Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Obdach, das

Grammatik Substantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Obdach(e)s · wird nur im Singular verwendet
Aussprache 
Worttrennung Ob-dach (computergeneriert)
Wortbildung  mit ›Obdach‹ als Erstglied: obdachlos
eWDG

Bedeutung

(vorübergehende) Unterkunft
Beispiele:
wir haben kein Obdach, suchen ein Obdach, können kein Obdach finden, sind noch ohne Obdach für diese Nacht
um (ein) Obdach bitten
jmdm. (ein) Obdach bieten, geben, gewähren
er erhielt für diese Nacht ein Obdach
ein sicheres, schützendes, billiges, notdürftiges Obdach
Wohnung
Beispiel:
durch die Überschwemmung, das Erdbeben haben viele Menschen ihr Obdach verloren
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

ob1 · Obacht · beobachten · Obdach · obdachlos · Obhut · Obmann · obliegen · Obliegenheit · obsiegen · obwalten · obgedacht · obgemeldet · obberührt · obgenannt
ob1 Präp. ‘wegen, auf Grund’, heute ungebräuchlich, jedoch bis ins jüngere Nhd. noch in gehobener oder altertümelnder Ausdrucksweise; die ursprüngliche Funktion der aus einem lokalen Adverb hervorgegangenen Präposition, ein räumliches Verhältnis anzugeben (‘oberhalb von’, vgl. den Ortsnamen Rothenburg ob der Tauber), ist nur im Schweiz. länger bewahrt, während sich sonst nahe verwandtes über (s. d.) durchsetzt. Reste des adverbiellen Gebrauchs begegnen im präfixartigen ersten Glied nominaler und verbaler Komposita (s. unten). Ahd. oba (8. Jh.), mhd. ob(e) Adv. ‘oben, oberhalb’, Präp. ‘über, oberhalb von’, aengl. ufe- (in ufeweard Adj. ‘aufwärts gerichtet, ansteigend, höher, später’, Subst. ‘Oberteil, Außenseite’), anord. of Präp. Adv. ‘auf, über, durch, zwischen, wegen, gegen’, got. uf Präp. ‘unter’ gehen wie aind. úpa ‘gegen, hin, zu’, apers. upā̌ ‘hin, bei, in’, griech. hypó (ὑπό) Präp. ‘unter’, hýpo (ὕπο) Adv. ‘unten’, lat. sub Präp. ‘unter’ auf ie. *upo, *up, *eup ‘unten an etw. heran’, dann ‘(von unten) hinauf, über’ (s. auch auf) zurück. – Obacht f. ‘Aufmerksamkeit, Beachtung, Vorsicht’ (Anfang 17. Jh.), namentlich im Obd. verbreitete Zusammensetzung mit Acht2 (s. d., daneben älteres Aufacht, zuerst 16. Jh.); heute vor allem in der Fügung Obacht geben ‘achtgeben, aufpassen’ (19. Jh., älter auch etw. in Obacht nehmen, halten, 17. Jh.); dazu beobachten Vb. ‘(über einen längeren Zeitraum) aufmerksam und genau betrachten, im Auge behalten, einhalten, sorgfältig beachten’ (Mitte 17. Jh., bis Ende des 18. Jhs. auch obachten), im wissenschaftlichen Sprachgebrauch häufig für lat. observāre, frz. observer (s. Observatorium). Obdach n. ‘(vorübergehende) Unterkunft, Bleibe’, ahd. obthah ‘Dach, schützende Einfriedung’ (10. Jh.), mhd. ob(e)dach ‘Dach, Unterkunft, Schutz, Überzug, Baumkrone’, im jüngeren Nhd. meist auf die Sphäre gehobenen Stils beschränkt; dazu von der Verwaltungssprache ausgehendes obdachlos Adj. ‘wohnungslos, ohne Bleibe’ (2. Hälfte 19. Jh., vgl. Asyl für Obdachlose, Ende 19. Jh., Obdachlosenasyl, 20. Jh.). Obhut f. ‘fürsorgliche Beaufsichtigung’ (Mitte 17. Jh.), intensivierende Zusammensetzung mit Hut2 f. (s. d.). Obmann m. ‘wer anderen übergeordnet ist, sie vertritt, Anführer, Vorsteher, Vertrauensmann’, auch ‘Schiedsrichter’, mhd. obeman; im Rechtswesen des 19./20. Jhs. Bezeichnung für den Vorsitzenden und Sprecher der Geschworenen. Als Pluralform steht Obleute (seit Ende 14. Jh.) neben Obmänner. obliegen Vb. heute nur geläufig in unpersönlicher Verwendung etw. obliegt jmdm. ‘etw. ist jmds. (dienstliche) Aufgabe’ (so seit Ende 19. Jh., zuerst obd.; älter etw. liegt jmdm. ob, um 1600), früher ebenfalls jmd. obliegt einer Sache, liegt einer Sache ob ‘jmd. beschäftigt sich mit einer Sache, befleißigt sich ihrer’ (16. Jh.), wohl nach den entsprechenden Gebrauchsweisen von lat. incumbere ‘sich worauf legen, werfen, auf jmdm. lasten’ (spätlat. ‘jmds. Aufgabe sein’); voraus geht ahd. oba liggen ‘obenauf liegen’ (9. Jh.), mhd. obe (ge)ligen ‘oben liegen, die Oberhand gewinnen, siegen, überwinden’, noch fortlebend in frühnhd. obliegen, dann im Nhd. in diesen Bedeutungen nicht mehr üblich. Zum Verb im neueren Sinne stellt sich Obliegenheit f. ‘Aufgabe, Pflicht’ (Ende 17. Jh., den seit Beginn des 16. Jhs. gebräuchlichen substantivierten Infinitiv das Obliegen ablösend). Veraltende Bildungen sind obsiegen Vb. ‘den Sieg davontragen’ (15. Jh.) und obwalten Vb. ‘die Herrschaft ausüben, lenken, leiten’, dann ‘herrschen, vorhanden sein’ (18. Jh.), die höchstens noch in gewählter Rede vorkommen, ferner vorwiegend kanzleisprachliche Partizipialadjektive wie obgedacht, obgemeldet, obberührt (16. Jh.), obgenannt (18. Jh.) ‘oben erwähnt’.

Thesaurus

Synonymgruppe
(jemandes) Zuhause · Bleibe · Domizil · Heim · Heimstatt · Herberge · Residenz · Unterkunft · Wohnstatt · Wohnstätte  ●  Apartment  engl. · Behausung  abwertend · Obdach  Amtsdeutsch · Wohneinheit  kaufmännisch · Wohnung  Hauptform · (die eigenen) vier Wände  ugs. · (jemandes) Reich  ugs., fig. · Bude  ugs., salopp · Butze  ugs., abwertend · Dach über dem Kopf  ugs. · Dach überm Kopf  ugs. · Logement  geh., franz., veraltet
Oberbegriffe
Unterbegriffe
Assoziationen
Synonymgruppe
Klause · Obdach · Unterkunft · Wohnung  ●  Bude  ugs.
Unterbegriffe
Assoziationen
  • Spitzjurte · Tipi  ●  Tschum fachspr.
  • Tipi · Zeltkote  ●  Kote fachspr. · Lávvu fachspr.

Typische Verbindungen zu ›Obdach‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Obdach‹.

Verwendungsbeispiele für ›Obdach‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Dennoch achtet er das Gastrecht und gewährt ihm für eine Nacht Obdach. [Fath, Rolf: Rollen – S. In: Reclams Opernlexikon, Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1998], S. 17012]
Doch achtet er das Gastrecht und gewährt dem Schutzlosen Obdach für diese Nacht noch. [Fath, Rolf: Werke – R. In: Reclams Opernlexikon, Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1998], S. 17930]
Die Mehrheit hält es für möglich, über Nacht das Obdach zu verlieren. [Die Zeit, 22.03.2010, Nr. 12]
Wenn man sich erst einmal satt gefressen hat, braucht man ein Obdach. [Die Zeit, 24.02.2003, Nr. 08]
Man habe ihm lange Zeit Obdach gewährt und amerikanischem Druck widerstanden; man sei auch heute bereit, ihm Sicherheit zu bieten. [Archiv der Gegenwart, 2001 [2000]]
Zitationshilfe
„Obdach“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Obdach>.

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