neigen
Vb.
‘beugen, schräg stellen, senken’,
reflexiv
‘zu Ende gehen’.
Das schwache Verb
ahd.
(h)neigen
‘neigen, senken, biegen, abwenden, beugen, unterwerfen’
(8. Jh.),
mhd.
neigen,
asächs.
gihnēgian,
mnl.
neighen,
nl.
neigen,
aengl.
hnǣgan,
anord.
hneigja,
got.
hnaiwjan
‘erniedrigen’
(
germ.
*hnaigwjan)
kann entweder als Kausativum zum starken Verb
(im
Dt. bis 15. Jh. belegt)
ahd.
(h)nīgan
‘sich neigen (vor), sich niederbücken’
(8. Jh.),
mhd.
nīgen,
asächs.
aengl.
hnīgan,
mnd.
nīgen,
mnl.
nīghen,
nl.
nijgen,
anord.
hnīga
‘sich neigen, sinken, fallen’,
schwed.
niga
‘knicksen’,
got.
hneiwan
‘sich neigen’
(
germ.
*hneigwan)
oder als denominative
jan-Ableitung
zu dem in
aengl.
hnāg,
hnāh
‘gebeugt, demütig’,
got.
hnaiws
‘niedrig, demütig’
vorliegenden Adjektiv angesehen werden.
Außergerm. vergleichbar ist lediglich die Wortgruppe
lat.
nītī
(
nīs(s)us,
(g)nīxus sum)
‘sich stemmen, stützen, sich in der Schwebe halten, steigen, klettern’,
nictāre
‘zwinkern’,
cōnīvēre
‘die Augen zudrücken, blinzeln’,
so daß von
ie.
*kneigu̯h-
‘neigen, sich biegen’
ausgegangen werden kann.
Dazu stellt sich mit Labialerweiterung
ie.
*kneib-,
wozu
anord.
hnipinn
‘mißmutig, biegsam’,
hnīpa
‘den Kopf hängen lassen, mißmutig sein’
und wohl auch
lit.
knìbti
‘zusammenknicken, zusammensinken’,
kneĩbtis,
kneĩptis
‘sich beugen, sich versenken, sich vertiefen’.
–
geneigt
Part.adj.
‘gewogen, zugetan’,
in der Fügung
geneigt sein,
mhd.
geneiget sīn;
abgeneigt
Part.adj.
‘nicht willens, frei von jeder Neigung, übel gesinnt’
(17. Jh.).
Neigung
f.
‘Zuneigung, freundschaftliche Gesinnung’,
mhd.
neigunge;
dann auch
‘geneigte Haltung, Lage’
(2. Häfte 16. Jh.).
Abneigung
f.
‘ablehnende Haltung, Widerwille’
(17. Jh.),
vgl.
mhd.
abeneigunge
‘Gefälle’.
Neige
f.
‘letzter Inhalt eines Gefäßes’
(Ende 15. Jh.),
vor allem in der Wendung
bis zur Neige
‘völlig, restlos’
und
zur Neige gehen
‘dem Ende zugehen’
(Anfang 17. Jh.);
vgl.
mhd.
neige
‘Biegung, Senkung, Tiefe, Ende’.
verneigen
Vb.
reflexiv
‘sich verbeugen’
(17. Jh.);
vgl.
mhd.
verneigen
‘herabbeugen, unterdrücken’;
Verneigung
f.
‘Verbeugung’
(Anfang 19. Jh.).
zuneigen
Vb.
‘hinwenden, eine Vorliebe haben’,
reflexiv
‘Sympathie empfinden, sich hingezogen fühlen’,
mhd.
zuoneigen
‘hinwenden’;
Zuneigung
f.
‘das Hingewendetsein, Liebe’
(15. Jh.).