Philister, der
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Philisters · Nominativ Plural: Philister
Aussprache [fiˈlɪstɐ]
Worttrennung Phi-lis-ter
Wortbildung
mit ›Philister‹ als Erstglied:
Philisterei
· Philistertum · Philisterzopf · philisterhaft
· mit ›Philister‹ als Letztglied: Bildungsphilister
· mit ›Philister‹ als Letztglied: Bildungsphilister
Herkunft nach
dem Ethnonym Pw‑r‑s‑tägypt
(Peleset),
pelištīmhebr
(פְּלִשְׁתִּים), woher
auch der Name Palästina
Bedeutungsübersicht
- 1. Nachbarvolk der Israeliten in der frühen Eisenzeit in und nördlich von Gaza
- 2. [bildungssprachlich, abwertend] kleinbürgerlich-engstirniger Mensch; Spießbürger
- 3. [Verbindungswesen] ...
Duden, GWDS, 1999 und DWDS
Bedeutungen
1.
Nachbarvolk der Israeliten in der frühen Eisenzeit in und nördlich von Gaza
Grammatik: nur im Plural
Beispiele:
Forscher klären die Herkunft des biblischen Volks der Philister [Überschrift] […] woher kamen die Philister, die in der Bibel als Erzfeinde der Israeliten beschrieben werden? Waren die Philister eine lokale Gruppe oder gab es eine Einwanderung in die Region, in der heute Israel und die palästinensischen Gebiete liegen? [Süddeutsche Zeitung, 05.07.2019]
Die Philister tauchten in der späten
Bronzezeit im Nahen Osten auf und besiedelten einflussreiche Städte an der
Mittelmeerküste, wie Aschkelon und Gaza. [Frankfurter Rundschau, 25.08.2020]
Saul, der erste König der Israeliten, wurde durch das Heer der
Philister besiegt, woraufhin David zum König
wurde. [Allgemeine Zeitung, 05.11.2019]
Dann finden wir ihn [Dagon] als
Hauptgott der Philister in Gaza und
Asdod[…]. [Meyer, Eduard: Geschichte des Altertums. Bd. II, 2. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1893], S. 17405]
●
Angehöriger dieses VolksDWDS
Beispiele:
David war als Nachfolger Sauls der zweite israelitische König
und lebte etwa 1004 bis 965 v. Chr. Sein Kampf mit dem
riesenhaften Philister Goliath ging als
Redewendung in unseren Sprachgebrauch ein. [Neue Westfälische, 17.10.2019]
Der schöne und musikalische Junge
[David]
besiegt den großen Philister Goliat und wird
später in Jerusalem König von Israel. [Dresdner Neueste Nachrichten, 07.02.2020]
Die Geschichte vom Kampf Davids gegen den
Philister Goliath kennt jeder. [Süddeutsche Zeitung, 05.07.2019]
2.
bildungssprachlich, abwertend kleinbürgerlich-engstirniger Mensch; Spießbürger
Beispiele:
Im Deutschen ist der »Philister« ein anderes
Wort für »Spießer« geworden, im Englischen bezeichnet man damit einen
Kulturbanausen. Diese negative Konnotation geht auf die Bibel zurück. Im
Alten Testament kommen die
Philister
nicht gut weg, sie sind die Erzfeinde der Israeliten. [Süddeutsche Zeitung, 14.07.2016]
Zwölf Briefe sind es insgesamt, in denen er [ein Schriftsteller] sich über das Gegensatzpaar des
vollkommenen Gentleman und des erbärmlichen
Philisters, des Spiessbürgers, auslässt. [Basler Zeitung, 15.02.2020]
Das Bild des Spießers ist nämlich nicht aus Beobachtung entstanden.
Es ist hergestellt worden, und zwar im wesentlichen von den Dichtern der
Romantik, mit einem kleinen Vorlauf im 18. Jahrhundert schon unter den
Dichtern des Sturm und Drang. Man sprach allerdings noch nicht von Spießern,
sondern von Philistern, und dieser Ausdruck kam von
den Studenten, die den Bürger so nannten, der keinen Sinn für ihre Späße
hatte. Mit anderen Worten: Intellektuelle und Künstler haben sich den
Spießer/Philister als Feindbild
erkoren. [Die Zeit, 06.02.2006]
Als Philister musste sich beschimpfen lassen,
wer etwas gegen neue Strömungen der Kunst oder Literatur hatte, ja der
Philister war der nächste Verwandte des
Spießbürgers und engstirnigen Konservativen. [Berliner Zeitung, 27.10.2003]
Kompositorisch wie publizistisch zog Schumanns »Davidsbund« gegen die
»Philister«, Bürger, Spießer, Akademiker,
Formalisten jeglicher Art zu Feld, am mitreißendsten im Finale des
»Carnaval«[…]. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.03.1998]
So Ist Goethe teils unendlich groß, teils wieder kleinlich, bisweilen
ist er der unbeugsame, ironische und die Welt verachtende Genius und dann
wiederum der vorsichtige, mit allen zufriedene, engstirnige
Philister. [Neues Deutschland, 28.08.1946]
3.
Verbindungswesen
a)
Nichtakademiker
Beispiele:
Die Stadt [Göttingen] sei »berühmt
durch ihre Würste und Universität«, urteilt Heinrich Heine zu Beginn
seiner »Harzreise« und lästert über die Bewohner, sie ließen sich
kategorisieren in »Studenten, Professoren,
Philister und Vieh« – der Viehstand sei der
bedeutendste. [Hamburger Abendblatt, 11.04.2020]
In dieser Zeit [nach 1806] wird der
Student stets mit dem Philister, seinem
Gegenspieler, in einem Atemzuge genannt. In einem in Halle erschienenen
Studenten‑Lexikon liest man: »Philister heißt in
der Sprache der Studenten alles, was nicht Student ist; insonderheit
werden Bürger, welche Studenten im Hause wohnen haben, so genannt.
[…]« [Die Welt, 26.11.2007]
[…] im vertrauten Bonner Kaffeehaus verkehren Akademiker wie Philister. [Die Zeit, 01.01.1982]
Die Studenten aber, die diese Universität besuchen,
unterscheiden sich sehr von dem, was sich auch heute noch einige
Philister unter einem Studenten vorstellen. [Die Zeit, 13.12.1951]
b)
nicht mehr studierendes oder aktives männliches Mitglied einer StudentenverbindungDWDS; Alter HerrDWDS
Beispiele:
Nach dem Abschluss des Studiums ziehen sich die Alten Herren,
auch Philister genannt, aus dem aktiven Teil des
Verbindungslebens zurück. [Der Standard, 27.10.2014]
Doch die beiden »Philister«, die
Bezeichnung für »Alte Herren«, waren nicht diejenigen mit der weitesten
Anreise. [Fränkischer Tag, 09.09.2019]
»Idealerweise haben wir so viele Ehemalige, dass wir uns
irgendwann ein Haus leisten können«, sagt Jessica. Andere
Studentenverbindungen haben mehr als 100 dieser sogenannten
Philister, die dann das Verbindungshaus
unterhalten, die aktiven Mitglieder wohnen dann sehr günstig in diesem
Haus. [Hamburger Abendblatt, 15.04.2014]
In Koblenz wird der Philisterzirkel Confluentia als
Ferienverbindung für katholische Studenten und als Anlaufstelle der im
Beruf stehenden ehemaligen Aktiven (Philister)
gegründet. [Rhein-Zeitung, 13.03.2012]
Dort [in einer rechtsradikalen Zeitung] hat ein Dr. Eduard W[…] von der Prager Burschenschaft Ghibellinia zu Saarbrücken geschrieben, Sie seien dabei, die 30.000 Burschenschafter – Aktive und Philister zusammen gezählt [sic!] – »rötlich einzufärben«, und es würden »bestimmt mehr Burschenschafter der NPD nahestehen als der SPD«. [Der Spiegel, 17.06.1968]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Philister · philiströs
Philister m. ‘kleinbürgerlich-engstirniger Mensch, Spießbürger’. In der Bibel sind Philister Plur. (Luther; zuvor auch Philistier, Philistiner nach kirchenlat. Philistaeī, Philistīnī, Vulgata) die Angehörigen eines nichtsemitischen Volkes an der Küste Palästinas, eines Nachbarvolkes der Israeliten, nach dem Alten Testament die Feinde des von Gott auserwählten Volkes der Juden. Zugrunde liegt hebr. (Plur.) Pelištīm, eigentlich ‘Einwanderer’. In den Streitschriften des späteren 16. Jh. und des 17. Jhs. werden die Gegner von Gottes Wort Philister genannt. In der Sprache der Studenten, besonders der sich als Gottes auserwählte Schar empfindenden Theologiestudenten, wird die Bezeichnung auf deren Feinde, die ‘Stadtsoldaten’ und ‘Polizisten’ (in Jena 1687, in anderen Universitätsstädten im 18. Jh. bezeugt), dann auf den ‘Nichtakademiker’ und den ‘im Berufsleben stehenden Alten Herrn’ übertragen. Von daher dringt das Wort in der 2. Hälfte des 18. Jhs. in die Literatursprache (Goethe) und steht für den ‘kleinbürgerlichen, beschränkten Geist, den Bürger mit enger, bedächtiger, ängstlicher Lebensauffassung, den Spießer’. – philiströs Adj. ‘philisterhaft, kleinbürgerlich-engstirnig, beschränkt, spießig’ (19. Jh.), französierende Bildung.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Biedermann ·
Kleinbürger ·
Kleinkarierter ·
Konventionalist ·
Philister ·
Spießbürger ·
Spießer ·
Traditionalist ●
Bünzli ugs., schweiz.
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Assoziationen |
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Assoziationen |
Alter Herr (Studentenverbindung) ·
Philister
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Typische Verbindungen zu ›Philister‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Philister‹.
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