Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Märtyrer, der

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GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Märtyrers · Nominativ Plural: Märtyrer
Aussprache  [ˈmɛʁtyʀɐ]
Worttrennung Mär-ty-rer
Wortbildung  mit ›Märtyrer‹ als Erstglied: Märtyrergestalt · Märtyrerin · Märtyrerkrone · Märtyrertod · Märtyrertum
Herkunft zu mártyrgriech (μάρτυρ) ‘Zeuge’
eWDG und ZDL

Bedeutung

besonders im frühen Christentum   Person, die aufgrund des von ihr bekannten (2) Glaubens Verfolgungen und meistens den Tod erleiden musste
Synonym zu Martyrer
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein frühchristlicher, schiitischer, heiliger Märtyrer
als Akkusativobjekt: einen Märtyrer ehren
als Genitivobjekt: eines Märtyrers gedenken, erinnern
mit Genitivattribut: ein Märtyrer des Glaubens, der Reformation, Kirche
in Koordination: Märtyrer und Heilige, Propheten
als Genitivattribut: das Blut, Grab, Andenken, die Gebeine, Verehrung, der Todestag des Märtyrers
als Prädikativ: als Märtyrer sterben, verehrt werden
Beispiele:
Sebastian gehört zu den berühmtesten und wohl am meisten dargestellten christlichen Märtyrern. Seit dem siebten Jahrhundert wird er als Patron gegen die Pest hoch verehrt[…]. [Mittelbayerische, 20.01.2023]
In einer Wanderausstellung im Heiligenstädter Marcel‑Callo‑Haus wird […] an christliche Märtyrer der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche im 20. Jahrhundert erinnert, die dem Nationalsozialismus und dem kommunistischen Regime der Sowjetunion zum Opfer fielen. [Thüringer Allgemeine, 13.01.2023]
Anfangs im feuchten Türmchen des damaligen Dominikanerklosters und heutigen Inselhotels in Konstanz eingekerkert, wurde Johannes Hus auf Veranlassung des Konzils Anfang 1415 nach Gottlieben geschafft. Hier wurde er verhört, hier wollten ihn berühmte Kirchenfürsten zum Widerruf seiner Lehren drängen, damit die Tschechen keinen Märtyrer bekämen. [Thurgauer Zeitung, 05.01.2023]
Die Einwohner und die schiitischen Pilger, die an jenem Tag ein Fest zu Ehren des Märtyrers Ali feierten, wähnten sich in göttlicher Sicherheit. [Der Tagesspiegel, 16.07.2017]
Blut tropft aus dem Hals des Märtyrers auf die Erde, an dieser Stelle entspringt – so geht die Legende – ein Heilbrünnlein. [Der Standard, 07.02.2016]
Die Meister des Talmuds, auch die Märtyrer und die Mystiker unter ihnen, waren zumeist Männer der bürgerlichen Arbeit und auch sozusagen der bürgerlichen Religion; desgleichen waren die hervorragendsten und einflußreichsten Theologen des Mittelalters nicht Theologen von Stand und Beruf. [Baeck, Leo: Das Wesen des Judentums. Frankfurt a. M.: Kauffmann 1932 [1905], S. 46]
allgemeiner Person, die wegen ihrer Überzeugung Verfolgungen oder den Tod erleiden muss
Synonym zu BlutzeugeWDG
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: jmd. zum Märtyrer stilisieren, hochstilisieren, erklären, verklären, machen, stempeln
mit Genitivattribut: ein Märtyrer des Osteraufstands, der Meinungsfreiheit, Revolution, Bewegung
in Koordination: Märtyrer und Helden, Kämpfer
als Genitivattribut: das Blut, Andenken, die Rolle der Märtyrer
als Prädikativ: als Märtyrer sterben, verehrt, gefeiert, glorifiziert werden
Beispiele:
ein Märtyrer seiner Weltanschauung, Überzeugung, Idee, der Freiheit, des GeistesWDG
den Märtyrer spielenWDG
Märtyrer, Helden – das sind Menschen, die bereit sind, sich für eine Überzeugung zu opfern. [Berliner Morgenpost, 16.10.2015]
Noch am gleichen Tag wird V[…] bestattet, 23 Jahre und 9 Monate nach seiner Ermordung. Er liegt jetzt auf dem grossen Friedhof im südlichen Teil von Mitrovica, auf einem Feld, das für Märtyrer reserviert ist. [Neue Zürcher Zeitung, 19.01.2023]
Der Mann macht sich Vorwürfe, weil er im iranisch‑irakischen Krieg nicht als Märtyrer gefallen ist, jetzt will er Gott etwas zurückgeben. [Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2023]
Und über die Analyse von Propagandabildern auf den Straßen von Beirut macht M[…] deutlich, wie – etwa von der schiitischen Hisbollah – Märtyrer konstruiert werden. [Der Standard, 04.11.2016]
So fiel durch sein Ende ein verklärender Abglanz auf Theramenes’ Persönlichkeilt zurück; man vergaß seine Ränke und Intrigen, man verzieh ihm selbst seine Schuld im Arginusenprozeß, weil er als Märtyrer für ein Ideal gefallen war, das viele der besten Männer im Herzen trugen. [Meyer, Eduard: Geschichte des Altertums. Bd. V. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1902], S. 21594]
übertriebenDjokovics Anhänger sahen ihn [den Tennisprofi] als Opfer. Seine Kritiker stiessen sich daran, dass er als noch positiv [auf das Coronavirus] Getesteter [vor seinem Abflug zu den »Australian Open«] ein Interview gegeben und Kinder getroffen hatte. Hier, vor allem in seiner Heimat Serbien, Märtyrer, dort Buhmann. [Bote der Urschweiz, 18.01.2023]

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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Marter · Marterl · martern · Märtyrer · Martyrium
Marter f. ‘Folter, Qual, Peinigung’, ahd. martira, mart(a)ra (8. Jh.), mhd. marter, martere ‘Blutzeugnis’, besonders ‘Christi Passion, Kruzifix, Qual, Pein, Verfolgung, Folter’ ist als ein Wort des frühen Christentums entlehnt aus kirchenlat. martyrium ‘Blutzeugnis für die Wahrheit des Christentums, der christlichen Religion, Leiden, die die Märtyrer zu erdulden haben’, auch ‘Märtyrergrab, Kapelle’ (errichtet zum Gedenken an Märtyrer), griech. martýrion (μαρτύριον) ‘das Bezeugen, Zeugnis, Beweis, Zeichen’, dann auch (im Neuen Testament) ‘Verkündigung des Evangeliums, Predigt’. Das im Dt. auftretende fem. Genus beruht vielleicht auf dem Einfluß von Qual und Pein. Zugrunde liegt griech. mártys (μάρτυς), (dor.) mártyr (μάρτυρ) ‘Zeuge’, kirchensprachlich ‘Blutzeuge’, eigentlich wohl ‘Zeugnis’, Verbalnomen zu einem Verb mit der Bedeutung ‘sich erinnern’, vgl. aind. smárati ‘erinnert sich, gedenkt’, griech. mérimna (μέριμνα) ‘Sorge, Besorgnis’ und (nicht sicher) lat. memor ‘sich erinnernd, eingedenk’. Aus dem Griech. übernommenes kirchenlat. martyr gilt anfangs für den ‘Augenzeugen des Lebens und Wirkens Christi’, danach für einen Menschen, der sich trotz Folter und Tod zum Christentum bekennt (s. unten Märtyrer). Eine parallele Entwicklung erfährt martyrium. Marter bezeichnet zunächst sowohl die Passion Christi wie auch den Leidensweg der Heiligen und der Bekenner Christi, später (16. Jh.) auch die Folterung eines Gefangenen oder Verbrechers sowie das dazugehörige Gerät und geht schließlich in den (im Mhd. nur vereinzelt bezeugten) allgemeinen Gebrauch von ‘Schmerz, Not, Elend’ über. Marterl n. ‘Gedenkkreuz, -tafel am Weg für einen Unglücksfall’ (19. Jh., südostd.), deminutive Ableitung von Marter im Sinne von ‘bildliche Darstellung des Lebens und Leidens Christi, Kruzifix’ zum Gedächtnis (15. Jh.). martern Vb. ‘foltern, peinigen’, ahd. martirōn, mart(a)rōn (8. Jh.), mhd. martern, marteren ‘zum Märtyrer machen, ans Kreuz schlagen, foltern, plagen’. Märtyrer m. ‘Christ, der für seinen Glauben in den Tod gegangen ist’, dann allgemein ‘ein für sein Glaubensbekenntnis, für seine Überzeugung oder für seine politischen Ziele und Handlungen Verfolgung, Gefangenschaft, Peinigung oder Tod Erleidender’, ahd. martarāri (10. Jh.), martirāri (11. Jh.), mhd. marterære, merterære, im Nhd. bis ins 19. Jh. noch Märterer, aus lat. martyr, griech. mártyr (μάρτυρ) ‘Zeuge’, im Ahd. mit dem Suffix der Nomina agentis -āri weitergebildet; seit dem 16. Jh. in der Form Märtyrer formal wieder an das griech.-lat. Vorbild angelehnt. Martyrium n. ‘Opfertod, Blutzeugenschaft, schweres Leiden um seines Glaubens, seiner Überzeugung willen, Qual’ (19. Jh.), kirchenlat. martyrium (s. oben).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Religion
Märtyrer[Hinweis: weitere Informationen erhalten Sie durch Ausklappen des Eintrages]
Unterbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Märtyrer‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Märtyrer‹.

Zitationshilfe
„Märtyrer“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/M%C3%A4rtyrer>.

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