Schuld
f.
‘Zahlungsverpflichtung, Vergehen, Unrecht, Ursache (von etw. Bösem), Verantwortung (für etw.)’,
ahd.
sculd
‘(Zahlungs)verpflichtung, Vergehen, Missetat, Buße, Verdienst, Ursache’
(8. Jh.),
mhd.
schulde,
schult,
scholt,
asächs.
skuld,
mnd.
schult,
mnl.
scult,
nl.
schuld,
aengl.
scyld,
anord.
schwed.
skuld
(
germ.
*skuldi-)
ist ein mit
ti-Suffix
zu dem unter
sollen
(s. d.)
behandelten Präteritopräsens gebildetes Abstraktum.
Verwandt sind
lit.
skolà
und
kaltė͂
‘Schuld’,
apreuß.
skallīsnan
(Akkusativ Sing. Fem.)
‘Pflicht’.
Schuld
bezeichnet zunächst eine
‘Verpflichtung oder Leistung’,
die einem obliegt,
dann speziell die
‘Verpflichtung zu einer Geldzahlung, die aus einem Darlehen erwächst’
und steht sowohl für
‘entliehenes, zurückzuzahlendes Geld’
als auch
(vom Gläubiger her gesehen)
für
‘verliehenes Geld, Guthaben’.
Bereits im
Ahd. nimmt
Schuld
(unter kirchlichem Einfluß)
über
‘Verpflichtung zur Buße’
die Bedeutung
‘Missetat, Vergehen, begangenes Unrecht’
an.
Daraus entwickelt sich in rechtssprachlicher Verwendung
‘Anklage, Anschuldigung, zur Last gelegtes Verbrechen, Beschuldigung’
(vgl.
mhd.
schult geben),
‘Ursache, Grund’
(für die Konsequenzen und Folgen eines Vergehens,
vgl.
mhd.
einer sache schulde hān,
nhd.
Schuld haben an etw.,
mhd.
einem schulde geben,
nhd.
die Schuld geben).
Aus Wendungen wie
er hat (die) Schuld
entwickelt sich (etwa im 16. Jh.)
prädikatives
schuld
Adj.
Adv.
‘schuldig’.
schulden
Vb.
‘jmdm. zu einer Leistung, besonders zur Rückzahlung eines Geldbetrags, verpflichtet sein, jmdm. etw. verdanken’,
ahd.
sculdōn
‘verschulden, verdienen’
(10. Jh.,
gisculdōn,
9. Jh.),
sculden
‘verschulden, verdienen, schuldig sprechen’
(9. Jh.),
mhd.
schulden
‘schuldig sein, bleiben, sich schuldig machen, verpflichtet sein, beschuldigen, anklagen’.
schuldig
Adj.
‘verpflichtet (etw. zu leisten oder zu zahlen), Urheber, Ursache, Anlaß für etw. darstellend’,
ahd.
sculdīg
‘schuldend, verpflichtend, verpflichtet, zugehörig, geeignet’
(8. Jh.),
mhd.
schuldic,
schuldec.
schuldigen1
Vb.
‘anklagen, bezichtigen’,
ahd.
sculdigōn
(um 1000),
mhd.
schuldigen.
Davon abgeleitet
Schuldiger1
m.
‘Beschuldigender, Ankläger, Gläubiger’,
mhd.
schuldigære,
schuldiger.
Daneben
(selten)
schuldigen2
Vb.
‘Schuld tragen, schuldig sein’,
ahd.
sculdigen
(10. Jh.).
Davon abgeleitet
Schuldiger2
m.
‘wer Schuld auf sich geladen hat, Straffälliger, Missetäter, Beklagter’,
ahd.
sculdiger
(11. Jh.),
mhd.
schuldigære,
schuldiger.
Biblisch:
… wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
Vaterunser
(
Matth. 6, 12),
mhd.
… als wir tuon unsern schuldigæren,
in der Übersetzung von
lat.
dēbitōribus nostris
(
Vulgata),
griech.
opheilétais ḗmōn
(
ὀφειλέταις ἡμῶν).
beschuldigen
Vb.
‘die Schuld geben, anklagen, bezichtigen’,
mhd.
beschuldigen
‘anklagen’;
vgl.
ahd.
sculdī̌gōn
‘beschuldigen’
(um 1000).
anschuldigen
Vb.
‘die Schuld geben, bezichtigen’,
mhd.
aneschuldigen.
entschuldigen
Vb.
‘verzeihen, erklären und damit um Verständnis bitten’,
mhd.
entschuldigen
‘von der Schuld befreien, lossagen, freisprechen’.
Schuldner
m.
‘wer einem Gläubiger Geld zurückzahlen muß’,
frühnhd.
schuldener
‘Schuldner’
und
‘Gläubiger’
(15. Jh.).
Unschuld
f.
‘Schuldlosigkeit, moralische Reinheit’,
ahd.
unsculd
(8. Jh.),
mhd.
unschult,
-schulde.
unschuldig
Adj.
‘schuldlos, moralisch untadelig’,
ahd.
unsculdīg
(8. Jh.),
mhd.
unschuldic,
-schuldec
‘frei von Schuld, schuldlos, unverschuldet, nicht gebührend’.