das Tollsein; Verrücktheit, Unsinnigkeit
Tollheit, die
Grammatik Substantiv (Femininum)
Aussprache
Worttrennung Toll-heit
Grundform
↗toll
Wortbildung
mit ›Tollheit‹ als Letztglied:
↗Liebestollheit
Duden GWDS, 1999
Bedeutungen
a)
b)
verrückte, überspannte, närrische Handlung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
toll · tollen · Tollheit · Tollhaus · Tollkirsche · tollkühn · Tollwut
toll
Adj.
‘verrückt, nicht bei Sinnen, ausgelassen, wild, großartig, unglaublich, schlimm’,
steigernd
‘sehr groß, stark’,
älter auch
‘geistesgestört, tollwütig’,
ahd.
tol
(9. Jh.),
mhd.
tol,
dol
‘töricht, unsinnig’,
asächs.
aengl.
nl.
dol,
mnd.
dul,
mnl.
dol,
dul,
engl.
dull
‘dumm, schwerfällig, stumpf(sinnig)’
führen auf
germ.
*dwula-
‘getrübt, umnebelt, verwirrt’.
Verwandt sind
anord.
dul
‘das Verbergen, Torheit, Hochmut’,
isl.
dulinn
‘eingebildet’,
(hochstufig)
mnd.
dwal,
dwel
‘irre’,
got.
dwals
‘töricht’
und die Verben
ahd.
twelan
‘säumig sein, einschlafen’
(8. Jh.),
irtwelan
‘betäubt, kraftlos sein, verwelken’
(9. Jh.),
mhd.
-tweln,
asächs.
fardwelan
‘versäumen’,
mnd.
dwēlen
‘irren’,
aengl.
gedwolen
(Part. Prät.)
‘verirrt, beirrt’,
schwach flektierend
ahd.
twellen
‘zurückhalten, verweilen, säumen’
(9. Jh.),
mhd.
twellen
‘verzögern, (sich) aufhalten, weilen’,
asächs.
dwellian
‘aufhalten, hindern’,
anord.
dvelja
‘verzögern, sich aufhalten’,
ferner
ahd.
twāla
‘Verzug, Verzögerung, Überdruß’
(9. Jh.).
Außergerm. vergleichen sich
griech.
tholós
(θολός,
aus
*θϝολός)
‘Schlamm, Schmutz, der dunkle Saft des Tintenfisches’,
tholerós
(θολερός)
‘schlammig, trübe, verwirrt’,
air.
kymr.
korn.
bret.
dall
‘blind’,
so daß
ie.
*dh(e)u̯el-
‘aufwirbeln, trüben, trübe, dunkel, geistig schwach’
angesetzt werden kann,
eine
l-Erweiterung
der Wurzel
ie.
*dheu-,
*dheu̯ə-
‘stieben, wirbeln, wehen, blasen’
(s.
↗Dunst).
tollen
Vb.
‘ausgelassen, fröhlich, lärmend spielen, umherlaufen, -springen’
(Anfang 16. Jh.),
mhd.
in
ertoln
‘toll, vermessen werden’;
vgl.
aostnfrk.
gidolōn
‘sich überheben’
(9. Jh.),
mnd.
dullen
‘toll, närrisch sein, werden, rasen, unsinnig machen’.
Tollheit
f.
‘das Tollsein, Verrücktheit, verrückte, närrische Tat, Handlung’,
ahd.
tolaheit
‘Torheit’
(9. Jh.),
mhd.
tol(e)heit
‘törichtes Wesen’.
Tollhaus
n.
früher für
‘Irrenhaus’
(17. Jh.),
daher die Wendung
es geht zu wie in einem Tollhaus.
Tollkirsche
f.
Nachtschattengewächs mit braunen Blüten
und kirschenähnlichen, schwarzen, giftigen, Alkaloide enthaltenden Beeren,
die nach Genuß Erregungs- und Verwirrtheitszustände bewirken
(1600).
tollkühn
Adj.
‘sehr kühn, verwegen’
(17. Jh.),
mnd.
dulkȫne
‘unüberlegt, unbesonnen’
(15. Jh.);
vgl.
frühnhd.
ein toller küner man
(16. Jh.).
Tollwut
f.
bei warmblütigen Tieren vorkommende gefährliche,
einen Zustand von Übererregtheit hervorrufende Viruskrankheit,
die durch den Speichel kranker Tiere
auch auf den Menschen übertragen werden kann
(Ende 18. Jh.),
älter
tolle Wut
(1. Hälfte 18. Jh.).
Thesaurus
Psychologie
Synonymgruppe
↗(ein) Irrsinn
·
↗(ein) Wahnsinn
·
↗(ein) Wahnwitz
·
↗(eine) Narrheit
·
(eine) Tollheit
·
↗(eine) Torheit
·
↗(eine) Verdrehtheit
·
↗(eine) Verrücktheit
●
↗(eine) Narretei
geh., veraltet
·
↗Fadaise
geh., franz.
·
↗Insania
geh.
Assoziationen |
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Synonymgruppe
↗Eskapade
·
↗Kapriole
·
↗Schelmenstreich
·
↗Streich
·
↗Tollerei
·
Tollheit
·
↗Verrücktheit
·
närrischer Einfall
●
↗Mätzchen
ugs.
Assoziationen |
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Typische Verbindungen zu ›Tollheit‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Tollheit‹.
Verwendungsbeispiele für ›Tollheit‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Irgendwann aber, zwischen allen karnevalistischen Tollheiten, sieht man plötzlich auch diese Szene.
Süddeutsche Zeitung, 01.03.2003
Draußen wuchs das häßliche Lärmen an einsamen Häusern in unmäßige Tollheit.
Die Zeit, 10.03.1949, Nr. 10
Ich saß inmitten der Tollheiten wie ein Fels in der wogenden Schunkelei.
Wallraff, Günter: Ganz unten, Berlin: Aufbau-Verl.1986 [1985], S. 14
Also war es diesen Fanatikern gelungen, andere mit ihrer Tollheit anzustecken.
Wolf, Christa: Der geteilte Himmel, Halle (Saale): Mitteldeutscher Verl. 1963, S. 77
Deutsches Volk, welche Tollheit und wessen Tollheit mußt du hier ausschwitzen!
Plievier, Theodor: Stalingrad, München u. a.: Desch 1973 [1946], S. 391
Zitationshilfe
„Tollheit“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Tollheit>, abgerufen am 25.02.2021.
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