bewußt
Adj.
‘mit klarem Verstand handelnd, erkennend, absichtlich, bekannt, in Rede stehend’.
Frühnhd.
bewust
steht als
md. Form neben
frühnhd.
bewist,
bewüst,
Part. Prät. eines inzwischen untergegangen Verbs
frühnhd.
bewissen
‘genau kennen, wissen’,
reflexiv
‘sich auskennen, zurechtfinden’,
das seinerseits wie
mnd.
bewēten
‘etw. ins Auge fassen, auf etw. bedacht sein, (um etw.) wissen’
(Part. Prät.
bewēten
‘bei klarem Verstand, Bewußtsein’,
bewust
‘bewußt, bekannt’)
und
aengl.
bewitan
‘Sorge tragen, achten auf, Aufsicht führen’
eine Präfixbildung zu dem unter
wissen
(s. d.)
behandelten Simplex ist.
Zuvor erscheint die
hd. Präfixbildung
nur als negiertes Part. Präs. in
ahd.
unbiwiʒʒanti
(8. Jh.),
Übersetzung von
lat.
ignorāns.
Das Nebeneinander der Wurzelsilbenvokale
i
und
u
findet sich ebenso im Part. Prät. des Simplex,
vgl.
mhd.
gewist,
gewest
(neben fast nur adjektivisch gebrauchtem
gewiʒʒen),
md.
auch
gewust.
Die semantische Entwicklung des Part.adj.
geht aus von den Bedeutungen
‘bekannt’
und
‘genau wissend’,
wie sie in den seit frühnhd. Zeit bezeugten Verwendungen
mir ist bewußt
und
(rückbezüglichem)
ich bin mir bewußt
(‘weiß genau’)
vorliegen.
–
Bewußtsein
n.
‘spezifisch menschlich ideelle Widerspiegelung der objektiven Realität, klares Wissen, Gewißheit, Zustand, in dem der Mensch seiner Sinne mächtig ist’.
Als philosophischer Terminus 1720 von
Chr. Wolff
geprägt,
anfangs auch getrennt geschrieben
(
das bewust Sein).
selbstbewußt
Adj.
‘eine klare Vorstellung von sich selbst, von seiner Existenz besitzend’,
meist in dem speziellen Sinn
‘vom eigenen Wert überzeugt, ihn deutlich betonend’;
Selbstbewußtsein
n.
(beide um 1800).
schuldbewußt
Adj.
‘um seine Schuld wissend, reuig’
(18. Jh.);
Schuldbewußtsein
n.
(19. Jh.).
unbewußt
Adj.
‘ohne etw. in ausgeprägter Weise im Bewußtsein zu reflektieren, instinktiv, nur vom Gefühl her’.
Wie bei den nichtnegierten Formen
findet sich auch hier
ein Nebeneinander verschiedener Wurzelsilbenvokale,
frühnhd.
unbewist
(15. bis 17. Jh.),
unbewüst,
md.
unbewust,
unbewost.
Bereits im
Frühnhd. erscheinen die Bedeutungen
‘unbekannt, nicht erinnerlich’
und
‘nicht wissend, ahnungslos, ohne Überlegung’.
Substantiviert
das Unbewußte
n.
in der Philosophie für das,
was sich der Beachtung und Aufmerksamkeit entzieht
(
Jean Paul,
1804),
in der analytischen Psychologie
für abgewiesene und verdrängte Erlebnisse
(
Freud,
1900).
bewußtlos
Adj.
‘ohne Bewußtsein, ohnmächtig, zu keinem bewußten Verhalten, Erleben fähig’.
Eine frühe Abstraktbildung zu
bewußt
(s. oben)
ist das in der Literatursprache wieder untergegangene Substantiv
Bewußt
f. m.
‘Wissen, Bewußtsein, Kenntnis’
(15. Jh.),
erhalten in der Ableitung
bewußtlos
(Ende 18. Jh.),
zunächst meist in der Bedeutung
‘unwissentlich, unbewußt’,
heute nur noch im oben angegebenen Sinn.