Wahn
m.
‘(krankhafte) Einbildung, unbegründete Meinung, Ansicht, Vorstellung’,
ahd.
(8. Jh.),
mhd.
wān
‘ungewisse, unbegründete Ansicht, Vermutung, Meinung, Hoffnung, Erwartung, Vorstellung, Scheu’,
spätmhd. auch
wōn
(mit
ō
aus
ā
nach
w,
s.
↗
Argwohn),
asächs.
mnd.
wān
‘Hoffnung, Erwartung’,
mnl.
waen,
nl.
waan,
afries.
wēn,
und
(mit wohl ursprünglichem fem. Genus)
aengl.
wēn,
anord.
vān,
got.
wēns
(
germ.
*wēni-)
stehen dehnstufig zu der unter
↗
gewinnen
(s. d.)
angegebenen Wurzel
ie.
*u̯en(ə)-
‘streben’,
dann
‘wünschen, lieben, befriedigt sein’,
auch
‘erarbeiten, Mühe haben’,
perfektiv
‘erreichen, gewinnen’,
zu der auch
↗
gewöhnen,
↗
wohnen,
↗
Wonne,
↗
Wunsch
(s. d.)
gehören.
Als Ausgangsbedeutung ist
‘(unbegründete) Erwartung, Hoffnung’
anzusetzen,
eigentlich
‘Gewünschtes, Ersehntes’.
Wahn
wird seit mhd. Zeit in Gegensatz zu
Wissen
und
Wahrheit
gestellt.
Im
Frühnhd. entwickelt sich der Sinn
‘willkürlich zurechtgemachte, nicht der Wirklichkeit entsprechende Meinung, Vorstellung’
(16. Jh.),
dann
‘Selbsttäuschung, fixe Idee’
als krankhafte Erscheinung
(18. Jh.),
und
Wahn
gerät dadurch in die semantische Nähe von nicht verwandtem
Wahn
(in
↗
Wahnsinn,
↗
Wahnwitz,
s. d.).
wähnen
Vb.
‘glauben, meinen’,
ahd.
wānen
(8. Jh.),
mhd.
wæn(n)en
‘meinen, glauben, vermuten, erwarten, hoffen’,
asächs.
wānian,
mnd.
mnl.
wānen,
nl.
wanen,
aengl.
wēnan,
engl.
(älter)
to ween,
anord.
væna,
got.
wēnjan.