sich plumpe Vertraulichkeit anmaßen
anbiedern
Grammatik Verb · reflexiv
Aussprache
Worttrennung an-bie-dern
eWDG
Bedeutung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
bieder · biderb · anbiedern · Biederkeit · Biedermann · Biedermeier
bieder
Adj.
‘brav, rechtschaffen, unkompliziert in seinem Verhältnis zur Umwelt’.
Das nur im Dt. bezeugte Adjektiv
ahd.
bitherbi
‘nützlich, brauchbar’
(8. Jh.),
mhd.
biderbe,
durch die Betonung auf der ersten Silbe verkürzt zu
bider,
asächs.
bitherƀi,
mnd.
bederve
ist eine alte Bildung zum Verbum
dürfen
(s. d.)
mit dem umgelauteten Vokal des Singulars
(vgl.
nhd.
darf)
und der (hier betonten) Vorsilbe
ahd.
bi-
(s.
be-).
Als Ursprungsbedeutung ist daher anzusetzen
‘dem Bedürfnis entsprechend’.
bieder
ist bis Ende des 16. Jhs. durchgehend bezeugt,
wird im 17. Jh. selten,
aber in der 2. Hälfte des 18. Jhs.
(durch
Klopstock,
Lessing,
Bürger
u. a.)
wieder geläufig;
älteres
biderb
Adj.
gilt teils historisierend, teils spöttisch
bis zur Gegenwart.
anbiedern
Vb.
‘auf plumpe Weise um Sympathie werben’
(um 1800).
Biederkeit
f.
vgl.
ahd.
bitherbī̌gheit
(11. Jh.),
mhd.
biderbecheit,
wie das Adjektiv bis ins 16. Jh. belegt,
dann wieder seit der 2. Hälfte des 18. Jhs.
Biedermann
m.
‘Spießer’,
mhd.
biderman
‘unbescholtener Mann’.
Biedermeier
n.
Stilbezeichnung für Malerei, Literatur und Möbel
der Zeit von etwa 1815 bis 1848,
die, im Gegensatz zu den Ausdrucksformen des Vormärz,
die ruhige, nach außen geschlossene Welt des Kleinbürgertums repräsentieren.
Zugrunde liegt das von
Eichrodt
1853 gebildete Pseudonym
Biedermaier
(aus
Scheffels
„Biedermanns Abendgemütlichkeit“
und
„Bummelmaiers Klage“,
1848,
unter dem er die kleinbürgerliche Haltung anprangert).
Seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. wird
Biedermeier
für
Spießer
verwendet.
Die Aufwertung zum Stilbegriff
erfolgt vor allem durch die Jahrhundertausstellung 1906,
vorwiegend durch den gediegenen Möbelstil der Biedermeierzeit veranlaßt.
Thesaurus
Synonymgruppe
(jemanden) hofieren
·
(sich) Liebkind machen (bei)
·
(sich) anbiedern
·
(sich) einschmeicheln (bei)
·
(sich) lieb Kind machen (bei jemandem)
●
(jemandem) Honig um den Bart schmieren
ugs., fig.
·
(sich) einkratzen (bei)
ugs., salopp
·
(sich) einschleimen (bei)
derb
·
(sich) ranschmeißen
ugs.
·
Kreide fressen
ugs., fig.
·
herumscharwenzeln (um)
ugs.
·
rumschleimen
ugs., fig.
·
schleimen
ugs., fig.
·
schwänzeln
ugs., fig.
Assoziationen |
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Synonymgruppe
(sich) anbiedern(d)
·
als wären sie Freunde
·
kumpelhaft
·
plumpvertraulich
·
schulterklopfend
·
wie unter Freunden
●
kumpelig
ugs.
Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›anbiedern‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›anbiedern‹.
Verwendungsbeispiele für ›anbiedern‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Immer wieder sagt die Mutter, dass es ihr peinlich ist, sich anzubiedern.
[Die Zeit, 27.09.2006, Nr. 46]
Nun dürfen Demokraten sich um keinen Preis an rechtsextremistische Positionen anbiedern.
[Süddeutsche Zeitung, 02.02.2001]
Das Besondere sind die Geschichten, die jung sind, ohne sich anzubiedern.
[Die Welt, 21.07.2003]
Es klang ehrlich, als er das sagte, nicht aufgesetzt oder anbiedernd.
[Die Zeit, 06.11.2013 (online)]
Er hält nichts davon, sich als Regisseur hochzudienen und anzubiedern.
[Die Zeit, 03.09.2003, Nr. 36]
Zitationshilfe
„anbiedern“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/anbiedern>.
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