Wesen
n.
‘Tun und Lassen, den Charakter eines Menschen bestimmende Grundeigenschaften, das Grundlegende einer Sache, Lebewesen’,
ahd.
wesan
‘das Verweilen an einem Ort, Aufenthalt, Existenz, Dasein’
(8. Jh.),
mhd.
mnd.
wesen
‘das Sein, Verweilen, Wohnen, Aufenthalt(sort), Wohnung, Hauswesen, Existenz, Wesenheit, Leben, Art, Eigenschaft, Zustand, Ding, Sache’,
mnl.
wesen,
nl.
wezen
ist die nur im
Dt. und
Nl. übliche Substantivierung
des alten
germ. Infinitivs zu dem unter
↗
sein1
(s. d.)
genannten stark flektierenden Verbum
ahd.
wesan
(8. Jh.),
mhd.
wesen
‘sein, verweilen, sich aufhalten, existieren, dauern, geschehen’,
asächs.
aengl.
wesan,
mnd.
mnl.
wesen,
afries.
wesa,
anord.
vesa,
got.
wisan
(
germ.
*wesan),
verwandt mit
aind.
vásati
‘wohnt, lebt, verweilt’,
griech.
aésai
(
ἀέσαι,
Aorist)
‘(die Nacht) zubringen’,
lat.
Vesta
‘Göttin des häuslichen Herdes’,
mir.
fō(a)id
(aus
*u̯oseti)
‘nächtigt, bleibt, verweilt, wacht in der Nacht’.
Daraus ist
ie.
*u̯es-
erschließbar,
das als Erweiterung der Wurzel
ie.
*au-
‘verweilen, wohnen, übernachten’
erklärbar ist.
Die Gebrauchshäufigkeit von
Wesen
nimmt seit dem 14. Jh. beträchtlich zu;
es entwickeln sich dabei zahlreiche neue Bedeutungen,
z. B.
‘(sozialer) Stand, Status’
(14. Jh.);
‘Tun und Treiben’
(Hauptbedeutung im
Frühnhd.),
vgl.
viel Wesens (‘Aufhebens, Lärm’)
machen
(16. Jh.),
sein Wesen treiben
‘seinem Tun und Treiben nachgehen’,
dann
‘sein Spiel mit etw. treiben’
(18. Jh.);
‘öffentliches Gemeinwesen und dessen Ordnung’
(14. Jh.);
‘Sache, Ding’
(Ende 13. Jh.),
vgl.
das ist ein seltsames Wesen
‘eine seltsame Sache’.
Seit dem 18. Jh. vor allem
‘Lebewesen, Ding’,
dann
‘die eigentliche Natur einer Sache’
(vgl.
das Wesen der Sache),
‘die Art, der Charakter eines Menschen’
(vgl.
gesetztes,
einnehmendes Wesen,
18. Jh.),
‘nationale Eigenart’
(17. Jh.;
vgl.
deutsches Wesen,
18. Jh.);
‘Inbegriff der Persönlichkeit’
(Anfang 18. Jh.).
wesentlich
Adj.
‘hauptsächlich, charakteristisch, wichtig, bestimmend’,
ahd.
(mit aus dem Partizip stammendem Dental)
wesantlīh
‘seiend, substantiell’
(9. Jh.),
wesantlīhho
Adv.
(um 1000),
mhd.
wesentlich,
meist jedoch
wes(en)lich
‘wesenhaft, wirklich, dauerhaft, häuslich’,
frühnhd.
auch
‘wohnhaft, seßhaft, in gutem Zustand befindlich’.