Lustseuche, die
Grammatik Substantiv (Femininum)
Worttrennung Lust-seu-che
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Lust · lustig · belustigen · gelüsten · Gelüst(e) · lüstern · Lüsternheit · Lüstling · Lustbarkeit · Lustseuche · Lustspiel · lustwandeln · Lustwandel
Lust
f.
‘Verlangen, Wohlgefallen, Freude, Genuß, sinnliche Begierde’,
ahd.
lust
(9. Jh.;
daneben
firinlust
‘Begierde, Wollust’,
unlust,
urlust
‘Ausschweifung’,
8. Jh.),
mhd.
asächs.
mnd.
aengl.
engl.
nl.
lust,
mnl.
lust,
lost,
luste,
anord.
(aus dem Mnd.)
lyst
‘Lust, Begierde, Freude’,
got.
lustus
führen auf
germ.
*lustu-
bzw.
*lusti-,
schwundstufige Abstraktbildungen mit dem Suffix
ie.
-tu-,
-ti-,
dazu als
n-Stamm
anord.
losti.
Herkunft ungewiß.
Etymologischer Zusammenhang mit
aind.
láṣati
‘begehrt, hat Verlangen nach’,
griech.
lilá͞iesthai
(λιλαίεσθαι)
‘heftig begehren, sich sehnen, verlangen’,
lat.
lascīvus
(Weiterbildung zu einem Adjektiv
*laskos)
‘mutwillig, ausgelassen, zügellos, üppig, geil’,
air.
lainn
(aus
*lasnis)
‘gierig’,
lit.
lokšnùs
‘empfänglich, empfindsam, gefühlvoll, zärtlich’,
aslaw.
laskati
‘durch List überrumpeln’,
laskanịje
‘Schmeichelei, List’,
russ.
láska
(ласка)
‘Liebkosung, Wohlwollen’
unter Ansatz einer Wurzel
ie.
*las-
(schwundstufig
*ḷs-)
‘gierig, lasziv, mutwillig, ausgelassen sein’
ist umstritten.
–
lustig
Adj.
‘fröhlich, ausgelassen’,
ahd.
lustīg
(8./9. Jh.),
gilustīg
‘verlangend, begehrend, wollüstig’,
mhd.
lustec,
lustic
‘verlangend, begierig, Wohlgefallen erregend, angenehm, anmutig, lieblich, vergnügt’.
belustigen
Vb.
‘fröhlich stimmen, Spaß bereiten, erheitern’,
reflexiv
‘spotten’
(16. Jh.).
gelüsten
Vb.
‘Verlangen haben’,
ahd.
gilusten
(9. Jh.),
mhd.
gelüsten,
gelusten
‘sich freuen, an etw. Wohlgefallen finden, verlangen’;
vgl.
ahd.
lusten
‘Lust haben, sich erfreuen’
(8. Jh.).
Gelüst(e)
n.
‘Verlangen, Begierde’.
mhd.
geluste,
gelüste;
vgl.
ahd.
gilust
‘Begierde, Verlangen’
(9. Jh.).
lüstern
Adj.
‘begierig, geil’
(16. Jh.,
Luther),
mit Konsonantenerleichterung aus
lüsternd,
Part. Präs. von
frühnhd.
lüstern
‘Verlangen haben, begierig sein’,
Iterativbildung zu
ahd.
lusten
‘gelüsten, belieben’
(8. Jh.),
mhd.
lusten,
lüsten;
Lüsternheit
f.
(17. Jh.).
Lüstling
m.
‘geiler Mensch’
(17. Jh.).
Lustbarkeit
f.
mhd.
lustbærecheit.
Lustseuche
f.
‘heftiger Sinnestrieb, krankhafte Begierde’
(16. Jh.),
‘Syphilis’
(18. Jh.).
Lustspiel
n.
‘zum Vergnügen dargebotene szenische Aufführung’
(16. Jh.),
dt. Bezeichnung für
Komödie,
durch
Gottsched
verbreitet.
lustwandeln
Vb.
‘spazierengehen’,
zu
Lustwandel
m.
‘Spaziergang’,
beide von
Zesen
(1645)
gebildet.
Typische Verbindungen zu ›Lustseuche‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Lustseuche‹.
Verwendungsbeispiele für ›Lustseuche‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Auf der Nase brach jetzt das stinkende Geschwür der Lustseuche auf.
[Weismantel, Leo: Die höllische Trinität, Berlin: Union-Verl.1966 [1943], S. 462]
Ein verklemmter Begriff wie Lustseuche ist ihnen fremd, und Lust ist ein durch und durch positiv besetzter Begriff.
[Die Zeit, 03.09.2003, Nr. 36]
Hierin wirkt nicht zuletzt die vorwissenschaftliche Idee der Syphilis als einer ethisch betonten Lustseuche noch nach.
[Schäfer, Lothar u. Schnelle, Thomas: Ludwik Flecks Begründung der soziologischen Betrachtungsweise in der Wissenschaftstheorie. In: dies. (Hgg.) Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980, S. 23]
Ihm bedeutet Syphilis noch die alte Lustseuche, aber ohne die allgemeinen Symptome, nur eine lokale Erkrankung.
[Fleck, Ludwik: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980 [1935], S. 8]
Im Überbietungswettbewerb um zahlende Besucher orientieren sich die Anbieter von Sexseiten an den grassierenden Lustseuchen.
[Süddeutsche Zeitung, 23.03.2004]
Zitationshilfe
„Lustseuche“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Lustseuche>.
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