Hahn
m.
männliches Tier bei Hühnern und anderen Vögeln,
übertragen auch
‘Absperrvorrichtung in Rohrleitungen oder an Behältern’
(15. Jh.),
‘Zündhebel am Flintenschloß’
(16. Jh.);
ahd.
(8. Jh.)
asächs.
hano,
mhd.
han(e),
mnd.
mnl.
hāne,
nl.
haan,
aengl.
got.
hana,
anord.
hani,
schwed.
dän.
hane.
Germ.
*hanan-
führt mit
griech.
kanachḗ
(
καναχή)
‘Geräusch, Schall, Getöse’,
ēïkanós
(
ἠϊκανός)
‘Frühsänger’
(Umschreibung für
‘Hahn’),
lat.
canere
‘singen’
(s.
Kantate,
Kantor),
gallicinium
‘Hahnengeschrei, Morgengrauen’,
air.
canim
‘ich singe’
auf die Wurzel
ie.
*kan-
‘singen, klingen’.
Der Vogel ist allgemein nach seinem Krähen,
das den Tagesbeginn anzeigt,
benannt;
vgl. die (nicht verwandten) Bildungen
russ.
petúch
(
петух),
lit.
gaidỹs
‘Hahn’
zu
russ.
pet’
(
петь),
lit.
giedóti
‘singen’.
Im
Dt. bleibt schwache Flexion bis ins 18. Jh. lebendig
(später noch
obd.),
daneben finden sich seit dem 16. Jh. stark flektierte Formen.
Die Wendungen
Hahn im Korbe sein
(zuerst
der beste Hahn im Korbe sein,
nämlich
‘das geschätzteste Stück unter jungen Hühnern’),
da kräht kein Hahn danach
sowie bildlich
der rote Hahn
‘Feuersbrunst’
sind
frühnhd. vom 16. Jh. an nachzuweisen.
Auf Vergleich mit Körperteilen des Hahns beruhen die Pflanzennamen
Hahnenfuß
m.
‘Ranunkel’
(wegen der gelappten Blätter),
ahd.
hanafuoʒ,
hanenfuoʒ
(10. Jh.),
mhd.
hane(n)vuoʒ,
und
Hahnenkamm
m.
Name verschiedener Pflanzen,
seit dem 16. Jh. des heute meist
Klappertopf
genannten Rachenblütlers
(wegen Form und Farbe seiner Blüten und Hochblätter),
ahd.
hanenkamb
(9./10. Jh.,
in botanischer Verwendung wohl seit dem 11. Jh.),
mhd.
han(en)kamp,
nach
griech.-lat.
alectorolophus,
lat.
crista gallī.
–
Hahnrei
m.
‘betrogener Ehemann’,
mhd.
hanerei(e),
mnd.
hān(en)rey(ge).
Die für das
Mhd. nur vereinzelt bezeugte,
mnd.
(hier auch im Sinne von
‘Ehebrecher’)
seit dem 15. Jh. vorkommende Bildung,
die sich im 16. Jh. auf
hd. Gebiet ausbreitet
(bei
Luther
mit Hinweis auf
nd. Herkunft),
hat ursprünglich wahrscheinlich die Bedeutung
‘Kapaun’,
die in verschiedenen Belegen des 16./17. Jhs.
noch anklingt;
vgl.
ostfries.
hānrūne
‘Kapaun, Impotenter, Hahnrei’.
So wird auch die inhaltlich entsprechende Wendung
jmdm. Hörner aufsetzen
aus dem früher geübten Brauch verständlich,
einem Kapaun als Kennzeichen die abgeschnittenen Sporen
in den Kamm einzusetzen, wo sie hornartig weiterwachsen;
vgl.
Dunger
in: Germania
29 (1884) 59 ff.
Nicht sicher erklärt ist der zweite Bestandteil des Wortes.
Die Versuche,
ihn mit
mhd.
reie,
reige,
mnd.
rei(e)
(s.
Reigen)
oder
(wegen der Varianten
Hahnreh,
-ree
im älteren
Nhd.)
mit
Reh
(s. d.)
zu verbinden,
gehen wohl von volkstümlichen Umdeutungen aus.
Ostfries.
hānrūne
legt vielmehr,
falls für
Hahnrei
Entrundung angenommen werden kann,
Anschluß an
ostfries.
rune,
rūn(e),
mnd.
rune,
mnl.
ruun,
rūne,
nl.
ruin
‘verschnittenes Pferd, Wallach’
nahe
(vgl.
nl.
ruinen
‘kastrieren’),
das vielleicht zu
ie.
*reu-,
*reu̯ə-
‘aufreißen, graben, ausreißen’
(
Pokorny 1, 868)
zu stellen ist.