⟨jmd. verliert den Faden⟩beim Sprechen, Vortragen, Erzählen o. Ä., auch beim Zuhören oder Lesen (durch Unkonzentriertheit oder Verwirrung) den Leitgedanken nicht mehr weiterführen oder nachvollziehen können
siehe auch roter Faden
Kollokationen:
mit Adverbialbestimmung: völlig, vorübergehend, komplett, endgültig, niemals, ständig, nie, plötzlich den Faden verlieren
hat Präpositionalgruppe/-objekt: mitten im Satz, im Gespräch den Faden
verlieren
Beispiele:
Entscheidend für den
Unterrichtserfolg ist, dass der Lehrer bei jedem Unterrichtsschritt darauf
achtet, ob die Schüler noch folgen oder den Faden
verlieren. [Die Welt, 05.06.2020]
[Uwe]
Johnson ist ein Erzähler, der stundenlang ohne Erschöpfung redet und nie
den Faden verliert. [Süddeutsche Zeitung, 01.12.2018]
Seit Beginn ihrer Amtszeit im Dezember 2013 verfolgt die 55‑Jährige
[Monika Grütters] eine eigene Agenda, bezieht
Stellung, agitiert, argumentiert, mischt sich ein. Eine Überzeugungstäterin.
Wer je mit ihr zu tun hatte, weiß, wie schnell und viel sie reden kann, ohne
je den Faden zu verlieren.
[…] [Der Tagesspiegel, 19.09.2017]
Da vorne steht dieser Mann, klein und alt. Er redet Englisch mit
heftigem Akzent, stockt immer wieder, verliert den
Faden, macht lange Pausen. [Die Zeit, 28.05.2015]
Hervorragend, dass er
mit dem Publikum spricht und sehr originell auf die Besucher eingeht, dabei
aber trotzdem nicht den Faden verliert. [Aachener Zeitung, 02.12.2015]
Die 16 Erzählungen des […] Buches sind in
mehrere Themen‑Abschnitte unterteilt, sodass der Leser den Schmöker auch mal
zur Seite legen und ihn bequem wieder aufnehmen kann, ohne gleich
den Faden zu verlieren. [Norddeutsche Neueste Nachrichten, 16.01.2014]
Ich bin kein großer Hörbuch‑Fan. Zwar mag ich die beruhigende
Wirkung des Hintergrundsäuselns als Einschlafhilfe, aber fürs echte Hören
fehlt es mir offenbar an der dafür nötigen Konzentration. Meist driften
meine Gedanken nach wenigen Minuten ab und ich verliere den
Faden. Dann muss ich das Kapitel nochmal von vorne
anfangen. [Die Zeit, 06.12.2014]
Über Stunden und ohne dabei jemals den Faden
zu verlieren spricht [der Schriftsteller] Boris Pahor von den hundert Jahren seines
Lebens. [Die Welt, 24.08.2013]
Der Redner verzichtet auf die schöne Wendung: »Unvorbereitet wie ich
bin«, denn er hat sich vorbereitet. Warum soll er sich nicht einige
Stichworte notieren, die er durchaus nicht vor seinen Zuhörern zu verbergen
braucht! Er spricht über jeden Punkt in kurzen, knappen Sätzen, dann ist die
Gefahr, daß er den Faden verliert, abgewendet.
[…] [Schwarz, Peter-Paul (Hg.): Gepflegte Gastlichkeit. Wiesbaden: Falken-Verl. Sicker 1967, S. 60]
●
allgemeiner ⟨jmd. verliert den Faden⟩bei einer Tätigkeit unaufmerksam, unachtsam werden und dadurch Fehler machen oder die Übersicht, Kontrolle verlieren
siehe auch von der Rolle geraten (a)
Beispiele:
Die Zeit verging wie im Flug und es war Abend geworden. Morgen
war der grosse Auftritt unserer Band. Nein, ich konnte nicht versagen!
Ich musste mich aber auch noch ausruhen, damit ich morgen nicht komplett
den Faden verlieren würde. So machte ich mich
fertig, um ein Weilchen zu ruhen. [Luzerner Zeitung, 16.12.2020]
[…] »Wir sind
eigentlich gut ins Spiel gekommen, waren wach und griffig, dann haben
wir den Faden verloren, obwohl wir keineswegs die
schlechtere Mannschaft waren«. [Münchner Merkur, 18.12.2018]
Warum war ich durchgeknallt? Ich hatte
den Faden in meinem Leben
verloren. [Zeit Magazin, 07.09.2017]
Es gehe darum, den weiteren Prozess auch nach
Ende der Kommissionsarbeit sorgsam im Auge zu halten, sagt der Geologe
Ulrich Kleemann, selbst Kommissionsmitglied
[Bundestags-Kommission »Lagerung hochradioaktiver Abfälle«]. »Wenn man da nicht dranbleibt,
verliert man unheimlich schnell
den Faden.« [Süddeutsche Zeitung, 11.04.2016]