Gebiet der Psychologie, in dem besonders die Bedingungen für das Entstehen von Massen (1) und die Verhaltensweisen des Menschen in der Masse untersucht werden
Beispiele:
Wie die Masse Mensch mobilisiert wird oder wann und warum eine Situation eskaliert, darüber kann man vor den Text‑Zitaten an einer großen Wand grübeln. Gustave Le Bon, der Begründer der Massenpsychologie, schreibt zum Beispiel über den Einzelnen in der Masse, über »das Schwinden der bewussten Persönlichkeit«, und »die Leitung der Gedanken und Gefühle durch Beeinflussung und Übertragung in der gleichen Richtung«. [Der Spiegel, 19.06.2012 (online)]
Le Bon [französischer Mediziner, Soziologe und Begründer der Massenpsychologie] behauptet, dass Menschenmassen sich in ein neues Wesen verwandeln, ein Gemeinschaftsgeschöpf, das anders handelt und anders funktioniert als der Einzelne. Die Masse sei schlichter, begeisterungsfähiger, brutaler, irrationaler, leichtgläubiger, sprunghafter, als Individuen es sind. Intelligenz sei als Massenphänomen unmöglich. Die Masse ist dumm – diese Weisheit klingt ziemlich undifferenziert, nach einer Stammtischweisheit, aber sie beschreibt tatsächlich recht genau die Grundlage der Massenpsychologie. Falls Le Bon recht hat, ist ein Soziologenkongress in seinem gemeinsamen Arbeitspapier weniger intelligent, als jeder einzelne Soziologe es wäre, wenn er alleine nachdenkt. [Die Zeit, 10.11.2011]
Gegen eindimensionale Erklärungsversuche hebt Hofstätter (1957) in seiner Kritik der Massenpsychologie hervor, daß kollektive Verhaltensweisen nicht durch Suggestion und Nachahmung, sondern durch Kooperations‑ und Kommunikationsprozesse sowie Rollendifferenzierung und Organisationsstrukturen zustande kommen. [Heinz, Walter R.: Kollektives Verhalten. In: Asanger, Roland / Wenninger, Gerd (Hg.): Handwörterbuch Psychologie. Berlin: Directmedia Publ. 2000, S. 1649 [1980]]
Geschichte, Statistik, Staatslehre, Soziologie, Ideengeschichte, Massenpsychologie stellen also eine beliebig zu erweiternde Reihe von Wissensgebieten dar, die für den Politiker bedeutsam sind. [Mannheim, Karl: Ideologie und Utopie. Frankfurt a. M: Klostermann 1985 [1929], S. 97]