Tyrann, der
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular 1: Tyrannen · Genitiv Singular 2: selten Tyranns · Nominativ Plural: Tyrannen
Aussprache
Worttrennung Ty-rann
Wortbildung
mit ›Tyrann‹ als Erstglied:
Tyrannei
· Tyrannenart · Tyrannenhass · Tyrannenjoch · Tyrannenmord · Tyrannenmörder · Tyrannin · tyrannisch · tyrannisieren
· mit ›Tyrann‹ als Letztglied: Ehetyrann · Familientyrann · Haustyrann · Schultyrann
· mit ›Tyrann‹ als Letztglied: Ehetyrann · Familientyrann · Haustyrann · Schultyrann
Herkunft zu týrannosgriech (τύραννος) ‘unumschränkter Herrscher, Allein-, Gewaltherrscher’, besonders ‘wer sich ungesetzlich die Herrschaft im Staate anmaßt’
Bedeutungsübersicht
Duden, GWDS, 1999 und DWDS
Bedeutungen
1.
a)
Gewaltherrscher, Despot
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein allmächtiger, skrupelloser, verhasster, wahnsinniger Tyrann
als Akkusativobjekt: den Tyrannen besiegen, stürzen, töten
in Präpositionalgruppe/-objekt: der Aufstand, Kampf, Widerstand gegen den Tyrannen
Beispiele:
Historiker bescheinigen Nero erfolgreiche erste Regierungsjahre, bevor er später zum verhassten Tyrannen wurde. [Die Zeit, 07.05.2016 (online)]
Grundsätzlich sind Tyrannen Herrscher, die ihre Macht ohne Legitimation ausüben, demokratietheoretisch also jeder Diktator, sogar ein König oder ein Fürst. Zur fehlenden Legitimation muss allerdings auch eine brutale Machtherrschaft hinzukommen. Die Unterdrückung des eigenen Volkes, willkürliche Gewaltanwendung, die Gewalt der Gewalt wegen machen aus einem Diktator einen Tyrannen. [Welt am Sonntag, 23.10.2011]
Und während Tyrannen wie Hitler oder Stalin von Ideologien des Totalitarismus beseelt waren, pflegte der bullige Engländer [Winston Churchill] die Werte von Parlamentarismus und Demokratie. [Neue Zürcher Zeitung, 13.03.2010]
Er [Wilhelm Tell] zieht sich so lange auf Haus und Familie sowie auf seine Ungebundenheit als Wildschütz zurück, bis der Tyrann Geßler von ihm das Äußerste verlangt, indem er ihn zwingt, auf den eigenen Sohn zu schießen. [Safranski, Rüdiger: Friedrich Schiller, München Wien: Carl Hanser 2004, S. 503]
Tyrannenmord meint freilich nicht den tödlichen Angriff auf den Tyrannen von außen, durch Soldaten oder Söldner anderer Mächte, sondern den Angriff von innen – also eine Tat, die aus der Mitte des Volkes kommt, das den Gewalttaten des Diktators ausgeliefert ist. [Tyrannenmord. In: Aktuelles Lexikon 1974–2000. München: DIZ 2000 [1999]]
b)
im antiken Griechenland unumschränkt, ohne gesetzliche Bindungen herrschender Alleinherrscher; (grausamer) Gewaltherrscher
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: der blutrünstige, grausame Tyrann
als Genitivattribut: der Tod, die Vertreibung, das Joch, die Herrschaft, die Macht, der Sturz des Tyrannen
als Passivsubjekt: der Tyrann wird ermordet, gestürzt
Beispiele:
514 vor Christus wurde in Athen der Tyrann Hipparchos von einem Attentäter ermordet – dies gilt als Geburtsstunde der Demokratie. [Neue Zürcher Zeitung, 02.11.2011]
Erst […] bei Solon [griechischer Staatsmann um 600 v. Chr.] erschien der Tyrann zum ersten Mal als skrupelloser Machthaber. In der aristotelischen Verfassungslehre wurde der König in dem Maße zum Tyrannen, in dem er seinen Willen über das Gesetz stellte und zu seinem eigenen Vorteil herrschte. [Süddeutsche Zeitung, 03.04.2008]
Immer wieder mischt Sparta sich in die inneren Angelegenheiten dieser [Korinth und Megara] und anderer poleis (= antike, griechische Stadtstaaten) Griechenlands ein und setzt nach Belieben Tyrannen ab; sogar in Athen versuchen spartanische Könige die Stadtpolitik zu lenken. [Der Spiegel, 12.08.2004 (online)]
Der Tyrann von Syracus hatte eine goldene Krone geschenkt bekommen. Aber wie alle Tyrannen war er mißtrauisch und fürchtete, daß sie mit Silber versetzt sein könnte. Um sicherzugehen, erteilte er dem berühmten Archimedes den Auftrag, zu untersuchen, ob sie wirklich aus purem Gold bestand. [Schwanitz, Dietrich: Bildung, Frankfurt a. M.: Eichborn 1999, S. 473]
2.
abwertend autoritäre Person, die ihre Stellung, Macht dazu missbraucht, andere, besonders Abhängige, Untergebene, zu tyrannisieren, zu unterdrücken; Despot
Beispiele:
Miriam wächst in der kenianischen Provinz auf, mal bei der Tante, mal bei ihrer Oma und manchmal auch bei den Eltern. Ihr Vater ist Polizist, ein Tyrann, der die Mutter aus dem Haus grault und die Kinder blutig schlägt. [Die Zeit, 19.08.1999]
In Thomas Manns Jahrhundertroman »Buddenbrooks« wird Hannos Lehrer Dr. Mantelsack als ein Tyrann mit dünnem Haar und einem »krausen Jupiter‑Bart« geschildert. [Welt am Sonntag, 28.08.2016]
scherzhaftIn letzter Zeit häufen sich mal wieder die Berichte, die Eltern von heute würden eine Generation kleiner Tyrannen großziehen. Die meisten Kinder seien sozial gestört, nicht mehr belastbar und schlicht total verzogen. [Bild am Sonntag, 01.05.2016]
Doch kaum der elterlichen Autorität entronnen, begab sich die aufstrebende Aktrice [Kristina Söderbaum] in die nächste Abhängigkeit – und ehelichte den 13 Jahre älteren Regisseur Veit Harlan: einen eifersüchtigen, von seiner Arbeit besessenen Tyrannen und Perfektionisten. [Der Spiegel, 05.09.2012 (online)]
Seinen Chef beschreibt […] [der Angestellte] als wütenden Tyrannen, der keinen Widerspruch duldete und seinen Mitarbeitern heimlich die Post vom Tisch nahm. [Süddeutsche Zeitung, 06.10.2000]
3.
(in Nord- und Südamerika lebender) meist unscheinbar braun, grau und grünlich befiederter Vogel
Beispiele:
Pitangus sulphuratus, ein »schwefelgelber Tyrann«, englisch »kiskadee«, ist dort [in Südamerika] ein allseitig bekannter Vogel, auffallend, aggressiv, laut, der den Luftraum über Baumwipfeln und Hausdächern in der Stadt geradezu beherrscht[…]. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.11.2005]
Dafür sind Zugvögel [im Gebiet des Amazonas] weit seltener, als etwa in den Regenwäldern Mittelamerikas. Auch die Tyrannen, sonst tropische Allerweltsvögel, die ihren Namen dem bei einigen Arten aggressiven Revierverhalten verdanken, sind überraschenderweise recht spärlich vertreten. [Bild der Wissenschaft auf CD-ROM, 1998 [1997]]
Schreivögel (Clamatores), Unterordnung der Sperlingsvögel, mit unvollkommenem Stimmapparat, meist amerik. Vögel. Hierher die Fruchtvögel, Tyrannen etc. [Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1906], S. 2521]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Tyrann · Tyrannei · tyrannisch · tyrannisieren
Tyrann m. ‘Gewaltherrscher, Despot’, spätmhd. tiranne, tyranne, entlehnt aus lat. tyrannus, griech. týrannos (τύραννος) ‘unumschränkter Herrscher, Allein-, Gewaltherrscher’, besonders ‘wer sich ungesetzlich die Herrschaft im Staate anmaßt’. Im Dt. zunächst im politischen Bereich ‘Usurpator, Diktator, Despot’, ohne pejorativen Nebensinn ‘Herrscher, König, Regent’, dann (1. Hälfte 16. Jh.) auch allgemein ‘wer anderen seinen Willen rücksichtslos aufzwingt, herrschsüchtiger Mensch’. – Tyrannei f. ‘Gewaltherrschaft, despotische Unterdrückung’, frühnhd. tyranney (2. Hälfte 15. Jh.), mnd. tirannīe (2. Hälfte 14. Jh.), Bildung (unter Einfluß von afrz. tiranie, tyrannie?) zur voraufgehenden Personenbezeichnung; vgl. spätlat. tyrannia, griech. tyrannía (τυραννία) ‘Königsherrschaft, unumschränkte, angemaßte Herrschaft, Allein-, Gewaltherrschaft’. Im Dt. schon früh übertragen ‘herrschsüchtige Unterdrückung, Zwang, unduldsames Verhalten eines Menschen’ (1. Hälfte 16. Jh.). tyrannisch Adj. ‘(in einem Staatswesen) unumschränkt, despotisch herrschend, die Macht, Herrschaft gewaltsam an sich reißend’ (2. Hälfte 15. Jh.), ‘anderen seinen Willen rücksichtslos aufzwingend, herrschsüchtig, herrisch’ (1. Hälfte 16. Jh.); vgl. lat. tyrannicus, griech. tyrannikós (τυραννικός) ‘dem Alleinherrscher gehörig, ihm angemessen, königlich, gewalttätig, despotisch’. tyrannisieren Vb. ‘willkürlich, gewalttätig regieren, grausam herrschen, jmdm. seinen Willen aufzwingen’ (1. Hälfte 16. Jh.), mfrz. frz. tyranniser.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Politik
Diktator ·
Gewaltherrscher ·
Tyrann ·
Unterdrücker ·
uneingeschränkter Machthaber ●
Despot geh. ·
Zwingherr geh., historisch
Oberbegriffe |
|
Unterbegriffe |
|
Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›Tyrann‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Tyrann‹.
Autokrat
Bösewicht
Diktator
Ermordung
Griff
Herrschaft
Joch
Massenmörder
Oedipus
Prototyp
Sturz
Typus
Tötung
Usurpator
Vertreibung
apokalyptisch
athenisch
blutrünstig
gestürzt
grausam
herrschen
klebend
mörderisch
pervers
schildern
sizilisch
stürzen
verjagen
Ödipus
alphabetisch vorangehend | alphabetisch nachfolgend |
---|---|
Typung Typus Typusbildung Typzulassung Tyramin |
Tyrannei Tyrannenart Tyrannenhass Tyrannenjoch Tyrannenmord |
selten | häufig | |||||
Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.
Weitere Wörterbücher
- Deutsches Wörterbuch (¹DWB)
- Deutsches Wörterbuch, Neubearbeitung (²DWB)
- Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)
Belege in Korpora
Referenzkorpora
Metakorpora
Zeitungskorpora
Webkorpora
Spezialkorpora
- DTA-Erweiterungen (1465–1969)
- Archiv der Gegenwart (1931–2000)
- Polytechnisches Journal
- Filmuntertitel
- Gesprochene Sprache
- DDR
- Politische Reden (1982–2020)
- Bundestagskorpus (1949–2017)
- Soldatenbriefe (1745–1872)
- Korpus Patiententexte (1834–1957)
- A. v. Humboldts Publizistik (dt., 1790–1859)
- Nachrichten aus der Brüdergemeine (1819–1894)
- Der Neue Pitaval (1842–1890)
- Briefe von Jean Paul (1780–1825)
- Deutsche Kunst und Dekoration (1897–1932)
- Neuer Deutscher Novellenschatz (1884–1887)
- stimm-los – Wiedergefundene Perlen der Literatur
- Wikibooks-Korpus
- Wikipedia-Korpus
- Wikivoyage-Korpus
- Gesetze und Verordnungen (1897–2023)