die verändernde, zerstörende Wirkung der Zeit, wenn Alterung und Verfall an Mensch oder Material (ungehindert) voranschreiten
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: den Zahn der Zeit spüren
in Präpositionalgruppe/-objekt: vor dem Zahn der Zeit schützen, bewahren
Beispiele:
Erschrocken musste der Filmemacher vor drei Jahren feststellen, dass
seine frühen Kopien und Negative bereits bedrohlich zerfallen waren, dass
der Zahn der Zeit am Ende nur das verschont, was
entschlossen restauratorisch bewahrt wird. [Süddeutsche Zeitung, 19.09.2009]
Von der Vierer‑Abwehrkette [auf dem Fußballfeld] spürt noch niemand den Zahn der
Zeit. Dennoch wäre dort ein Wechsel noch am
nötigsten. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.07.2006]
Aufwendige Verfahren sind notwendig, um die angestaubten und zum Teil
beschädigten Schätze [in Archiven] vor dem
Zahn der Zeit zu bewahren. [Welt am Sonntag, 03.06.2018]
Sie wollen den Toten der jüdischen Gemeinde an der Saar ein ehrendes
Andenken bewahren. Deshalb treffen sich regelmäßig Angehörige der heutigen
Synagogengemeinde, um die Gräber auf dem jüdischen Friedhof […] vor dem Zahn der
Zeit zu schützen. [Saarbrücker Zeitung, 23.09.2016]
Wäre ewige Jugend nicht schön, um dem Zahn der
Zeit ein Schnippchen zu schlagen? [Die Zeit, 20.05.2011 (online)]
In Windeseile mauserten sich damals verschlafene, von Melancholie und
dem Zahn der Zeit zerfressene Orte zu
Tourismuszentren. Aus Waren an der Müritz – jahrzehntelang ein
Frachtschiffhafen, eine vergessene Stadt, deren gotische Giebelhäuser und
Speicherhallen aus der Zeit des norddeutschen Kaufmannswesens dem Verfall
preisgegeben waren – wurde das Herzstück der
[Mecklenburgischen] Seenplatte. [Der Tagesspiegel, 26.10.2003]
Doch nicht nur die Zerstörungswut hat dem Bauwerk zugesetzt, auch der
Zahn der Zeit hat seine Spuren hinterlassen:
Fingerlange Stalaktiten haben sich an Spalten der undichten Decke gebildet.
Der Putz bröckelt an vielen Stellen ab, und der Boden hat große
Risse. [Frankfurter Rundschau, 05.10.2000]
a)
Phrasem:
⟨der Zahn der Zeit nagt an etw. (= Jahre bringen Verfall und ruinieren den ursprünglichen Zustand eines Gegenstandes, Gebäudes o. Ä.)⟩
Beispiele:
Allerdings hat der Zahn der Zeit an
einigen der zerbrechlichen Kunstwerke [aus mundgeblasenem Antikglas] genagt: »Zum Teil gibt es nur noch
Rudimente[…]«, berichtet die Inhaberin
der Glaserei. [Schweriner Volkszeitung, 23.03.2020]
In Königsberg […] steht noch die
Mädchengewerbeschule (»Klopsakademie«) von 1930, ein kubistisches
Meisterwerk im Bauhaus‑Stil, heute Haus der Offiziere, an dem der
Zahn der Zeit nagt. [Welt am Sonntag, 28.07.2019]
An Straßen und Brücken, Bahnstrecken und Flughäfen hat der
Zahn der Zeit unbarmherzig genagt. Weil der
Verfall schleichend voranschreitet, weil viele Schäden auf den ersten
Blick gar nicht erkennbar sind, wurde in Zeiten knapper Kassen versäumt,
genügend für die Erhaltung des wichtigen Gemeinguts[…] zu
investieren. [Fränkischer Tag, 16.08.2018]
Solange die [handgemachten] Trachten
noch tragbar sind, werden sie an die nächste Generation weitergegeben,
auch wenn der Zahn der Zeit schon an ihnen nagt. [Münchner Merkur, 24.08.2017]
b)
Phrasem:
⟨der Zahn der Zeit nagt an jmdm. (= das Altern lässt einen Menschen im Laufe seines Lebens schwächer werden, verändert den Körper und seine Funktionen)⟩
Beispiele:
Zwar hat der Zahn der Zeit auch an den
sieben Mann genagt – aber die Musik und wie sie diese unter die Leute
bringen, ist alles andere als angegraut oder antiquiert. [Leipziger Volkszeitung, 02.10.2000]
Viele hatten das Duo [die Weltranglisten-Tennisspieler Nadal und Federer] schon
abgeschrieben, weil der Zahn der Zeit an beiden
zu nagen schien. [Die Welt, 12.09.2017]
Zudem trägt Mathias T[…] als
optisches Novum eine Brille, weil der Zahn der
Zeit mittlerweile böse an der Sehschärfe des
Mittvierzigers nagt […]. [Landshuter Zeitung, 08.07.2017]
Was der Münchner Autor […] auf
den 170 Seiten seines Debütromans […] alles unterbringen will: Die Geschichten
ungefähr zwanzig einfacher, rechtschaffener Menschen, an denen Krieg,
Alltag oder eben der Zahn der Zeit so lange nagt,
bis es sie ganz auf‑ und weggefressen hat. [Berliner Zeitung, 18.01.1997]