Hirn
n.
im Kopf befindlicher Teil des Zentralnervensystems,
auf dessen mehr oder weniger ausgebildeter Funktionsfähigkeit
die Einteilung in höher und niedriger entwickelte Lebewesen beruht;
heute seltener neben üblicherem
Gehirn
(s. unten),
doch bewahrt in Zusammensetzungen
(vgl.
Hirnhaut,
-masse,
Groß-,
Kleinhirn);
übertragen
‘Verstand, Kopf’.
Im Unterschied zu
anord.
hjarsi
‘Scheitel’,
das
(wie wohl auch
nl.
hersenen)
auf
germ.
*hersan-
zurückgeht,
setzen
ahd.
hirni
(8. Jh.),
mhd.
hirn(e),
herne,
mnd.
hē̌rne,
harne,
anord.
hjarni,
norw.
dän.
hjerne,
schwed.
hjärna
germ.
*herzn-
‘Hirn’
voraus.
Die genannten Formen gehören wie
Hornisse
(s. d.)
und dessen unmittelbare Entsprechungen zu einer
s-(e)n-Erweiterung
der Wurzel
ie.
*k̑er(ə)-
‘das Oberste am Körper, Kopf, Horn’
(dazu s. auch
Horn
und
vgl.
Nussbaum
Head and Horn
(1986)).
Zur gleichen Wurzel bzw. ihren vielfachen Erweiterungen
stellen sich
aind.
śíraḥ
(Genitiv
śīrṣṇáḥ)
‘Haupt, Kopf, Spitze’,
awest.
sarah-
‘Kopf’,
griech.
kárā
(
κάρα)
‘Haupt, Kopf’
(s.
Karotte),
krāníon
(
κρανίον)
‘Schädel’
(s.
Migräne),
lat.
cerebrum
(wohl aus
ie.
*k̑erəsrom;
unsicher ist der Vokal der zweiten Silbe)
‘Gehirn’
(vgl. fachsprachliches
zerebral
‘das Großhirn betreffend’;
s. auch
Zervelatwurst),
lat.
cervīx
(aus
*cersvīc-)
‘Nacken’
(eigentlich wohl
‘Kopfhalter’,
wenn zu
lat.
vincīre
‘binden, fesseln’),
ferner innerhalb und außerhalb des Germ.
zahlreiche Benennungen gehörnter Tiere (s.
Hirsch).
Im
Nhd. dafür häufiger die bereits in
mhd.
gehirne,
mnd.
gehērne
begegnende Kollektivbildung
Gehirn
n.
–
Hirngespinst
n.
‘Phantasiegebilde, krankhafte Einbildung, Traum-, Wahnvorstellung’
(1. Hälfte 18. Jh.),
aus der Redensart
das Hirn (er)spinnt
(17. Jh.).
hirnverbrannt
Adj.
‘unsinnig, verrückt’
(Mitte 19. Jh.),
nach dem Vorbild von
frz.
cerveau brûlé
‘überspannter Kopf, verrückte Person’
(eigentlich
‘verbranntes Gehirn’).