Sitte, die
GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Sitte · Nominativ Plural: Sitten
Aussprache
Worttrennung Sit-te
formal verwandt mitgesittet
Wortbildung
mit ›Sitte‹ als Erstglied:
Sittenapostel
· Sittenbild · Sittencodex · Sittendarstellung · Sittendezernat · Sittengemälde · Sittengeschichte · Sittengesetz · Sittenkodex · Sittenlehre · Sittenlehrer · Sittenmaler · Sittenmalerei · Sittenpolizei · Sittenpostulat · Sittenprediger · Sittenreinheit · Sittenrichter · Sittenroman · Sittenschilderung · Sittenstrenge · Sittenstrolch · Sittenstück · Sittenverderbnis · Sittenverfall · Sittenverwilderung · Sittenwächter · sittenlos · sittenrein · sittenstreng · sittenwidrig · sittsam
· mit ›Sitte‹ als Letztglied: Barbarensitte · Bauernsitte · Bestattungssitte · Landessitte · Tischsitte · Unsitte · Urvätersitte · Verkehrssitte · Volkssitte · Vätersitte
· mit ›Sitte‹ als Letztglied: Barbarensitte · Bauernsitte · Bestattungssitte · Landessitte · Tischsitte · Unsitte · Urvätersitte · Verkehrssitte · Volkssitte · Vätersitte
Mehrwortausdrücke
andere Länder, andere Sitten ·
andere Zeiten, andere Sitten ·
nach alter Väter Sitte
Bedeutungsübersicht
- 1. auf Tradition und Gewohnheit beruhende, in einer bestimmten sozialen Gruppe, Gemeinschaft übliche und für den einzelnen oft als verbindlich geltende menschliche Verhaltensform, Verhaltensregel, Gepflogenheit, Brauch
- ⟨etw. ist Sitte⟩ etw. ist üblich
- 2. zum Bereich der Moral gehörende Verhaltensregeln und Verhaltensweisen mit unterschiedlichem Klassencharakter
- 3. [veraltet] Synonym zu Sittenpolizei
eWDG
Bedeutungen
1.
auf Tradition und Gewohnheit beruhende, in einer bestimmten sozialen Gruppe, Gemeinschaft übliche und für den einzelnen oft als verbindlich geltende menschliche Verhaltensform, Verhaltensregel, Gepflogenheit, Brauch
Beispiele:
eine alte, gute, schöne, von den Vätern ererbte Sitte
raue, wilde Sitten
umgangssprachlich, scherzhafthier herrschen strenge Sitten!
umgangssprachlich, spöttischdas sind ja ganz neue Sitten!
die Sitten und Gebräuche eines Volkes
die Sitte will es, verlangt, dass …
eine Sitte achten, einhalten, verletzen
sich der (starren) Sitte fügen, unterwerfen
mit einer Sitte brechen
er war nach der herrschenden Sitte (= Mode) seiner Zeit gekleidet
2.
zum Bereich der Moral gehörende Verhaltensregeln und Verhaltensweisen mit unterschiedlichem Klassencharakter
a)
Gesamtheit moralischer Werte und Regeln, Sittlichkeit, Gesittung
Beispiele:
die gute Sitte, Anstand und Sitte (be)wahren, verletzen
auf (Anstand und) Sitte halten, sehen
Grammatik: Singular selten
Beispiele:
die guten Sitten beobachten, einhalten, pflegen
gegen alle guten Sitten verstoßen
eine Lockerung, der Verfall der Sitten
b)
durch moralische Werte und Regeln bedingte Verhaltensweisen, Benehmen, Umgangsformen, Manieren
Grammatik: nur im Plural
Beispiele:
ein Mensch von, mit guten, schlechten, sonderbaren Sitten
bei Tisch hielt sie auf kulturvolle Sitten
sprichwörtlichschlechte Beispiele verderben gute Sitten
3.
veraltet Synonym zu Sittenpolizei
Grammatik: nur im Singular
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Sitte · Unsitte · sittlich · Sittlichkeit · unsittlich · sittsam · Sittenlehre
Sitte f. ‘Brauch, Gewohnheit, (moralischer) Anstand’, ahd. situ (8. Jh.), mhd. site ‘Art und Weise, wie man lebt und handelt, Volksart, -brauch, Gewohnheit, Beschaffenheit, Anstand’ (ursprünglich m., durch häufigen pluralischen Gebrauch bereits spätmhd. f.), asächs. sidu, mnd. sēde, sedde, mnl. sēde, nl. zede, afries. side, aengl. sidu, anord. siðr, schwed. sed, got. sidus (germ. *sedu- m.). Herkunft nicht geklärt. Die übliche Herleitung vergleicht aind. svadhā́ ‘Eigenheit, Eigenkraft, Charakter, gewohnte Art, Gewohnheit’, griech. éthos (ἔθος, aus *ϝέθος, ie. *su̯édhos) ‘Gewohnheit, Brauch, Übung’, lat. sodālis ‘Genosse, Kamerad, Gefährte, Mitglied einer Gemeinschaft’ und geht von ie. *su̯ē̌dh- aus, in dem eine Bildung zum Pronominalstamm ie. *seu̯e- (s. sich) gesehen wird. Dagegen erklärt das stammhafte i in aengl. in: Münchener Studien zur Sprachwiss. 6 (1955) 129 sidu und anord. siðr für alt (also nicht aus e hervorgegangen). Aus dem gleichen Grunde lehnt die oben vorgetragene Etymologie (also auch die Verbindung mit griech. Lehm (1951) 41 éthos) ab und schließt die germ. Formen von Sitte an die unter Saite und Seil (s. d.) behandelten Substantive an, so daß Sitte (im Ablaut zu Saite stehend) als ‘Verbindendes, Bindung’ gedeutet werden kann. – Unsitte f. ‘Anstand und Benehmen Zuwiderlaufendes’, ahd. unsitu (9. Jh.), mhd. unsite ‘üble Gewohnheit, Aufgebrachtheit, Zorn, unfeines oder grobes Benehmen’. sittlich Adj. ‘der Sitte, Moral entsprechend, moralisch’ (15. Jh.), ahd. situlīh (um 800), mhd. sitelich ‘dem Brauch gemäß, ruhig, milde, bescheiden, anständig’. Sittlichkeit f. ‘Wohlanständigkeit, Moral’ (Anfang 16. Jh.). unsittlich Adj. ‘unanständig, anstößig, unmoralisch’, ahd. unsitulīh (um 800), mhd. unsitelich ‘ungehörig, unziemlich, unpassend’. sittsam Adj. ‘brav, ehrbar, geziemend’ (15. Jh.), ahd. situsam ‘passend, geeignet’ (8. Jh.). Sittenlehre f. ‘Lehre von den Sitten, der Moral und Ethik, Moralphilosophie’ (17. Jh.).
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Oberbegriffe |
|
Assoziationen |
|
Brauch ·
Gepflogenheit ·
Konvention ·
Sitte ·
Usus ●
Spielregel(n) ugs., fig. ·
Usance fachspr. ·
Usanz fachspr., schweiz.
Oberbegriffe |
|
Assoziationen |
|
Oberbegriffe |
|
Typische Verbindungen zu ›Sitte‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Sitte‹.
Anstand
Anstandsrest
Brandbestattung
Brauch
Gastland
Gebrauch
Gepflogenheit
Gewohnheit
Herkommen
Metaphysik
Moral
Männerkindbett
Opiumrauchen
Unsitte
Verfall
Verrohung
Verwilderung
Witwenverbrennung
Zutrinken
althergebracht
barbarisch
höfisch
landesüblich
rau
rauh
verderben
verlottert
verstoßen
Verwendungsbeispiele für ›Sitte‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
In solchen Ländern ist wenig Raum für die Ausbildung verfeinerter Sitten.
[Ball, Hugo: Vom Universalstaat. In: Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1918], S. 1173]
Nur einige wenige Hütten aus ältester Zeit hatten nach orientalischer Sitte keine Fenster gegen die Straße zu.
[Werfel, Franz: Die Vierzig Tage des Musa Dagh I, Stockholm: Bermann – Fischer 1947 [1933], S. 46]
Selbst sehr einleuchtende kulturfremde Sitten erweisen sich bei genauerem Nachsehen doch als unverständlich.
[Gehlen, Arnold: Urmensch und Spätkultur, Bonn: Athenäum 1956, S. 91]
Dann wäre diese gegenwärtige Sitte geträumte Geschichte wie unsere Sprache.
[Heimpel, Hermann: Der Mensch in seiner Gegenwart. In: ders., Der Mensch in seiner Gegenwart, Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 1957 [1951], S. 16]
Jahrhunderte vergingen, bis schließlich die Technik über die alten Sitten obsiegte und die handschriftliche Verbreitung von Texten, weil sie schwerer lesbar waren, sozial inakzeptabel wurde.
[C’t, 2000, Nr. 12]
alphabetisch vorangehend | alphabetisch nachfolgend |
---|---|
Sitcom Sitieirgie Sitiomanie Sitomanie Sitophobie |
Sittenapostel Sittenbild Sittencodex Sittendarstellung Sittendezernat |
selten | häufig | |||||
Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.
Weitere Wörterbücher
- Deutsches Wörterbuch (¹DWB)
- Deutsches Wörterbuch, Neubearbeitung (²DWB)
- Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)
Belege in Korpora
Referenzkorpora
Metakorpora
Zeitungskorpora
Webkorpora
Spezialkorpora
- DTA-Erweiterungen (1465–1969)
- Archiv der Gegenwart (1931–2000)
- Polytechnisches Journal
- Filmuntertitel
- Gesprochene Sprache
- DDR
- Politische Reden (1982–2020)
- Bundestagskorpus (1949–2017)
- Soldatenbriefe (1745–1872)
- Korpus Patiententexte (1834–1957)
- A. v. Humboldts Publizistik (dt., 1790–1859)
- Nachrichten aus der Brüdergemeine (1819–1894)
- Der Neue Pitaval (1842–1890)
- Briefe von Jean Paul (1780–1825)
- Deutsche Kunst und Dekoration (1897–1932)
- Neuer Deutscher Novellenschatz (1884–1887)
- stimm-los – Wiedergefundene Perlen der Literatur
- Wikibooks-Korpus
- Wikipedia-Korpus
- Wikivoyage-Korpus
- Gesetze und Verordnungen (1897–2023)