bildungssprachlich
a)
Beispiel, Muster; Erzählung mit beispielhaftem Charakter
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: etw., jmdn. zum Paradigma erheben
Beispiele:
Siegels und Shusters Schöpfung war nicht nur das Vorbild für das
brandneue, mediendefinierende Genre, ihr Leben war auch das tragische
Paradigma für Schöpfer, die nicht am Erfolg
ihrer Kreationen beteiligt wurden. [Süddeutsche Zeitung, 22.10.2019]
Das Höhlengleichnis ist […] ein erkenntnistheoretisches
Paradigma. [Neue Zürcher Zeitung, 13.02.2021]
Die Autoren erheben mit Marx die Arbeit zum »Gattungscharakter
des Menschen«, zum Paradigma menschlichen
Tätigseins überhaupt. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.09.2000]
[…] nach dem Tode Jesu wurden
zunächst im wesentlichen nur einzelne Sprüche und Taten Jesu von
Predigern und Missionaren mündlich weitergegeben[…]. So gehören die meisten
Gleichnisse Jesu einer der ältesten »Schichten« an, und auch die
sogenannten Paradigmen (kurze erbauliche
Erzählungen, die oft in einem Wort Jesu münden) sind älter als die
sogenannten Novellen, deren Stil dem frommer Erzählungen in anderen
Religionen entspricht. [Der Spiegel, 28.03.1966]
Die Begriffsbildung der Soziologie entnimmt
ihr Material, als Paradigmata, sehr wesentlich,
wenn auch keineswegs ausschließlich, den auch unter den Gesichtspunkten
der Geschichte relevanten Realitäten des Handelns. [Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. In: Weber, Marianne (Hg.): Grundriß der Sozialökonomik. Tübingen: Mohr 1922 [1909–1914, 1918–1920], S. 9] ungewöhnl.
b)
Summe der in einem Bereich geltenden Grundsätze; grundsätzliche WeltsichtDWDS
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein patriarchales, neoklassisches, objektorientiertes, neoliberales, kulturwissenschaftliches Paradigma; das vorherrschende, herrschende, normative, dominierende Paradigma
als Akkusativobjekt: das Paradigma verkörpern, entwickeln, wechseln
Beispiele:
Auf der Seite »Rette sich wer kann« wird das patriarchale
Paradigma beschrieben: Zu dem, was dort unter
Paradigma verstanden wird: Es ist die
Kenntnis[-], Erkenntnis‑ und
Wissens»glocke« in der wir uns als Gruppe befinden, ein Netzwerk der
Umgangsformen. Salopp gesagt: Innerhalb eines
Paradigmas werden dessen Elemente als normal
und selbstverständlich empfunden. [Das patriachale Paradigma, 01.09.2013, aufgerufen am 01.09.2020]
Die Verwerfungen durch die Pandemie rufen geradezu nach einer
Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft. Vielleicht braucht es
sogar einen neuen Gesellschaftsvertrag. Die Schweiz muss ihre
Paradigmen in vielen Bereichen überdenken,
gerade im Bereich der sozialen Sicherheit. [Neue Zürcher Zeitung, 03.03.2021]
Das Interessante ist nun, dass es durch Rawls’ Einfluss in der
anglo‑europäischen Welt dazu kam, dass das liberal‑egalitäre Denken im
Sinne des Individualismus, der Gerechtigkeit, der Freiheit und
Gleichheit gegen den Marxismus und den (Post‑)Strukturalismus zum
dominanten Paradigma der politischen Philosophie
wurde. [Der Tagesspiegel, 14.02.2021]
Erst wenn eine Wissenschaft in die Krise gerät, wenn ihre lange
nicht hinterfragten Paradigmen, also
Grundannahmen, ins Wanken geraten, dann beginnt sie zu denken. [Mittelbayerische, 23.01.2021]
In den 60ern hob Chomskys Theorie der »generativen
Transformationsgrammatik« das in der Sprachwissenschaft vorherrschende
Paradigma aus den Angeln. [Der Tagesspiegel, 07.12.2018]
Humanistische Wissenschaft, die sich Phänomenen wie Freude,
Liebe, Schmerz, Leid und Glück aussetzt, läßt sich nicht in Standards
eines naturwissenschaftlich gefärbten Wissenschaftsbegriffs pressen,
sondern arbeitet an der kreativen Erweiterung ihres
Paradigmas und ihres Methodenkanons, wobei
die Unzulänglichkeit vieler Verfahren bewußt in Kauf genommen und in den
Forschungsprozeß einbezogen wird. [Hinte, Wolfgang / Runge, Rüdiger: Humanistische Psychologie. In: Asanger, Roland / Wenninger, Gerd (Hg.): Handwörterbuch Psychologie. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1980], S. 1394]