Nerv
m.
aus parallel verlaufenden Fasern bestehender,
von Bindegewebe umhüllter Strang des Nervensystems,
entlehnt (Anfang 16. Jh.) aus
lat.
nervus
‘Sehne, Flechse, Muskel, Nerv, aus Tiersehnen, Därmen Verfertigtes (Saite, Bogensehne, Fußfessel), Kraft, Spannkraft’,
verwandt mit
griech.
né͞uron
(
νεῦρον)
‘Sehne, Faser, Bogensehne, Schnur, Saite, Nerv’
(s.
Neuro-).
Nach Auffassung der antiken Medizin
sind Sehnen und Nerven identisch oder wesensverwandt
und werden demzufolge mit derselben Bezeichnung benannt.
Im 16. Jh. vollzieht die medizinische Fachsprache
eine begriffliche Begrenzung des Wortes auf
‘Nerv’,
die sich aber in der Allgemeinsprache erst im 19. Jh. durchsetzt.
Im
Dt. halten sich bis ins 18. Jh. die Bedeutungen
‘Band, Sehne, Muskel’
(wofür in älterer Sprache
Ader),
bis ins 19. Jh.
‘Bogensehne, Saite’;
daneben ist
Nerv
(seit Anfang 18. Jh.)
‘Leiter von Empfindungen und Bewegungen, Sinnesleiter’
(wohl unter Einfluß von
engl.
nerve)
nach der Lehre des schottischen Arztes
R. Wytt
(2. Hälfte 18. Jh.)
und der sich entwickelnden Psychiatrie,
in deren Gefolge Nervenkrankheiten zur Modeerscheinung werden.
Übertragen
(17. Jh.)
‘innere Kraft, Wesen, Gehalt’;
vgl. auch
auf die Nerven fallen
‘nervös machen’
(2. Hälfte 17. Jh.).
–
nervig
Adj.
‘sehnig, muskulös, kraftvoll’
(18. Jh.),
nervicht
(Anfang 18. Jh.).
nervös
Adj.
‘die Nerven betreffend, an schwachen Nerven leidend, reizbar, erregt’
(vgl.
nervoese und hypochondrische Krankheiten,
1758),
mit dieser Bedeutung unter Einfluß von
engl.
nervous
älteren Gebrauch
(1. Hälfte 18. Jh.)
im Sinne von
‘nervig, stark, kräftig’,
auch
‘kraftvoll, nachdrücklich’
(von Ausdruck und Rede),
nach
frz.
nerveux
(
afrz.
nervos)
‘nervig, kräftig’,
zurückdrängend.
Zuvor
(Mitte 17. Jh.)
gilt im
Dt.
nervos
‘kräftig, kernig’,
(von der Rede)
‘nachdrücklich’,
dann
(Anfang 18. Jh.)
‘mit Nerven versehen, aus Nerven bestehend’,
und
(vereinzelt Ende 17. Jh.)
nervosisch
‘mit Nerven versehen’,
beide aus
lat.
nervōsus
‘sehnig, muskulös, kraftvoll, kernig’.
Nervosität
f.
‘Nervenschwäche, Empfindlichkeit, Reizbarkeit, krankhafter Zustand der Nerven’
(1. Hälfte 19. Jh.),
nach gleichbed.
frz.
nervosité,
zuvor vereinzelt
‘Kraft, Stärke’
(Ende 18. Jh.),
nach
mfrz.
frz.
(älter)
nervosité
‘Stärke, (Widerstands)kraft, Sehnigkeit’,
dieses entlehnt aus
lat.
nervōsitās
(Genitiv
nervōsitātis)
‘Stärke einer Faser, Kraft’.
entnerven
Vb.
‘entkräften, der Nervenkraft berauben, nervlich erschöpfen’
tritt
(Ende 17. Jh.)
neben nur wenig älteres,
in demselben Sinne gebrauchtes
enervieren
Vb.
(2. Hälfte 17. Jh.),
dies nach gleichbed.
mfrz.
énerver,
afrz.
soi esnerver
‘sich verweichlichen’
(entlehnt aus
lat.
ēnervāre
‘die Nerven herausnehmen, der Nerven entledigen, schwächen, entkräften’).