ‘Mensch, Mann, Kerl’ (wie auch in Kraft-, Wühlhuber; s. ähnlich gebrauchtes Meier).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Großtuer · Wichtigtuer  ●  Gschaftlhuber ugs., süddt.
Assoziationen
Zitationshilfe
„Gschaftlhuber“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gschaftlhuber>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

alphabetisch vorangehend alphabetisch nachfolgend
Grützwurst
Gruyère
gschafteln
Gschaftler
Gschaftlerin
Gschaftlhuberei
Gschaftlhuberin
gschaftlhuberisch
gschaftlhubern
gschaftln

Worthäufigkeit

selten häufig

Wortverlaufskurve

Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

Geografische Verteilung

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Verteilung über Areale

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Weitere Wörterbücher

Belege in Korpora

Referenzkorpora

Metakorpora

Zeitungskorpora

Webkorpora

Spezialkorpora