ehrlich, rechtschaffen
bieder
Grammatik Adjektiv
Aussprache [ˈbiːdɐ]
Worttrennung bie-der
Wortbildung
mit ›bieder‹ als Erstglied:
Biederfrau
·
Biederkeit
·
Biedermann
·
Biedermeier1
·
Biedermeier2
·
Biedersinn
Bedeutungsübersicht
- 1. ehrlich, rechtschaffen
- 2. [spöttisch] allzu naiv, treuherzig
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
bieder · biderb · anbiedern · Biederkeit · Biedermann · Biedermeier
bieder
Adj.
‘brav, rechtschaffen, unkompliziert in seinem Verhältnis zur Umwelt’.
Das nur im Dt. bezeugte Adjektiv
ahd.
bitherbi
‘nützlich, brauchbar’
(8. Jh.),
mhd.
biderbe,
durch die Betonung auf der ersten Silbe verkürzt zu
bider,
asächs.
bitherƀi,
mnd.
bederve
ist eine alte Bildung zum Verbum
dürfen
(s. d.)
mit dem umgelauteten Vokal des Singulars
(vgl.
nhd.
darf)
und der (hier betonten) Vorsilbe
ahd.
bi-
(s.
be-).
Als Ursprungsbedeutung ist daher anzusetzen
‘dem Bedürfnis entsprechend’.
bieder
ist bis Ende des 16. Jhs. durchgehend bezeugt,
wird im 17. Jh. selten,
aber in der 2. Hälfte des 18. Jhs.
(durch
Klopstock,
Lessing,
Bürger
u. a.)
wieder geläufig;
älteres
biderb
Adj.
gilt teils historisierend, teils spöttisch
bis zur Gegenwart.
anbiedern
Vb.
‘auf plumpe Weise um Sympathie werben’
(um 1800).
Biederkeit
f.
vgl.
ahd.
bitherbī̌gheit
(11. Jh.),
mhd.
biderbecheit,
wie das Adjektiv bis ins 16. Jh. belegt,
dann wieder seit der 2. Hälfte des 18. Jhs.
Biedermann
m.
‘Spießer’,
mhd.
biderman
‘unbescholtener Mann’.
Biedermeier
n.
Stilbezeichnung für Malerei, Literatur und Möbel
der Zeit von etwa 1815 bis 1848,
die, im Gegensatz zu den Ausdrucksformen des Vormärz,
die ruhige, nach außen geschlossene Welt des Kleinbürgertums repräsentieren.
Zugrunde liegt das von
Eichrodt
1853 gebildete Pseudonym
Biedermaier
(aus
Scheffels
„Biedermanns Abendgemütlichkeit“
und
„Bummelmaiers Klage“,
1848,
unter dem er die kleinbürgerliche Haltung anprangert).
Seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. wird
Biedermeier
für
Spießer
verwendet.
Die Aufwertung zum Stilbegriff
erfolgt vor allem durch die Jahrhundertausstellung 1906,
vorwiegend durch den gediegenen Möbelstil der Biedermeierzeit veranlaßt.
Thesaurus
Synonymgruppe
Assoziationen |
|
Synonymgruppe
bieder
·
borniert
·
brav und bieder
·
engstirnig
·
kleinbürgerlich
·
philisterhaft
·
piefig
·
provinziell
·
spießbürgerlich
·
spießerhaft
●
spießig
Hauptform
·
bourgeois
geh.
·
philiströs
geh., bildungssprachlich
Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›bieder‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›bieder‹.
Verwendungsbeispiele für ›bieder‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Am andern Morgen verließ mich der biedere alte Mann und ich sah ihn nicht wieder.
[Blos, Wilhelm: Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten, Bd. 1. In: Simons, Oliver (Hg.) Deutsche Autobiographien 1690-1930, Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1914], S. 4900]
Auch die biederste Bank wäre bankrott, wollten plötzlich alle Kunden an ihr Geld.
[Die Zeit, 11.04.2013, Nr. 15]
Eine biedere junge Frau sprach davon, sie hätte Sie nach der Lektüre der „Satanischen Verse“ erwürgen können.
[Die Zeit, 17.06.1994, Nr. 25]
Gleichsam über Nacht wandelten sich biedere Techniker zu wissensdurstigen Forschern.
[Die Zeit, 10.07.1987, Nr. 29]
Das Wort „neukonservativ“, das auch einmal benutzt worden ist, klingt zu treudeutsch, bieder; es wurde aus dem Verkehr gezogen.
[Die Zeit, 23.07.1982, Nr. 30]
Zitationshilfe
„bieder“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/bieder>.
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