Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Unterwerfung, die

Grammatik Substantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Unterwerfung · Nominativ Plural: Unterwerfungen
Aussprache  [ˌʊntɐˈvɛʁfʊŋ]
Worttrennung Un-ter-wer-fung
Wortzerlegung unterwerfen -ung
Wortbildung  mit ›Unterwerfung‹ als Erstglied: Unterwerfungsgebärde · Unterwerfungsgeste · Unterwerfungsklausel
ZDL-Vollartikel

Bedeutungen

1.
das Unterwerfen (1) eines Volkes, Landes o. Ä. mit militärischer Gewalt; das Sichunterwerfen des militärisch Unterlegenen
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die blutige, gewaltsame, kriegerische, totale, völlige Unterwerfung
mit Genitivattribut: die Unterwerfung der Stämme, der Ungläubigen
hat Präpositionalgruppe/-objekt: die Unterwerfung unter jmds. Herrschaft
Beispiele:
Der Unternehmer [Cecil Rhodes] spielte eine große Rolle in der kolonialen Unterwerfung des südlichen Afrikas durch Großbritannien. [Verständnis für Proteste gegen Rassismus, 09.06.2020, aufgerufen am 01.09.2020]
Zahlreiche kleine Kolonnen durchstreiften das Land, um durch rasche Schläge und kühne Unternehmungen, besonders wohl durch Zerstören der Dörfer und Wegtreiben des Viehes, die Stämme zur Unterwerfung zu zwingen. [Berliner Tageblatt (Abend-Ausgabe), 05.03.1908]
Die Osterweiterung stand schon vor tausend Jahren am Anfang der europäischen Geschichte. Sie begann mit der gewalttätigen Germanisierung der Slawenstämme, aber es blieb nicht bei blutigen Unterwerfungen. [Die Zeit, 29.04.2004]
[…] Globalisierung […] [beginnt] mit Kolumbus’ Entdeckung und Unterwerfung der Neuen Welt, ist also alles andere als ein historisches Spezifikum am Ende des 20. Jahrhunderts. [Beck, Ulrich: Was ist Globalisierung? Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1997, S. 66]
2.
allgemeiner
Kollokationen:
mit Genitivattribut: die Unterwerfung der Frau
hat Präpositionalgruppe/-objekt: die Unterwerfung unter eine Autorität, ein Dogma, Gesetze, jmds. Diktat, Kontrolle, Willen
als Genitivattribut: ein Akt, ein Ritual der Unterwerfung
a)
Vorgang, jmdn. durch Ausübung von Macht, Einschüchterung, Zwang oder Gewalt gefügig zu machen
Beispiele:
Ganz offen geht es bei den diktierten sexuellen Normen um die Unterwerfung der Frau und die Machtausübung des Mannes. [Schwarzer, Alice: Der »kleine Unterschied« und seine großen Folgen. Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch-Verl. 1977 [1975], S. 195]
Die Unterwerfung eines Großteils der Medien hat [dem türkischen Präsidenten] Erdogan nicht geholfen. [Die Welt, 25.06.2019]
Nach der Frühphase [des NS-Regimes] 1933/34, in der die vielen oft improvisierten Lager der totalen Unterwerfung und Einschüchterung Zehntausender ohnehin besiegter politischer Gegner dienten, blieben zunächst nur einige KL (= Konzentrationslager) mit wenigen Häftlingen bestehen: Im Oktober 1934 gab es gerade einmal 2.400 KL‑Gefangene, im August 1944 waren es fast 300‑mal so viele, nämlich 71.4211. [Süddeutsche Zeitung, 06.06.2016]
b)
Vorgang, sich jmds. Herrschaft, Dominanz oder Gewalt zu beugen, sich einer Situation oder bestimmten Bedingungen, Einflüssen zu fügen, sie zu akzeptieren
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: bedingungslose, blinde, demütige, freiwillige, totale, völlige Unterwerfung
als Akkusativobjekt: jmds. Unterwerfung erzwingen, fordern, verlangen
als Genitivattribut: eine Geste, ein Zeichen der Unterwerfung
Beispiele:
In der folgenden Szene küßt er in einer Kette von hündischen Unterwerfungen seinem »Befreier« die Füße. [Die Zeit, 13.03.1970]
Bei der Jagd nach Likes und der Unterwerfung unter die »Eitelkeitsmetrik« geht genau das verloren, was die Plattform angeblich einmal ausgezeichnet hat: Authentizität, Diversität, der Umstand, dass jeder seine eigene Welt genau so zeigen kann, wie er will. [Welt am Sonntag, 16.06.2019]
Offenbar wirken sich dabei [bei der selbstzerstörerischen Tendenz mancher Menschen] unter anderem frühe Bindungserfahrungen aus[…]. Ein Mangel an liebevoller Zuwendung, an echter Akzeptanz des eigenen Wesens durch enge Bezugspersonen, später das Gefühl, nur durch Unterwerfung unter die Erwartungen anderer akzeptiert zu sein. [Welt am Sonntag, 31.07.2016]
[…] in dieser Glitzerwelt [einer neuen Ausprägung der Arbeitswelt] geht es um »Selbstverwirklichung« – angeblich. Wirklich geht es um den Auskratzen auch der allerletzten Ressource eines jeden Mitarbeiters und einer jeden Mitarbeiterin für den Unternehmensprofit: Psychologie als Peitsche, Gruppenkultur als Zwang, Identifikation als Unterwerfung. [Doku-Film Arbeitswelt: Wo es kalt wird, 01.06.2012, aufgerufen am 01.09.2020]
Statt Mitarbeitern und Assistenten ein Beispiel unabhängigen Denkens zu geben, lebten Dozenten und Professoren dem wissenschaftlichen Nachwuchs im Normalfall geistige Unterwerfung und soziale Anpassung vor. [Engler, Wolfgang: Die Ostdeutschen. Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2000 [1999], S. 195]
3.
Unterordnung einer Sache unter den Tatbestand einer (rechtlichen) Norm oder bestimmter Bedingungen
siehe auch Subsumtion (2)
Beispiele:
Beschleunigt wird diese Entwicklung [des Bedeutungsverlustes deutscher Literatur für den Deutschunterricht] offenbar durch die Unterwerfung des deutschen Schulwesens unter internationale Bildungsstandards. [Süddeutsche Zeitung, 25.08.2009]
Jan Marcus R[…] regt […] an, Presseverlagen die Möglichkeit zu geben, der Unterwerfung unter das Rundfunkrecht zu widersprechen. [Die Welt, 10.12.2019]
Hinzu kommen [als Grund für die geringe Bereitschaft, Organe zu spenden] Ängste vor einer Unterwerfung des Körpers unter Verwertungsinteressen […]. [Die Welt, 06.06.2007]
4.
Abhängigkeit von einer Sache, das Unterworfensein (2)
Beispiele:
Von jetzt an [seit Erfindung der mechanischen Uhr] war die weitere Entwicklung, die Unterwerfung unter das Joch der Zeit, unvermeidlich[…]. [Die Zeit, 08.05.1992]
Ist die Utopie der Freiheit erst einmal realisiert, ist es keine Utopie mehr, es sind nunmehr die früheren, überwundenen, unterdrückten Formen, die ganz allmählich zu einer Utopie werden. Damit wir uns recht verstehen: Es handelt sich nicht um die Utopie einer historisch überholten Form der Beziehung von Herr und Knecht, sondern um eine Aneinanderreihung von Formen, um eine Unterwerfung unter den Kreislauf des Werdens, unter die Regel der Metamorphosen. [Basler Zeitung, 09.09.2000]
Die Tragödie betont die Unerbittlichkeit der Zeit, die Verfallenheit an den Tod und die Unterwerfung unter die Gesetze der Gesellschaft und der Natur. [Schwanitz, Dietrich: Bildung. Frankfurt a. M.: Eichborn 1999, S. 212]

letzte Änderung:

Thesaurus

Synonymgruppe
Assoziationen
Synonymgruppe
Beugemann · Bückling · Ergebenheitsbekundung · Kniefall · Kotau · Kratzfuß · Selbsterniedrigung · Unterwerfung  ●  Unterwerfungsgeste  Hauptform · Proskynese  geh., veraltet, historisch
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Unterwerfung‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Unterwerfung‹.

Zitationshilfe
„Unterwerfung“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Unterwerfung>.

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