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Kintopp, der oder das

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GrammatikSubstantiv (Maskulinum, Neutrum) · Genitiv Singular: Kintopps · Nominativ Plural: Kintopps/Kintöppe
Aussprache  [ˈkiːntɔp]
Worttrennung Kin-topp
GrundformKinematograph

Bedeutungsübersicht

  1. [meist D , besonders D-Nordost , D-Mittelost , umgangssprachlich, veraltend, gelegentlich scherzhaft, gelegentlich abwertend] ...
    1. a) Synonym zu Kino (1, 2)
    2. b) Gesamtheit oder einzelnes Werk der (besonders in der Stummfilmzeit geschaffenen) Filmkunst
ZDL-Vollartikel

Bedeutung

meist D , besonders D-Nordost , D-Mittelost , umgangssprachlich, veraltend, gelegentlich scherzhaft, gelegentlich abwertend
a)
Synonym zu Kino (1, 2)
Beispiele:
Die Berliner nahmen sehr früh bereits eine innige Verbindung zum Film auf. Schon um die Jahrhundertwende hat ihre Zunge aus dem pompösen Schnörkel »Kinematographentheater« liebevoll das Kürzel »Kintopp« gemacht. [Neues Deutschland, 26.01.1987]
Das Lederwarengeschäft hat längst für immer zugemacht, das Wirtshaus am Eck auch. Doch das Kino gibt es immer noch, seit 1957. In normalen Zeiten zeigt das Kintopp im einzigen Saal fünfmal pro Woche einen Film, mal Programmkino, mal Mainstream. [Süddeutsche Zeitung, 18.07.2020]
An jenem Wochenende strömen jährlich bis zu 1000 Bergfilmfans in den reizvollen Kintopp. In der ansehnlichen Naturkulisse […] flimmern [Berg-]Filme über die in den Steinbruch eingehängte Leinwand. [Ältestes Open-Air-Bergfilmfestival Deutschlands geht bald in die 16. Runde, 30.07.2014, aufgerufen am 01.09.2020]
Als 1906 ein Panoptikum die Räume über seiner Kneipe am Kottbusser Damm Ecke Boppstraße in Kreuzberg räumte, nutzte er die Gunst der Stunde und eröffnete dort im Folgejahr ein Kino – ein bald so erfolgreiches Etablissement, dass im Volksmund erst von Topps Kino, dann von Kintopp die Rede gewesen sein soll. [Der Tagesspiegel, 22.03.2007]
Ich habe im Chor gesungen – bei der Berliner Domkantorei nach 1961 […]. Außerdem hat es eine Phase gegeben, in der wir jede Premiere in Ostberlin, in der Staatsoper und der Komischen Oper besuchten. Es war auch billig, ich bin für eine Mark und fünf in die Komische Oper gegangen. Genauso viel hat Kintopp gekostet, das müssen Sie sich mal vorstellen! [Der Tagesspiegel, 11.10.2001]
Als der Hoteliersohn 1902 in Essen geboren wurde, waren Boxeraufstand und Burenkrieg eben zu Ende, Rundfunk und Fernsehen noch nicht erfunden, und im Kintopp kurbelte der Operateur die Stummfilme noch per Hand. [Berliner Zeitung, 06.10.1994]
b)
Gesamtheit oder einzelnes Werk der (besonders in der Stummfilmzeit geschaffenen) Filmkunst
Grammatik: nur im Singular
Beispiele:
Mit Lohengrin hatte Wagner 1850 das durchkomponierte Singspiel erfunden: Arien, Chöre, Sätze, Zäsuren verwob er darin zu einer Art Klangteppich, der später den Kintopp der Stummfilmära ebenso prägte wie die Blockbuster von heute. [Die Zeit, 22.05.2013, Nr. 21]
Knapp 1500 Besucher strömten am Wochenende zur Historischen Weiherschleife, um bei herrlichstem Wetter Kintopp unter freiem Himmel zu erleben, um zu picknicken, um Leute zu treffen, kurz: um Spaß zu haben. [Rhein-Zeitung, 24.07.2013]
Als das Kintopp aufkam, wurde das Theater für tot erklärt – doch noch heute hat noch jede größere Gemeinde (wenigstens) eine städtische Bühne. [Gründe für eine Zukunft der Tageszeitung, 27.05.2010, aufgerufen am 19.08.2020]
»Viele Regisseure sind noch immer fasziniert von der Magie des Stummfilms, von der Zeit, als das alte Kintopp noch Staunen auslöste, etwas Verruchtes hatte und große Kunst bedeutete«, sagt Christoph Terhechte, der bei der Berlinale das »Internationale Forum des Jungen Films« leitet. [Berliner Morgenpost, 25.01.2007]
»Der Stummfilm war niemals stumm«, so H[…], die einiges über den Kintopp zu erzählen weiß. [Neue Westfälische, 12.11.2003]
Orchesterleiter Albrecht Winter und seine acht Musiker bieten ein abwechslungsreiches [der Filmmusik gewidmetes] Programm vom Stummfilm bis zum Kintopp der 60er Jahre – garniert mit vielen Informationen und Anekdoten zum Thema. [Leipziger Volkszeitung, 24.07.2003]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Kino · Kinematograph · Kintopp
Kino n. ‘Lichtspieltheater’ (Anfang 20. Jh.), verkürzt aus Kinematograph m. (Ende 19. Jh.), frz. cinématographe, Neubildung der Brüder Lumière (1895) zu griech. kī́nēma, Genitiv kīnḗmatos (κίνημα, κινήματος) ‘Bewegung, Aufregung’ und gráphein (γράφειν) ‘schreiben’ (s. -graph). Dem frz. cinéma ‘Kino’ (ebenfalls aus cinématographe verkürzt) entsprechendes engl. cinema wird weitergebildet zu amerik.-engl. cinemascope ‘Breitwandfilmverfahren’ (im Dt. seit der Mitte des 20. Jhs.), s. -skop. Kintopp m. (nach 1905) von Berlin ausgehende scherzhafte Verkürzung von Kinematograph.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Filmtheater · Kino · Lichtspielhaus · Lichtspieltheater  ●  Kintopp ugs., veraltet · große Leinwand ugs.
Oberbegriffe
Unterbegriffe
Assoziationen

Kintopp · Opas Kino · alte Filme

Kunst
Blödelei · Holzhammerhumor · Kintopp (im Film) · Klamauk · Klamotte · Situationskomik · grotesker Gag · platte Komik  ●  Slapstick engl.
Assoziationen
Zitationshilfe
„Kintopp“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Kintopp>.

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