verbrieftes Recht (1) einer Minderheit
a)
Recht, das einer Minorität (bei einer Abstimmung) gegenüber der Mehrheit zuerkannt wird
Beispiele:
Der Tag, an dem die Opposition im Bundestag von ihrem
Minderheitenrecht Gebrauch machen wollte,
begann mit einer Machtdemonstration der Koalitionsfraktionen. Union und
SPD setzten den Antrag von FDP, Linken und Grünen, die Berateraffäre von
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit einem
parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufzuklären, von der
Tagesordnung ab. [Die Welt, 17.01.2019]
[…] die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses ist ein
Minderheitenrecht, für das nur ein Viertel
der Stimmen im Verteidigungsausschuss notwendig ist. Grüne, Linke und
FDP stellen zusammen elf von 36 Abgeordneten, haben damit also mehr als
die notwendigen neun Stimmen. [Die Welt, 13.12.2018]
Im Fall einer schwarz‑roten Koalition hätte die Opposition von
Linken und Grünen wenig Rechte. So sind beispielsweise für das Einsetzen
eines Untersuchungsausschusses 25 Prozent Zustimmung notwendig; Linke
und Grüne haben zusammen aber nur 20 Prozent der Parlamentssitze. Das
Quorum von einem Viertel der Abgeordneten sei zwar im Grundgesetz
verankert, er sehe jedoch kein Hindernis für das Parlament, dieses
Minderheitsrecht auszubauen und die Schwelle
etwa auf 20 Prozent zu senken, sagte der Bundestagspräsident. [Die Zeit, 23.10.2013, Nr. 43]
Das Abgeordetenhaus muss einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss einsetzen, wenn es mindestens ein Viertel seiner
Mitglieder verlangt. Dieses Minderheitsrecht kann
die CDU jedoch allein nicht geltend machen; sie hat es um ein Mandat
verfehlt. Die anderen vier Fraktionen haben sich mit der Frage eines
Untersuchungsausschusses noch nicht befasst. [Der Tagesspiegel, 12.12.2001]
Helmut Simon, der frühere Verfassungsrichter, hat zu erwägen
gegeben, das Recht zur Initiierung einer Volksbefragung als
parlamentarisches Minderheitenrecht einzuführen.
Dies hätte den Vorteil, daß der Übergang zu mehr unmittelbarer
Demokratie sehr behutsam vonstatten ginge. Man könnte sich vorstellen,
daß die parlamentarische Minderheit – also etwa: ein Viertel der
Mitglieder des Bundestages – vor der Schlußabstimmung über ein Gesetz
verlangen kann, daß das Gesetz zur Volksabstimmung gestellt wird. [Die Zeit, 31.03.1989, Nr. 14]
b)
gesetzlich gesichertes Recht einer kleinen Bevölkerungsgruppe, die sich von der Mehrheit durch Abstammung, Sprache, Kultur, Religion o. Ä. unterscheidet
Beispiele:
Der Begriff der Minderheit ist […] untrennbar mit einer durch objektive Merkmale der gemeinsamen Sprache, Religion oder Herkunft – kurz Kultur – bestimmten Gruppe verbunden, die sich durch ein eigenständiges Identitätsbewußtsein von der übrigen Bevölkerung unterscheidet. Diese Fixierung auf die objektiven und subjektiven Integrationskriterien […] bildet bis heute das Rüstzeug des Minderheitenrechts. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.01.1998]
Nach reichlicher Hin‑ und Herüberlegung sei man zum Schluss
gekommen, dass das Stück [ein Theaterstück über die Siedlungsgeschichte der indigenen Bevölkerung Kanadas] gegen kein Gesetz des
Minderheitenrechts verstoße[…]. […] Zu richten über das fertige Stück habe dann
allein das Publikum mit den ihm verfügbaren Mitteln: mit Kritik,
Auspfeifen oder Wegbleiben. [Süddeutsche Zeitung, 07.09.2018]
Obwohl die Roma nach dem europäischen
Minderheitenrecht als eine ethnische
Gemeinschaft und als sozial benachteiligte Gesellschaftsgruppe einen
doppelten Minderheitenstatus in Anspruch nehmen können, wird ihnen
dieser rechtlich noch immer nicht in allen Mitgliedstaaten
[der EU] zuerkannt. [Neue Zürcher Zeitung, 07.05.2002]
Wer von der ethnischen Vielfalt innerhalb der Türkei schreibt,
muß dazu sagen, daß es ein Minderheitenrecht in
der Türkei nicht gibt, das heißt, die ethnische Identität darf über
Volkstanzgruppen nicht hinausgehen. [Frankfurter Rundschau, 17.11.1997]
Es müßte eine Föderation mit hochrangigen
Minderheitsrechten geben, wobei jede Ethnie
das Minderheitenrecht der anderen respektieren
müßte – anders als es die heutige chauvinistische Führung Kroatiens
gegenüber der serbischen Minderheit tut. [die tageszeitung, 20.02.1993]