meist abwertend Versuch, eine bestimmte, unerwünschte Situation oder Entwicklung als Ergebnis einer geheim gehaltenen Übereinkunft meist hochrangiger und einflussreicher Personen oder Personenkreise zu deuten
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: eine krude, abstruse, abwegige, absurde, obskure, wirre, wilde, abenteuerliche, gewagte Verschwörungstheorie; eine [im Internet o. Ä.] kursierende Verschwörungstheorie
als Akkusativobjekt: eine Verschwörungstheorie verbreiten, aufstellen, entwickeln, widerlegen
als Dativobjekt: einer Verschwörungstheorie anhängen, glauben, folgen
in Präpositionalgruppe/-objekt: die Anhänger von Verschwörungstheorien; etw. bietet den Nährboden, den Stoff für eine Verschwörungstheorie; jmd. versteigt sich in, ergeht sich in, neigt zu, glaubt an Verschwörungstheorien
in Koordination: Verschwörungstheorien und Paranoia, Gerüchte, Spekulationen
hat Präpositionalgruppe/-objekt: Verschwörungstheorien schießen ins Kraut (= entstehen in großer Zahl)
als Genitivattribut: die Verfechter, Anhänger einer Verschwörungstheorie
Beispiele:
Die Gerüchteküche der ersten Stunde nach den Anschlägen des 11.
September hatte allerlei anzubieten. In Kreisen arabischer Islamisten etwa
kursiert seitdem die Verschwörungstheorie, der
israelische Geheimdienst Mossad stehe hinter den Terrorangriffen, die zum
Ziel gehabt haben sollen, die Araber im Westen zu diskreditieren. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.12.2001]
Es liegt in der Natur von
Verschwörungstheorien, daß sie fast nie zu
widerlegen sind. Keine Beweise? Na bitte, das beweist, daß die Verschwörer
mächtig, verschlagen und gefährlich sind – weil sie ja sonst Spuren
hinterlassen hätten. [Der Spiegel, 07.12.1987]
Die Coronakrise befeuert den Markt der
Verschwörungstheorien. Während sich ein Teil
daran abarbeitet, die Existenz des Virus zu leugnen oder Corona im Reich
harmloser Erkältungskrankheiten zu verorten, glaubt ein anderer Teil, die
Urheber der Krankheit gefunden zu haben: wahlweise die USA, Russland, China
oder Israel. Warum haben Menschen so eine Lust an
Verschwörungen? [Maskenpflicht oder willkommen in der Irrationalität, 01.05.2020, aufgerufen am 08.05.2020]
Kann es sein, fragt er [der Schriftsteller und Semiotiker Umberto Eco], dass uns
Verschwörungstheorien so sehr faszinieren, weil
sie uns von der Last befreien, uns mit der Wahrheit auseinanderzusetzen?
Offenbar reagiert der Mensch auf die zunehmende Lesbarkeit der Welt mit
Okkultismus, schreibt Eco und zitiert ein einschlägiges Bonmot: »Seit die
Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie nicht etwa an nichts mehr,
sondern an alles.« [Welt am Sonntag, 12.05.2019, Nr. 19]
Wie er sich um Himmels willen den Abgang seiner Mannschaft nach dem
WM‑Viertelfinale erkläre, wollten die Reporter von Berti Vogts wissen.
Ausnahmsweise hatte der Bundestrainer eine Antwort parat: Die Schiedsrichter
hätten den Deutschen ihren Erfolg nicht gegönnt. Das nennt man eine
Verschwörungstheorie. [Die Zeit, 05.11.1998, Nr. 46]
Verschwörungstheorien erlauben es, »dissonante
Wahrnehmungen« glattzubügeln: Die Welt wird wieder übersichtlich; Gott sei
dank. [konkret, 2000 [1996]]