Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.
eWDG

Bedeutungen

1.
richterlicher Entscheid im Zivilprozess oder Strafprozess, der den endgültigen oder teilweisen Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens bildet
Beispiele:
ein gerechtes, hartes, mildes Urteil
ein salomonisches (= sehr weises) Urteil
der weltweite Protest gegen dieses barbarische Urteil
das Urteil ist rechtskräftig, rechtsgültig, rechtswidrig
das Urteil ergeht gegen N
ein Urteil fällen, vollziehen, vollstrecken
in dieser Sache ist das Urteil noch nicht gesprochen (= diese Sache ist noch nicht entschieden)
das Urteil wird im Namen des Volkes verkündet
die mitwirkenden Richter und Schöffen unterzeichnen das Urteil
ein Urteil anfechten, aufheben
Juraein Urteil kassieren
Juragegen ein Urteil Berufung einlegen
übertragenmit dieser Erklärung hat er sich selbst das, sein Urteil gesprochen (= hat er sich bloßgestellt, sich berechtigter Kritik ausgesetzt)
denn nun mußte das Urteil fallen [ le FortTor65]
das Urteil lautet auf Todesstrafe, zu vollziehen durch Erschießen [ SteinbergUhren425]
2.
Meinung, Ansicht, Einschätzung
Beispiele:
ein sicheres, treffendes, abgewogenes, ruhiges, leidenschaftsloses, sachliches, reifes, vernichtendes, vorschnelles Urteil
das unbestechliche Urteil der Sachverständigen
ein gesundes Urteil (= Urteilsvermögen) haben
die Fachleute haben darüber noch kein einhelliges Urteil
er konnte sich [Dativ] noch kein Urteil über die Sachlage bilden
N hat über dieses Werk ein vernichtendes Urteil abgegeben
ich will Ihrem Urteil nicht vorgreifen, glaube aber, dass …
ich maße mir kein Urteil an, nur möchte ich zu bedenken geben, dass …
er hat sich [Dativ] sein endgültiges Urteil noch vorbehalten
er hatte […] ein kluges Urteil, kein vorwitziges, frühreifes [ Feuchtw.Füchse723]
Ich habe darüber natürlich gar kein Urteil und kaum Vermutungen [ Neue Rundschau1957]
3.
Wissenschaft Inhalt einer Widerspiegelung eines Sachverhaltes

Dieses Wort ist Teil des Wortschatzes für das Goethe-Zertifikat B1.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Urteil · urteilen · aburteilen · Aburteilung · beurteilen · Beurteilung · verurteilen · Verurteilung · Urteilskraft · Urteilsvermögen
Urteil n. ‘richterliche Entscheidung, Meinung, Ansicht, Einschätzung’. Die unterschiedlich gebildeten Substantive ahd. urteili n. (8. Jh.), urteilī f. (9. Jh.), urteila f. (9. Jh.), urteil m. n. (9. Jh.), urteilida f. (um 800), mhd. urteil(e), urtel, urteilde n. f. ‘richterliche Entscheidung, Urteil, Meinung, Ausspruch, Entscheidung’, asächs. urdēli n., mnd. ōrdēl n., mnl. o(o)rdeel, nl. oordeel n., aengl. ordāl m. n., engl. ordeal (‘Gottesurteil’) stehen als Abstrakta zu dem unter erteilen (s. Teil) behandelten Verb (zur unterschiedlichen Lautgestalt des Präfixes s. ur- und er-). Urteil wird von Anfang an in dem rechtssprachlichen Sinne ‘Zuteilung (des Rechts)’ gebraucht; die verallgemeinerte Bedeutung ‘Meinung, Ansicht’ entwickelt sich in der mystischen Literatur des Mittelalters. Neutrales Genus setzt sich im 18. Jh. durch. – urteilen Vb. ‘ein Urteil fällen, eine feste Meinung, Ansicht haben und aussprechen, einschätzen’, mhd. urteilen ‘ein Urteil sprechen, be-, verurteilen’, älteres gleichbed. erteilen verdrängend. aburteilen Vb. ‘rechtskräftig verurteilen’ (Anfang 17. Jh.), zuvor ‘eine Rechtssache, einen Prozeß durch (gerichtliches) Urteil entscheiden’ (Ende 15. Jh.), ‘beurteilen’ (Anfang 16. Jh.); vgl. mnd. afōrdēlen ‘gerichtlich aberkennen’; Aburteilung f. (2. Hälfte 18. Jh.). beurteilen Vb. ‘ein Urteil abgeben, bewerten, abschätzen, begutachten’ (Anfang 16. Jh.); vgl. mnd. beȫrdēlen, beōrdēlen ‘urteilen, Urteil finden über’; Beurteilung f. ‘Bewertung, Einschätzung, Begutachtung’ (1. Hälfte 17. Jh.). verurteilen Vb. ‘durch Gerichtsbeschluß eine Strafe über jmdn. verhängen, ablehnend beurteilen, ablehnen’, mhd. verurteilen ‘richterlich entscheiden, ein Urteil verkünden’; vgl. mnd. vorȫrdēlen ‘gerichtlich verurteilen, abfällig urteilen über’; Verurteilung f. (2. Hälfte 16. Jh.). Urteilskraft f. ‘Fähigkeit, sachlich zu urteilen’ (17. Jh., neben Urteilungskraft und Urteilenskraft). Urteilsvermögen n. (18. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Beschluss · Entscheidung · Entschluss · Ratschluss · Urteil · Wille  ●  Entscheid schweiz.
Unterbegriffe
Assoziationen

Jura
Entscheid · Entscheidung · Spruch · Urteil · Urteilsspruch  ●  Verdikt veraltet · Judikat fachspr.

Oberbegriffe
Unterbegriffe
Assoziationen

Jura
Unterbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Urteil‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Urteil‹.

Verwendungsbeispiele für ›Urteil‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Das ist wirklich aus einem Urteil aus dem Jahre 1968! [Hannover, Heinrich: Die Republik vor Gericht 1975 – 1995, Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2001 [1999], S. 407]
Sie drücken ihre Erkenntnis, daß der Hahn richtig gehandelt hat, in einem einfachen sittlichen Urteil aus. [Brumme, Gertrud-Marie: Muttersprache im Kindergarten, Berlin: Volk u. Wissen 1981 [1966], S. 83]
Er spricht K. Marx sein Urteil, noch bevor dieser geschrieben hat. [Hirschberger, Johannes: Geschichte der Philosophie, Bd. 2: Neuzeit und Gegenwart. In: Bertram, Mathias (Hg.) Geschichte der Philosophie, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1952], S. 1773]
Über die Schulen mögen hier die Urteile zweier bedeutender Männer folgen. [Blättner, Fritz: Geschichte der Pädagogik, Heidelberg: Quelle & Meyer 1961 [1951], S. 135]
Die ganzen letzten Jahre habe ich nur auf dieses Urteil hingelebt. [Der Spiegel, 28.04.1997]
Zitationshilfe
„Urteil“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Urteil>.

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