toll
Adj.
‘verrückt, nicht bei Sinnen, ausgelassen, wild, großartig, unglaublich, schlimm’,
steigernd
‘sehr groß, stark’,
älter auch
‘geistesgestört, tollwütig’,
ahd.
tol
(9. Jh.),
mhd.
tol,
dol
‘töricht, unsinnig’,
asächs.
aengl.
nl.
dol,
mnd.
dul,
mnl.
dol,
dul,
engl.
dull
‘dumm, schwerfällig, stumpf(sinnig)’
führen auf
germ.
*dwula-
‘getrübt, umnebelt, verwirrt’.
Verwandt sind
anord.
dul
‘das Verbergen, Torheit, Hochmut’,
isl.
dulinn
‘eingebildet’,
(hochstufig)
mnd.
dwal,
dwel
‘irre’,
got.
dwals
‘töricht’
und die Verben
ahd.
twelan
‘säumig sein, einschlafen’
(8. Jh.),
irtwelan
‘betäubt, kraftlos sein, verwelken’
(9. Jh.),
mhd.
-tweln,
asächs.
fardwelan
‘versäumen’,
mnd.
dwēlen
‘irren’,
aengl.
gedwolen
(Part. Prät.)
‘verirrt, beirrt’,
schwach flektierend
ahd.
twellen
‘zurückhalten, verweilen, säumen’
(9. Jh.),
mhd.
twellen
‘verzögern, (sich) aufhalten, weilen’,
asächs.
dwellian
‘aufhalten, hindern’,
anord.
dvelja
‘verzögern, sich aufhalten’,
ferner
ahd.
twāla
‘Verzug, Verzögerung, Überdruß’
(9. Jh.).
Außergerm. vergleichen sich
griech.
tholós
(
θολός,
aus
*θϝολός)
‘Schlamm, Schmutz, der dunkle Saft des Tintenfisches’,
tholerós
(
θολερός)
‘schlammig, trübe, verwirrt’,
air.
kymr.
korn.
bret.
dall
‘blind’,
so daß
ie.
*dh(e)u̯el-
‘aufwirbeln, trüben, trübe, dunkel, geistig schwach’
angesetzt werden kann,
eine
l-Erweiterung
der Wurzel
ie.
*dheu-,
*dheu̯ə-
‘stieben, wirbeln, wehen, blasen’
(s.
Dunst).
tollen
Vb.
‘ausgelassen, fröhlich, lärmend spielen, umherlaufen, -springen’
(Anfang 16. Jh.),
mhd.
in
ertoln
‘toll, vermessen werden’;
vgl.
aostnfrk.
gidolōn
‘sich überheben’
(9. Jh.),
mnd.
dullen
‘toll, närrisch sein, werden, rasen, unsinnig machen’.
Tollheit
f.
‘das Tollsein, Verrücktheit, verrückte, närrische Tat, Handlung’,
ahd.
tolaheit
‘Torheit’
(9. Jh.),
mhd.
tol(e)heit
‘törichtes Wesen’.
Tollhaus
n.
früher für
‘Irrenhaus’
(17. Jh.),
daher die Wendung
es geht zu wie in einem Tollhaus.
Tollkirsche
f.
Nachtschattengewächs mit braunen Blüten
und kirschenähnlichen, schwarzen, giftigen, Alkaloide enthaltenden Beeren,
die nach Genuß Erregungs- und Verwirrtheitszustände bewirken
(1600).
tollkühn
Adj.
‘sehr kühn, verwegen’
(17. Jh.),
mnd.
dulkȫne
‘unüberlegt, unbesonnen’
(15. Jh.);
vgl.
frühnhd.
ein toller küner man
(16. Jh.).
Tollwut
f.
bei warmblütigen Tieren vorkommende gefährliche,
einen Zustand von Übererregtheit hervorrufende Viruskrankheit,
die durch den Speichel kranker Tiere
auch auf den Menschen übertragen werden kann
(Ende 18. Jh.),
älter
tolle Wut
(1. Hälfte 18. Jh.).