Abend
m.
‘Tageszeit um den Sonnenuntergang, Tagesende’,
ahd.
āband
(9. Jh.),
mhd.
ābent,
asächs.
āƀand,
mnd.
āvent,
mnl.
avont,
avent,
nl.
avond,
aengl.
æfen
(und abgeleitetes
æfnung),
engl.
eve
‘Vorabend’,
evening,
(dichterisch und mundartlich)
even
‘Abend’
lassen sich auf eine
westgerm. Form
*āfanþija,
*āfanðija
zurückführen,
die sich durch Länge des vokalischen Anlauts
und Fehlen eines Dentals von den
nordgerm. Entsprechungen
anord.
aptann,
schwed.
afton,
dän.
aften
(doch auch
aengl.
æftentīd
‘Abendzeit’)
unterscheidet.
Für das
Got. ist keine vergleichbare Form belegt,
der Begriff wird durch
got.
andanahti
(eigentlich
‘Vornacht’)
bzw. durch Umschreibung mit
got.
seiþus
‘spät’
wiedergegeben.
Als gemeinsame Vorstufe
der
westgerm. und
nordgerm. Bezeichnungen
ist entweder
ie.
*ēponto-
(in diesem Falle vielleicht Einwirkung von
anord.
aptan
‘danach’
auf die
nord. Formen?)
oder
ie.
*āptanto-
(mit dissimilatorischem Schwund des ersten Dentals im
Westgerm.
und möglicherweise erst nachfolgender Dehnung
eines ursprünglich kurzen Anlautvokals?)
anzunehmen.
Dieses ist wohl eine Bildung mit
nt-Suffix
für Zeitbezeichnungen.
Als wahrscheinlich gilt die Verwandtschaft mit
griech.
epí
(
ἐπί)
‘auf’,
opsé
(
ὀψέ)
‘spät’,
denen
ie.
*epi,
*opi
‘nahe hinzu, darauf, hinter’
zugrunde liegt.
Abend
im Sinne von
‘Westen, Okzident’
(nach dem Stand der Sonne zu dieser Tageszeit),
vereinzelt schon Ende des 14. Jhs. im
Md.
(unter Einfluß von
lat.
vesper
‘Abend, Abendgegend, Westen’),
wird seit Anfang des 16. Jhs.
besonders durch
Luther
geläufig.
abendlich
Adj.
‘zum Abend gehörig, am Abend geschehend’,
ahd.
ābandlīh
(9. Jh.),
mhd.
ābentlich;
die wie
mnl.
avontlike,
aengl.
ǣfenlīc
als Übersetzung für
lat.
vespertīnus
gebildete Ableitung
ist in älterer Zeit nur schwach bezeugt
und erst seit Ende des 18. Jhs. allgemein verbreitet;
vom 17. bis ins 19. Jh. kommt auch die Bedeutung
‘westlich’
vor.
abends
Adv.
‘am Abend’,
mhd.
ābendes,
ābents,
mnd.
āvendes,
zunächst Genitivform des Substantivs,
verselbständigt sich bereits um 1200 in adverbiellem Gebrauch.
Abendland
n.
‘im Westen gelegenes Land’,
im Anschluß an die Bedeutung
‘Westen, Okzident’
von
Abend
seit dem 16. Jh. üblich,
bis ins 18. Jh. vorwiegend im Plur.
die Abendländer,
-lande;
vom Ende des 18. Jhs. an
wird der Sing. als zusammenfassender Begriff
für die historisch und kulturgeschichtlich
enger verbundenen europäischen Länder
dem älteren
Morgenland
gegenübergestellt
und in neuerer Zeit
vielfach auch als politisches Schlagwort benutzt.
Abendmahl
n.
‘Altarssakrament der evangelischen Kirche’;
spätmhd.
ābentmāl,
mnd.
āventmāl
‘Abendmahlzeit’
(s.
↗
Mahl)
tritt
(vielleicht nach
mnl.
avontmael
‘Abendzeit, Abendmahlzeit’)
neben älteres
mhd.
ābenteʒʒen,
das nicht nur die abendliche Mahlzeit allgemein,
sondern vom 13./14. Jh. an
auch Christi Abschiedsmahl
und das von diesem ausgehende kirchliche Sakrament bezeichnet.
Seit Beginn des 16. Jhs.,
namentlich unter
Luthers
Einfluß,
setzt sich im kirchlichen Sprachgebrauch
Abendmahl
für die letzte Mahlzeit Christi mit seinen Jüngern durch,
bleibt aber als Bezeichnung für das Altarssakrament
auf die evangelische Kirche beschränkt.
Abendrot
n.
Abendröte
f.
‘rötliche Färbung des Himmels bei Sonnenuntergang’;
ahd.
ābandrōto
m.
(Hs. 13. Jh.),
mhd.
ābentrōt
m. und n.
(12. Jh.)
und daneben
mhd.
ābentrœte
f.,
mnd.
āventrȫde
schließen sich entsprechend vorausgehendem
ahd.
morganrōto
‘Morgenröte’
(s.
↗
Morgenrot)
als Zusammensetzungen an das Adjektiv
ahd.
mhd.
rōt
‘rot’
und das davon abgeleitete Substantiv
ahd.
rōtī,
mhd.
rœte
‘Röte’
(s.
↗
rot)
an.
Vorabend
m.
‘Abend vor einem Ereignis, besonders vor einem Fest’.
Das verdeutlichende Kompositum kommt um 1700 in Gebrauch
(
mnd.
vȫrāvent
schon im 15. Jh.),
während vorher seit dem
Ahd.
das Grundwort allein diese Bedeutung haben kann,
die auf der jüdisch-christlichen,
aber auch germanischen Vorstellung beruht,
daß der neue Tag mit dem Abend beginne.
Wie
mlat.
vigilia,
frz.
veille
bezieht
Vorabend
und
Abend
in älterer Zeit
oft den ganzen Tag vor einem kirchlichen Fest mit ein
(vgl. noch jetzt
Heiliger Abend
und
Sonnabend).
Heute ist vor allem die metaphorische Verwendung
‘Zeitabschnitt, in dem sich ein bedeutendes historisches Ereignis vorbereitet’
üblich.