Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Würde, die

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GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Würde · Nominativ Plural: Würden
Aussprache  [ˈvʏʁdə]
Worttrennung Wür-de
formal verwandt mitEhrwürden
Wortbildung  mit ›Würde‹ als Erstglied: Würdenträger · würdelos · würdevoll · würdig
 ·  mit ›Würde‹ als Letztglied: Bischofswürde · Doktorwürde · Ehrenbürgerwürde · Ehrendoktorwürde · Ehrenwürde · Ehrwürde · Grafenwürde · Herrscherwürde · Herzogswürde · Hochwürden · Kaiserwürde · Kardinalswürde · Kurfürstenwürde · Kurwürde · Königswürde · Manneswürde · Menschenwürde · Priesterwürde · Professorenwürde
eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
Grammatik: nur im Singular
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: die [eigene] Würde verlieren, einbüßen, zurückgewinnen, wiedererlangen, wiedergewinnen
in Präpositionalgruppe/-objekt: ein Sinn, Gefühl für, ein Begriff von Würde; ein Rest an Würde
a)
(ethisch, moralisch begründeter) Anspruch auf Respekt, gegenseitige Achtung gebietender Wesenszug des Menschseins
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die menschliche, unveräußerliche, unverletzliche Würde
als Akkusativobjekt: die Würde [eines Menschen] achten, wahren, respektieren, schützen, verteidigen; die Würde [eines Menschen] missachten, untergraben, beschädigen, verletzen, beschmutzen
mit Genitivattribut: die Würde eines [jeden] Menschenlebens
als Genitivattribut: die Verletzung, die Missachtung, der Schutz, die Verteidigung der [menschlichen] Würde
Beispiele:
Nach der Charta der Grundrechte der EU […] soll die Würde, das Leben, die körperliche Unversehrtheit eines jeden Menschen geschützt werden, niemand darf einer unmenschlichen Behandlung unterworfen werden. [Frankfurter Rundschau, 14.01.2021]
Der Katholische Deutsche Frauenbund macht zum Tag gegen Prostitution auf die Lage von Prostituierten aufmerksam. Prostitution sei ein System, in dem Menschen oftmals benutzt, ausgebeutet und ihrer Würde beraubt werden. [Frauenbund kritisiert geltende Prostitutionsgesetzgebung, 05.10.2021, aufgerufen am 05.10.2021]
Als 1949 in das Grundgesetz der Satz aufgenommen wurde, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, saßen auf vielen Richterstellen, in den Beamtenstuben, in der Politik und der Wirtschaft Nationalsozialisten, die diese Würde noch ein paar Jahre zuvor mit den Füßen getreten hatten. [Welt am Sonntag, 04.04.2021]
Nur wer sich im provisorischen Zeltlager erneut internieren lasse, habe eine Chance darauf, dass der Asylantrag bearbeitet werde. […] Die Menschen, die es nach langer, gefährlicher und strapaziöser Flucht [über das Mittelmeer] – nach der sie zumeist alles verloren haben – auf die griechischen Inseln schaffen, verlieren dort noch das Letzte, ihre Würde. [Frankfurter Rundschau, 06.10.2020]
»Die Würde des Menschen«, so steht es im Grundgesetz, Artikel 1, »ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt«: ein Paragraph, dessen Interpretation offensichtlich mancherlei Mißverständnissen ausgesetzt ist. [Die Zeit, 06.01.1970]
übertragen Laut Gesetz besteht eine Tierquälerei, wenn ein Tier misshandelt, vernachlässigt, unnötig überanstrengt oder dessen Würde (= Anspruch auf die Achtung und den Schutz des Lebens, z. B. auf artgerechte Haltung) in anderer Weise missachtet wird, so eine Tierschutzorganisation. [Südkurier, 20.03.2021]
b)
aufgrund einer starken Persönlichkeit, eigener Verdienste, Überzeugungen o. Ä. getragenes Bewusstsein; Achtung gebietende, mitunter überlegene² (1, 3) Haltung
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die erhabene, feierliche, gespreizte, stoische, steife, trotzige, gekränkte Würde
in Präpositionalgruppe/-objekt: in Würde altern, sterben; ein Lebensabend, Abschied, Abgang, Tod in Würde; etw. mit Würde ertragen
in Koordination: Würde und Anstand, Haltung, Mut, Selbstachtung, Souveränität
Beispiele:
jmdn. mit gelassener, feierlicher, eisiger Würde behandelnWDG
mit gemessener Würde sprechenWDG
sie empfingen den Gast mit steifer WürdeWDG
umgangssprachlichsie war ganz Würde (= sie gab sich ganz vornehm)WDG
[…] Distanziert im Beruf, nahbar als Mensch. Eine gestandene Kriminalkommissarin[…]. Sie ist gut in ihrem Job, sie verliert oder siegt mit Würde. Das gibt ihr eine gewisse Coolness. […] [Südkurier, 17.02.2022]
Der Boulevard [die Boulevardpresse] pflegt ein abschreckendes Bild der Touristen, die auf Mallorca unter kontrollierten Bedingungen verwahrlosen und für ein paar Tage Party ihre Würde zwischen Bier‑ und Schinkenstraße ablegen. [Süddeutsche Zeitung, 18.07.2020]
Eva P[…] strahlt Haltung und Würde aus, die groß gewachsene 89‑Jährige mit dem schlohweißen Haar geht kerzengerade. [Saarbrücker Zeitung, 28.04.2015]
Sie [die Spieler der Fußballmannschaft und ihr Trainer] nahmen die Niederlage mit der nötigen Würde hin, beklagten weder die eineinhalb vergebenen Torchancen, noch jammerten sie laut über Ballverluste und andere Schnitzer im Aufbau. [Der Standard, 17.10.2005]
ironischFala war immer der Hund meines Mannes. Er akzeptierte mich, aber er war nie wirklich mein Hund. Er wusste, dass er wichtig war und zu jemandem gehörte, der wichtig war, und behielt dieses Wissen sein ganzes Leben lang. Er lebte mit Würde und einer gewissen Zurückhaltung, die sich in seiner Haltung gegenüber uns anderen ausdrückte, die aus seiner Sicht nur gewöhnliche Sterbliche waren. [Geschichte in 32 Wahnsinns-Bildern, 09.01.2022, aufgerufen am 19.02.2022]
übertragenDie Vegetation ist üppig, Büsche und Farne säumen den Wasserlauf. Es riecht nach frischem Waldboden und warmem Kalkstein, Kiefernnadeln, Moos und Feuchtigkeit. […] Der Name [»Teufelsloch«] passt so gar nicht zum Gesamteindruck des in sich ruhenden Waldes mit seinem in Würde gealterten und in Teilen mächtigem Baumbestand. [Badische Zeitung, 08.10.2020]
2.
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die majestätische, königliche, päpstliche, erzbischöfliche, priesterliche, staatsmännische, präsidiale, professorale, richterliche Würde
mit Genitivattribut: die Würde des Amtes, des Staatsoberhaupts, des Bundespräsidenten, des Senators
a)
einer hohen Stellung, einem hohen Amt o. Ä. gebührende Erhabenheit, gebührendes Ansehen
Grammatik: nur im Singular
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: die Würde [des Amts o. Ä.] achten, wahren, respektieren, schützen, verteidigen
mit Genitivattribut: die Würde des Gerichts, des Gerichtshofs, des Parlaments, des Bundestags, des Landtags
Beispiele:
die Würde seines AmtesWDG
Die Hallen des US‑Kapitols sind den Amerikanern nahezu heilig. Das Gebäude mit seiner gewaltigen Kuppel steht für das penibel ausgetüftelte Regierungssystem, das Macht gewährt, aber auch deren Einsatz kontrolliert und deren Missbrauch verhindert. Das Kapitol symbolisiert die Würde und Unerschütterlichkeit der Institutionen, die auch in einer bewegten Geschichte Bestand haben. [Süddeutsche Zeitung, 08.01.2021]
Er [der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main] sei nicht da, wenn es »um die Not der Anwohner im Bahnhofsviertel« gehe. Stattdessen sei Peter Feldmann (SPD) »hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt« und trage die goldene Amtskette spazieren. »Mit seiner Selbstherrlichkeit schadet er der Würde des Amtes.« [Frankfurter Rundschau, 09.11.2017]
Es sei verboten, »die Heiligkeit und Würde der Propheten zu verletzen, die moralischen und ethischen Werte auszuhöhlen und die Gesellschaft zu entzweien, sie zu korrumpieren, ihr zu schaden oder ihren Glauben zu schwächen«. [Die Welt, 28.01.2015]
Ein Militärgericht hat […] eine ehemalige jordanische Parlamentarierin zu einer eineinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Die 53‑jährige Tudschan F[…] hatte in einem offenen Brief dem Ministerpräsidenten [Jordaniens] Korruption vorgeworfen. Laut Urteilsbegründung hat sie damit dem Ruf und der Würde der Regierung geschadet. [Basler Zeitung, 17.05.2002]
Hollermann […] wahrt die Würde des Gerichts […] [ SteinbergEinzug466]WDG
b)
mit Titel, Ehren und hohem Ansehen verbundene Stellung, verbundener Rang, verbundenes Amt
Beispiele:
akademische, geistliche Würden erlangenWDG
die goldene Kette ist ein Zeichen der WürdeWDG
jmdm. die Würde eines Professors verleihenWDG
er stieg schon jung zu höchsten Würden aufWDG
in Amt und Würden seinWDG
Rang und Würden besitzenWDG
jmdn. in seine Würden und Rechte (wieder) einsetzenWDG
Für seine 16‑jährige Amtszeit[…] zollte ihm auf einstimmigen Beschluss des Gemeinderates »die Bürgerschaft Dank und Wertschätzung«. 25 Jahre später – W[…] war längst im Ruhestand – verlieh ihm die Gemeinde anlässlich seines 70. Geburtstages anno 2016 die Würde eines Ehrenbürgers, was jedoch zu keinem weiteren Bucheintrag führte und stattdessen mit einem prächtig ausgeschmückten Ehrenbürgerbrief durch seinen übernächsten Amtsnachfolger […] gewürdigt wurde. [Badische Zeitung, 10.01.2022]
Nachdem Corona‑bedingt eine größere Feier vielleicht auch in der nächsten Zeit noch nicht stattfinden kann, entschloss sich Bürgermeister Rudolf R[…], dass die Verleihung der Würde zum Altbürgermeister zum einjährigen Pensionsdasein seines Vorgängers nun im kleinen Rahmen stattfinden sollte. [Landshuter Zeitung, 13.05.2021]
Dass sie an diesem Abend zu königlichen Würden kommen würde, hatte die 27‑Jährige wenige Stunden vorher noch nicht einmal geahnt. »Meine Freundin Verena und ich wollten uns eigentlich nur einen schönen, entspannten Abend machen«, erzählt die Kronacherin. Spontan hätten sich beide dann zur Wahl gestellt. Die Wahl zur Weinkönigin freue sie sehr und erfülle sie schon mit etwas Stolz, gab sie zu Protokoll. [Fränkischer Tag, 09.07.2018]
Vor einem Jahr hat [Fritz Weigle] Bernstein […] einen neuen Band mit »Frischen Gedichten« […] vorgelegt. Als einziger der Künstlergruppe [»Neue Frankfurter Schule«] hat er es zu professoralen Würden geschafft. Der studierte Lehrer wurde 1984 in Berlin auf die bis dahin einzige Professor für Komische Kunst und Bildgeschichte berufen. [Allgemeine Zeitung, 02.03.2018]
Einige […] sind zu Würden und Ehren gelangt […] [ UhseSöldner290]WDG
3.
übertragen besondere Ausstrahlung, Aura eines Ortes; angemessene bauliche Gestaltung eines (geschichtsträchtigen oder anderweitig) bedeutungsvollen Ortes
Grammatik: nur im Singular
Kollokationen:
mit Genitivattribut: die Würde des Ortes, des Gebäudes, des Platzes, des Denkmals, des Friedhofs
Beispiele:
Die strohbedeckten Lehmhäuser leuchten in der untergehenden Sonne in einem kräftigen Ockerrot, und die milde Luft verleiht dem Ort eine ergreifende Würde und Schönheit. [Jahrbuch des Schweizer Alpen-Clubs. Zürich: Schweizer Alpen-Club 2001]
»Zusammen mit der Initiative St. Christoph haben wir in den vergangenen Jahren umfangreiche Maßnahmen am Mahnmal St. Christoph umsetzen können«, erklärte G[…]. »Wir konnten dem Ort seine Würde als Mahnmal zurückgeben und durch die Dauerausstellung im ehemaligen Kirchenschiff einen Ort lebendiger Erinnerungskultur mitten in der Stadt schaffen.« [Allgemeine Zeitung, 16.11.2020]
Im Zentrum der einstigen Reichshauptstadt, nahe dem Ort, an dem Hitler das millionenfache Morden befahl, triumphiert das Leben – und hält das Gedenken lebendig. Der Würde des Orts hat das nicht geschadet, es macht vielmehr den Erfolg des Mahnmals [des Denkmals für die ermordeten Juden Europas] aus. [Der Tagesspiegel, 04.05.2010]
Alle umliegenden Grate mächtig überragend, stach […] eine rein weisse Pyramide in den tiefblauen Himmel empor. Von der lichtumfluteten Spitze fiel nach Nordosten, also uns entgegen, ein steiler, nach unten breiter werdender Gletschermantel herab. Beim damaligen Sonnenstand leuchtete dieser in mattem Glänze und verlieh dem Berg eine märchenhafte Würde. [Jahrbuch des Schweizer Alpen-Clubs. Zürich: Schweizer Alpen-Club 1993]

letzte Änderung:

Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Würde · würdig
Würde f. ‘Achtung bewirkendes Wesen oder Verhalten eines Menschen, aus Stellung und Amt erwachsendes Ansehen, mit Ansehen und Geltung verbundene Stellung, Amt’, ahd. wirdī ‘Ansehen, Verdienst, Ehrung’ (8. Jh.), mhd. wirde, wierde, (md.) werde ‘Wert, Ansehen, Ehre(nbezeigung), Verehrung’, frühnhd. Würde (16. Jh., mit Übergang von i in ü) ist ein ī-Abstraktum zu dem unter wert (s. d.) behandelten Adjektiv. Als Bedeutung ist anzusetzen ‘Wert, Ansehen, Geltung’ (auf Grund sozialer Stellung und gesellschaftlichen Ranges) und die sich daraus ergebende ‘Ehrung’. Daneben (ebenfalls bereits ahd.) steht Würde für den ‘Wert eines Menschen, der in seinem Wesen, seinen Eigenschaften und Leistungen beruht’. Um die Mitte des 18. Jhs. entwickelt sich Würde unter dem Einfluß der idealistischen Philosophie und Ethik (Kant, Schiller) zur Bezeichnung für den ‘von allen Äußerlichkeiten unabhängigen inneren, absoluten Wert des Menschen, der sich in seinem (ethischen) Denken und Verhalten äußert’, daher häufig in Verbindungen wie Würde der Menschheit, des Menschen (18. Jh.). – würdig Adj. ‘der Würde entsprechend, angemessen, ernst, gewichtig’, ahd. wirdīg ‘wert, verdient, ehrwürdig’ (8. Jh.), mhd. wirdic, wirdec, (seit 14. Jh. auch) würdig ‘Wert habend, trefflich, angesehen, edel’. S. auch unwirsch.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Erhabenheit · Majestät · Würde  ●  Hehrheit geh., veraltet, sehr selten
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Würde‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Würde‹.

Zitationshilfe
„Würde“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/W%C3%BCrde>.

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