(vorsätzliche, verwerfliche) Tötung des eigenen Vaters
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: Vatermord begehen
Beispiele:
[…] der Vatermord prägt den berühmtesten antiken Mythos: Ödipus tötet unwissentlich Laios. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.11.1999]
Vatermord ist eines der am weitesten verbreiteten Romanverbrechen. [Welt am Sonntag, 21.07.2019]
Die Vorstellung, dass die RAF‑Leute den Kampf in den eigenen Familien gegen ihre Nazieltern begonnen hätten, ist eine gerne geglaubte Legende. Aus der Gruppe ist kein einziger Vatermord belegt. [Neue Zürcher Zeitung, 17.09.2017]
[Historisches Zitat aus einem Urteil des Jahres 1757:] Seine rechte Hand soll das Messer halten, mit dem er den Vatermord begangen hatte, und mit Schwefelfeuer gebrannt werden, und auf die mit Zangen gezwickten Stellen sollen geschmolzenes Blei, siedendes Öl, brennendes Pechharz und mit Schwefel geschmolzenes Wachs gegossen werden. [Die Zeit, 17.02.2015]
Der Vatermord, lateinisch parricidium, ist ein gerne benutztes Motiv der Mythologie, das nicht selten in der Geschichte seine Entsprechung hatte – sei es in der Erdolchung eher symbolischer Vaterfiguren oder ganz realer politischer Patriarchen. [Süddeutsche Zeitung, 07.12.1999]
Daraufhin erstach Anna ihren Vater mit einem Küchenmesser. Sie muß sich jetzt vor einem Jugendgericht wegen Vatermordes verantworten. [Der Spiegel, 26.05.1949]
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bildlich (symbolische, befreiende) Beseitigung des Vorgängers, der früheren Leitfigur
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: symbolischer, politischer Vatermord
Beispiele:
Berlusconi sprach von einem »Vatermord«, nachdem sich sein politischer Zögling Alfano von ihm abgewandt hatte. [Der Standard, 02.10.2013]
Die nachfolgende Generation versucht stets, die vorhergegangene auszulöschen, ein Vatermord nach dem anderen, fünf bis heute. Als der Ton kam, wurden die Stummfilme entsorgt, drei Viertel der Produktion existiert nicht mehr. Als die Nazis kamen, ging ein Gutteil der Kreativen ins Exil, ihre Filme wurden verbannt. [Welt am Sonntag, 02.06.2019]
»Der Vatermord ist eine Metapher von Freud. Und eine schlechte Angewohnheit, nicht nur in der Politik.« So kommentierte Mathias Döpfner 1998 in der WELT die Versuche einer Clique um Kurt Biedenkopf, Kohl nach der Wahlniederlage auch als Parteichef zu stürzen. [Die Welt, 16.11.2017]
Die Tochter vollzog den Vatermord und schloss ihn [Le Pen] 2015 aus der Partei aus – Teil ihrer Mission, die Partei zu »entdiabolisieren« und ihr ein moderates Image zu verschaffen, das auch die Wählerschaft der Mitte erreicht. [Die Zeit, 05.05.2017 (online)]
Es kommt zur körperlichen Auseinandersetzung, einem symbolischen Vatermord, wonach der Sohn alleine mit seinen Schuldgefühlen konfrontiert ist. Die Verarbeitung seines eigenen Traumas dauert Jahre, er versinkt im Alkoholismus, mehrere Ehen scheitern, den Vater verliert er aus den Augen. [Neue Zürcher Zeitung, 29.03.2014]
Le Corbusier verfasste Dutzende von Schriften, gab Zeitschriften heraus, schuf ein malerisches und bildhauerisches Werk, entwarf als Designer ebenso die Möbelklassiker aus Stahlrohr wie Tapeten und entwickelte neue Präsentationssysteme für die Ausstellung von Architektur. […] Sein Werk ist historisch, es hat die Vatermorde und die Verwässerungen der Moderne überlebt und erweist sich heute als erfrischend aktuell. [Neue Zürcher Zeitung, 06.01.2008]
Neuerdings muß B[…] sich sogar den Vorwurf des Vatermordes gefallen lassen. Er sei, so wollen seine Gegner wissen, dem bisherigen Vorsitzenden der Sozialausschüsse, dem siebzehn Jahre älteren Hans K[…], mit der Bekanntgabe seiner Kandidatur in den Rücken gefallen. [Die Zeit, 10.06.1977]