Stichwahl, die
ZDL-Vollartikel
Bedeutung
letzter (meist zweiter) Wahlgang bei einer Mehrheitswahl zwischen denjenigen Kandidaten, die in einem vorhergehenden (meist ersten) Wahlgang zwar die meisten Stimmen erzielt, aber dabei die für eine Wahl erforderliche (absolute) Mehrheit der Stimmen verfehlt haben
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die geplante, entscheidende, bevorstehende Stichwahl
als Akkusativobjekt: die Stichwahl gewinnen, für sich entscheiden, verlieren, erreichen
in Präpositionalgruppe/-objekt: in die Stichwahl kommen, gehen, müssen; sich in der Stichwahl durchsetzen; über jmdn. in einer Stichwahl entscheiden; bei einer Stichwahl antreten; in einer Stichwahl gewählt werden
mit Genitivattribut: die Stichwahl des Präsidenten, des Oberbürgermeisters
als Aktivsubjekt: die Stichwahl findet statt, entscheidet über etw., jmdn., beginnt, ist vorgesehen
hat Präpositionalgruppe/-objekt: die Stichwahl um das Präsidentenamt, um die Präsidentschaft, gegen den Amtsinhaber, um das Bürgermeisteramt
als Genitivattribut: das Ergebnis, der Ausgang, der Sieger, die Wiederholung der Stichwahl
Beispiele:
Die Mehrzahl der Sitze in der französischen Nationalversammlung wird
erst am nächsten Sonntag in der Stichwahl vergeben.
Nur jene 58 Kandidaten, die am Sonntag mehr als 50 Prozent der Stimmen in
ihrem Wahlkreis erhielten, haben es bereits geschafft. [Süddeutsche Zeitung, 11.06.2002]
S[…], der seit 2019 Mitglied im
Kreistag ist, hatte sich Anfang Mai in einer
Stichwahl überraschend mit 61,9 Prozent der
Stimmen gegen W[…] durchgesetzt. Die scheidende
Landrätin blieb der formellen Ernennung ihres Nachfolgers
[…] fern. [Schweriner Volkszeitung, 18.06.2021]
Bei Wahlen ist gewählt, wer die meisten der abgegebenen gültigen
Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit findet eine
Stichwahl zwischen den Kandidaten statt, die die
gleiche Stimmenzahl auf sich vereinen. Gewählt ist dann derjenige, der die
meisten Stimmen in der Stichwahl erhält. Bei gleicher
Stimmenanzahl in der Stichwahl entscheidet die Stimme
des Vorsitzenden. [Satzung – DGVS, 12.10.2016, aufgerufen am 31.08.2020]
Heute finden in 41 Kommunen Stichwahlen um das
Amt des Oberbürgermeisters, des Bürgermeisters oder des Landrats statt. Im
ersten Wahlgang am 25. Mai erhielt dort kein Kandidat die erforderliche
Mehrheit. [Welt am Sonntag, 15.06.2014]
Nachdem drei Bewerber ihre Kandidatur [für den Posten des Wehrleiters bei der Feuerwehr] zurückgezogen hatten,
konnte auch im zweiten Wahlgang keiner der verbliebenen die notwendige
Mehrheit erzielen. So bedurfte es eines dritten Wahlgangs; nach den
gesetzlichen Vorgaben war das eine Stichwahl zwischen
den zwei Kandidaten, die im zweiten Wahlgang die meisten Stimmen
erhielten. [Allgemeine Zeitung, 15.07.2006]
Das Grimmsche Wörterbuch weiß, daß der Begriff
Stichwahl im Sinne von »letzter entscheidender
Wahl zwischen zwei Kandidaten« erst seit dem späten 19. Jahrhundert
gebräuchlich ist. Die Herkunft des Begriffs Stichwahl
ist nicht völlig gesichert. Am wahrscheinlichsten scheint aber die
Herleitung aus dem mittelalterlichen Turnierwesen beziehungsweise aus dem
bürgerlichen Stechen zu sein: Kampfspiele, die in Nachahmung der
ritterlichen Turniere im ausgehenden Mittelalter von den Städten abgehalten
wurden. [Stichwahl. In: Aktuelles Lexikon 1974–2000. München: DIZ 2000 [1996]]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Stich · Stek · stichhaltig · Stichprobe · Stichtag · Stichwahl · Stichwort
Stich m. ‘Einbohren eines spitzen Gegenstandes, die dadurch entstandene Wunde, Einstechen einer Nadel (mit Faden), das dadurch entstehende Fadenmuster, stechender Schmerz, steile Anhöhe, beginnende Fäulnis’, ahd. stih (um 900), mhd. stich, auch ‘Knoten, Punkt, Augenblick, abschüssige Stelle, steile Anhöhe’, asächs. stiki, mnd. stēk(e), mnl. stēke, nl. steek, aengl. stice, engl. stitch, got. stiks ‘Stich, Punkt’ (germ. *stiki-) steht als Verbalabstraktum zu den unter stechen (s. d.) angeführten Wurzelerweiterungen ie. *(s)teg- bzw. *(s)teig-, *(s)tig- ‘stechen, spitz’. Die Wendung im Stich lassen ‘bei Gefahr allein lassen, verlassen’ (15. Jh., geläufig seit 17. Jh.) bedeutet eigentlich ‘im Stich des Gegners lassen’ (beim ritterlichen Turnier). Aus dem Nd. wird übernommen Stek m. seemännischer ‘Knoten’ (20. Jh.), im Anschluß an mnd. stēk(e) (s. oben), eigentlich ‘Stich’, hier ‘das Durchgesteckte’. stichhaltig Adj. ‘unwiderlegbar, überzeugend’ (um 1800); vgl. Stich halten ‘standhalten, sich als zuverlässig erweisen’ (16. Jh.), wohl ebenfalls aus dem ritterlichen Turnierwesen stammend. Stichprobe f. ‘Prüfung ausgewählter einzelner Exemplare’ (19. Jh.), eigentlich ‘beim Abstich des Schmelzofens entnommene Probe’ (16. Jh.). Stichtag m. ‘für etw. Bestimmtes (durch Auswahl) festgelegter Tag’ (18. Jh.), vgl. mnd. stēkedach. Stichwahl f. ‘zwischen zwei Kandidaten eine Entscheidung herbeiführende Wahl’ (19. Jh.); nach dem Schützenschießen, wo bei Gleichstand die besten Schützen mit einem letzten Schuß um den Erfolg stechen (17. Jh.), entsprechend dem entscheidenen Lanzenstechen im ritterlichen Turnier. Stichwort n. ‘stechendes, verletzendes Wort’ (15. Jh.), ‘für einen bestimmten Zweck aus einem Zusammenhang herausgenommenes Wort, letztes Wort eines Schauspielers, nach dem ein anderer einsetzt’ (18. Jh.), ‘Lemma, behandeltes Wort in Lexika’, im Plural ‘Anhaltspunkte, Gedanken für den Aufbau einer Rede, eines Aufsatzes’ (19. Jh.), in den letztgenannten modernen Verwendungen im Sinne von ‘hervorstechendes, herausgestochenes Wort’.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Stechen ·
Stichwahl
Oberbegriffe |
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Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›Stichwahl‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Stichwahl‹.
Ausgang
Bestplatzierte
Ergebnis
Kandidat
Präsidentschaftswahl
Sieger
Wiederholung
abgehalten
allfällig
anberaumt
angesetzt
annulliert
aufgehoben
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entfallen
entscheiden
erzwingen
etwaig
eventuell
gewinnen
moegliche
qualifizieren
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