Prosodie, die
GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Prosodie · Nominativ Plural: Prosodien · wird selten im Plural verwendet
Aussprache [pʀozoˈdiː]
Worttrennung Pro-so-die · Pros-odie
Wortbildung
mit ›Prosodie‹ als Erstglied:
prosodisch
Herkunft zu prosōdíagriech
(προσῳδία)
‘Betonung, Akzent’, eigentlich ‘was zum Gesang hinzukommt’ < prósgriech (πρός) ‘hinzu’ + ōdḗgriech (ᾠδή) ‘Gesang, Lied’
Bedeutungsübersicht
- 1. [Verslehre] Lehre von den für die Versstruktur bedeutsamen Erscheinungen der Sprache wie Silbenlänge, Betonung o. Ä.; Lehre von der Messung der Silben nach Länge und Tonhöhe
- 2. [Dichtkunst] rhythmische Gliederung eines poetischen Werks
- 3. [Musik] ausgewogenes Verhältnis zwischen musikalischen und textlichen Einheiten, von Ton und Wort
- 4. [Sprachwissenschaft] für die Gliederung der Rede bedeutsame sprachlich-artikulatorische Erscheinungen wie Akzent, Intonation, Pausen o. Ä.
Duden, GWDS, 1999 und DWDS
Bedeutungen
1.
Verslehre Lehre von den für die Versstruktur bedeutsamen Erscheinungen der Sprache wie Silbenlänge, Betonung o. Ä.; Lehre von der Messung der Silben nach Länge und Tonhöhe
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die klassische Prosodie
Beispiele:
Bei Chars Gedicht handelt es sich weniger um nach den Regeln der
Prosodie verfasste Lyrik als vielmehr um 27
programmatisch formulierte Beschwörungen und Provokationen, die als eigene
Poetologie des Dichters gelesen werden können. [Neue Zürcher Zeitung, 21.03.2015]
Kritische Zeitgenossen wussten schon vor der Reform, dass nur wenige
Menschen die Voraussetzung für eine Beherrschung der osmanischen Hochsprache
mitbrachten: Dazu gehörten gute Kenntnisse der arabischen und persischen
Morphologie, ein umfangreicher Wortschatz in beiden Sprachen und die
Elemente der klassischen Metrik und
Prosodie. [Süddeutsche Zeitung, 08.01.2015]
[Schauspieler Fabrice] Luchini gilt beispielsweise
als ein begnadeter Rezitator der Verse von La Fontaine. Hört man jedoch
genau hin, verstösst er laufend gegen die Regeln der klassischen
französischen Prosodie. [Neue Zürcher Zeitung, 04.05.2009]
Doch warum schreibt
ein polnischer Altphilologe, der über die »Prosodie
der griechischen Lehnwörter bei Plautus« promoviert hat, Krimis? [Süddeutsche Zeitung, 29.01.2009]
Aber die frommen Dichter verstanden die klassische
Prosodie nicht mehr. Sie machten unaufhörlich
Donatschnitzer, schmückten dafür ihre Verse mit Alliterationen und
Assonanzen aus und erfanden endlich die neue poetische Form, den Reim, dem
wir schon bei Ambrosius begegnen. Humanisten und Oberlehrer mögen sich über
den Versbau dieser altchristlichen Lyrik entsetzen. [Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1910], S. 25188]
2.
Dichtkunst rhythmische Gliederung eines poetischen WerksDWDS
Beispiele:
Wenn Sie ein Gedicht hören oder rezitieren, können Sie sich entweder
stärker auf den Inhalt konzentrieren oder auf die
Prosodie. [Welt am Sonntag, 01.02.2015]
[…] vier sonst nirgends vertonte Gedichte
ergänzte der Komponist Stefan Heucke. Wobei der Ansatz der einzelnen Lieder
dem Schumanns oft überraschend ähnelt, echte »Gegenvertonungen« selten sind.
Stimmung und Prosodie von Heines Gedichten machen da
wohl doch einiges an unausweichlichen
Vorgaben. [Süddeutsche Zeitung, 22.09.2018]
In einem Interview mit der »NZZ« tat die Lyrikerin Monika Rinck
Wagners Gedichte als »zum Sonett gestampfte Gartenmöbel« ab und insinuierte
(= unterstellte)
damit,
dass sie inhaltlich derartig tumb seien, dass auch die
Prosodie, die Wagner zweifellos beherrscht,
nichts mehr wettmache. [Die Welt, 28.10.2017]
Im Wesentlichen hat
[Dirigent Mario] Venzago die vokalen Melodien an
Prosodie und Bedeutung der neuen Texte angepasst. [Neue Zürcher Zeitung, 15.09.2016]
Die Th. (= Thomaspsalmen) lassen eine
westaramäische Grundlage erkennen und haben in
Prosodie und Strophenbau frappante Parallelen in
der Poesie der Mandäer. [Colpe, C.: Thomaspsalmen. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1962], S. 32745]
3.
Musik ausgewogenes Verhältnis zwischen musikalischen und textlichen Einheiten, von Ton und Wort
Beispiele:
Unter musikalischer Deklamation im engeren Sinne versteht man einen Teil der Prosodie, des Verhältnisses zwischen Ton und Wort: »richtige« oder »falsche« Betonung […] der Wörter mit Hilfe der Elemente der Musik, des Rhythmus und der Diastematie, d. i. des Höhenunterschiedes. [Engel, Hans: Deklamation. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1954], S. 16251]
[Manfred]
Trojahn komponierte den Halbstünder für eine Beethoven‑Besetzung und den
herausragenden Bariton Holger Falk. Der trägt das in einer transluziden
Prosodie vor, halb gesungen, halb gesprochen,
unaffektiert, bannend und berührend. [Die Welt, 05.03.2020]
Die Sänger wiederum überboten sich gegenseitig in der Pflege des
Dauervibratos, blieben auf den Schlusssilben sitzen, als gäbe es keine
Prosodie, und zeigten zum Teil erhebliche Mühe
mit den Koloraturen. [Neue Zürcher Zeitung, 10.08.2013]
4.
Sprachwissenschaft für die Gliederung der Rede bedeutsame sprachlich-artikulatorische Erscheinungen wie Akzent, Intonation, Pausen o. Ä.
Kollokationen:
in Koordination: Grammatik und Prosodie
Beispiele:
Isabell Wartenburger und Sandra Hanne erforschen, wie wir einen Satz
durch Tonfall, Akzente oder Intonation variieren. Das, was die
Sprachwissenschaft als Prosodie bezeichnet, kann die
Bedeutung des Gesagten stark verändern. [Der Tagesspiegel, 21.09.2019]
In Martinowitschs Parabel »Mova« berauschen sich die
zeitgenössischen Dichter an den als »primitiv« und »bäuerlich« verrufenen
Silben und Wörtern, der Prosodie der Sätze. [Der Tagesspiegel, 25.09.2020]
Schnell klärte sich, dass die Prosodie, also der Wortklang der Stimme während des Vorlesens[,] ein wichtiger Aspekt im frühkindlichen Vorlesen ist, welcher [sowohl] die Fantasie der Kinder, die Lust am Lesen und späteren Lernen als auch schlussendlich den eigenen Wortklang und die Aussprache des Kindes fördert. [Neue Westfälische, 23.03.2017]
Es muss natürlich ein gekonntes, interpretationsfähiges Sprechen sein, kein Privatjargon. Der Fachausdruck dafür lautet: »stilisierte Alltagssprache«. Diese klingt zwar wie die ganz gewöhnliche Alltagssprache. Aber der Unterschied zum privaten Sprechen, so H[…], liege »in den Gedankenimpulsen, die sich den Zuhörern über die Prosodie vermitteln«, also über Rhythmus, Melodie, Sprechgeschwindigkeit. [Süddeutsche Zeitung, 30.04.2016]
Er legt da gelegentlich Anschauungen über mittellateinische
Prosodie und Grammatik zutage, die gerade in
einer dem Mittellatein gewidmeten Zeitschrift stark befremden müssen. [Jahresberichte für deutsche Geschichte, 1927, S. 187]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Prosodie f. Lehre von der Messung der Silben, der Versstruktur sowie der Intonation, entlehnt (17. Jh.) aus lat. prosōdia, griech. prosōdía (προσῳδία) ‘Betonung, Akzent’, eigentlich ‘was zum Gesang hinzukommt’, zu griech. ōdḗ (ᾠδή) ‘Gesang, Lied’ und prós (πρός) ‘hinzu’.
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