Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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aufgehaben

aufgehaben,
echte gestalt des part. praet. von aufheben. die sich, wie in erhaben, neben dem vorgedrungnen aufgehoben, erhoben lange geborgen hat: der du vormals hast alle deinen zorn aufgehaben. ps. 85, 4; die werden nicht geklagt noch aufgehaben noch begraben werden. Jerem. 25, 33; uber welchs (land) ich meine hand aufgehaben hatte. Ez. 20, 28; denn ich hab mein hand aufgehaben. 47, 14; und habet also gottes gebot aufgehaben. Matth. 15, 6; ward er aufgehaben gen himmel. Marc. 16, 19; und da er solchs gesagt, ward er aufgehaben zusehens. apost. gesch. 1, 9; solcher dörnen oder spitzen hat er so viel, dasz er hart mag aufgehaben werden. Forer fischb. 84ᵇ; stehn mit aufgehabnen händen. Fleming 120; leute sehen mit verwunderung und aufgehabnen händen nach dem bilde. Rabener 1, 222; mit aufgehabnem arme. 2, 257; mit aufgehabnen fäusten. 4, 305; ein sturm ist ihm ein sturm, er mag in der groszen oder kleinen welt entstehen, es mag ihn dort das aufgehabene gleichgewicht der luft oder hier die gestörte harmonie der leidenschaften verursachen. Lessing 5, 69; in der aufgehabenen belagerung von Ollmütz. 6, 34; unter dem aufgehabenen vorderfusze des einen centaur lieget ein krug und unter des andern ein horn. 8, 236; eine thräne fiel aus ihren aufgehabnen augen. Wieland 34, 300. heute herscht aufgehoben. s. aufheben.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1852), Bd. I (1854), Sp. 653, Z. 17.

aufheben

aufheben,
elevare, tollere, nnl. opheffen. was die form angeht, so sagte man früher im praet. aufhub, jetzt aufhob, und noch Göthe schwankt zwischen beiden, nnl. gilt ophief. im part. praet. wurde das alte aufgehaben allmälich verdrängt von aufgehoben, Wieland brauchte bald eins, bald das andere. Mess. 4, 160 schrieb Klopstock 1751 mit aufgehabenen armen, 1760 und 1780 mit aufgehabenem arme, zuletzt aber mit hocherhobenem arme. statt aufgehaben brauchten mehrere schwaches aufgehebt: aufgehebt und abgethan. landfr. von 1521 §. 1 und oft Luther, z. b.: ist damit sein keiserlich öberkeit nicht aufgehebet. 6, 2ᵇ; Agricola 62ᵃ; von späteren Spee im tugendb. 99. Hohberg 1, 570ᵃ, vgl. mhd. gehebet, behebet (Ben. 1, 643. 644. 645).
Bedeutungen.
1)
aufheben, in die höhe heben, erigere, elevare: da hub Lot seine augen auf und besahe. 1 Mos. 13, 10; heb deine augen auf und sihe. 13, 14; und als er seine augen aufhub und sahe. 18, 2; am dritten tage hub Abraham seine augen auf und sahe. 22, 4; Jacob hub seine augen auf und sahe. 33, 1; Esau hub seine augen auf und sahe. 33, 5; seine verdunkelten augen fielen schmerzhaft vom himmel herab auf Klotildens ihre, die aufgehoben seinen gegenüber standen. J. Paul Hesp. 3, 86;
ganz Ellrich stand um ihn herum,
hob vor erstaunen bis zur stirne
die augenwimpern auf.
Gökingk 2, 95.
denn du wirst dein andlitz zu gott aufheben. Hiob 22, 26; derhalben er mit begirigen herzen einen trunk thet mit aufgehebtem angesicht. Luther 3, 418; hob die blicke gen himmel auf; sehet auf und hebet eure heupter auf. Luc. 21, 28; und Aaron hub seine hand auf zum volk. 3 Mos. 9, 22; und Mose hub seine hand auf und schlug den fels. 4 Mos. 20, 11; mit aufgehabnen händen. pers. rosenth. 7, 20; sie hob ihren finger auf und drohte;
und wer mir trauren helfen will,
der heb ein finger auf.
Uhland 96;
mit aufgehabnem arm. Gökingk 1, 226; da hub Jacob seine füsze auf und gieng in das land. 1 Mos. 29, 1; der adler hob seine flügel auf und schwang sich in die luft; der sturmwind hebt den groszen flügel auf. J. Paul Hesp. 2, 247; der löwe hob seinen schweif zürnend und schlug an den boden; das pferd hob seinen huf auf und schlug aus; in den meisten dieser beispiele leitet das aufheben die folgende eigentliche handlung episch ein: er hob die augen auf und sah, hob die hand auf und schlug, hob die beine auf und gieng drücken das nackte aus er sah, schlug, gieng.
2)
einen liegenden, knienden aufheben, vom boden in die arme nehmen: und sie huben Asahel auf und begruben in. 2 Sam. 2, 32; huben in auf und begruben in. richt. 16, 31; sie drückte seine hand, aber sie hob ihn nicht auf. Göthe 17, 139; sie hub ihn auf und ergrif seinen arm. 17, 140; er hob sie auf und sie fiel auf seinen schosz. 18, 228; mein kind, rief er aus, indem er sie aufhob und fest umarmte, mein kind, was ist dir? das. ein kind aufheben, zur taufe halten: secht, das ihrs hoch genug aufhebt, das es auch hoch wachs! hebts ihr lieben paten! Garg. 110ᵇ; das kind bei den oren aufheben und Rom zeigen. 68ᵃ. einen aufheben, auf das pferd. mhd. Ben. 1, 643. es (das öl) hebt auch die leut in fallendem siechtumb auf (relevat). Paracelsus 1, 693ᵃ. sich aufheben, sich erheben, aufstehn: endlich hub er sich wieder auf (aus dem gras) und gieng nach haus. Millers Siegw. 2, 315
3)
geräth aufheben, in die höhe heben, voraus glas, becher, was aber wegbleiben kann. schon im mhd. weinschwelg heiszts wiederholt (vgl. Ben. 1, 644ᵇ)
dô huob er ûf unde tranc;
er hub auf und trank. Uhland 578. Fortunatus k 7ᵇ, wiederum der epische ausdruck statt des prosaischen er trank, dichterisch aber ist es, bei verstandnem trinken, blosz zu sagen: er hub auf; lasz uns frölich leben, umbhin geben, oft aufheben, von den reben Garg. 96ᵇ; du hebst zu hoch auf, die hand verstelt dir die nas. 100ᵃ. auch war derselbige Friederich grosz und stark, also dasz er ein ohm weins aufhub und trank aus dem ponten (spuntloch). Limb. chron. §. 86. teller aufheben, wir sagen heute abnehmen, wechseln, bei der mahlzeit; ein altes sprichwort lautet: heb einen teller auf und zubrich eine schüssel Luther 4, 443ᵇ. mit löffeln aufheben, vom teller essen;
man hets mit loffeln aufgehaben.
fastn. sp. 385, 8,
man hätte das ausgespieene mit löffeln aufnehmen können. Da man vor alters an kleinen tischen speiste, die nach geendetem mahl bei seite gestellt wurden, so entsprang die redensart den tisch, die tische heben (Ben. 1, 643), aufheben = das mahl schlieszen, vom mahl aufstehn; als nun das mahl sich ganz geendet hatte, die tisch aufgehaben wurden. Galmy 60. das blieb auch später, als an schweren, unaufgehobenen tafeln gespeist wurde: die tafel aufheben; nach aufgehobner tafel Göthe 31, 235. das klingt vornehm, der gemeine mann iszt auf festen tischen; noch unpassender scheint: das mahl, die mahlzeit aufheben, wenn mans nicht vom wegnehmen der speisen und des tischgeräthes verstehn will. Möser sagt sogar einmal: die von einer schweren mahlzeit aufgehobene (sich erhebende?) freifrau. verm. schr. 1, 85. richtig aber heiszt es, die aufgehobnen, abgenommnen speisen, gerichte, brosamen; was vom tisch wird aufgehebt. Agricola spr. 62ᵃ.
4)
kleider und gewand aufheben, entdecken, detegere: den vorhang aufheben; er hub den schleier auf. Göthe 20, 255; ich hub den untern teppich auf. 18, 20; frauen, über die strasze gehend, heben den rock auf, um ihn nicht zu bestäuben, zugleich schöne füsze blicken zu lassen; mhd.
diu maget huop ûf ir wât,
sie gienc über den hof in ein schœne kemenât.
Morolt 2294;
dô hôb diu maget wolgetân
ir wât lossam
vaste an diu knie,
sine gedâhte der zuht nie,
vrouwelîcher gange sie vergaʒ,
wie schiere sie über den hof geloufen was!
Rother 2081,
die eilende botin wird getadelt, dasz sie zu hoch aufgehoben hatte, zierliches aufheben war geboten:
ach edle zarte schöne frau,
wie hebt ihr euch auf so genau!
Ayrer 458ᵃ.
von männern sagte man für aufgürten wiederum aufheben: gleich wie man auf deudsch pflegt zu sagen 'du müstest dich hoch aufheben, das du soltest einem schalk entlaufen'. Luther 5, 523ᵃ, bei schnellem lauf galt es sich hoch zu gürten, damit das gewand nicht an die füsze schlüge. die zelte aufheben, das lager, die belagerung.
5)
steine aufheben, wieder mit folgendem und werfen: da huben sie steine auf, das sie auf in würfen (goth. nêmun stainans, ei vaurpeina ana ina). Joh. 8, 59; da huben die Jüden abermal steine auf, das sie in steinigten (nêmun aftra stainans, ei vaurpeina ana ina). 10, 31; hebt auf aus dem Jordan zwelf steine. Jos. 4, 3; hat er den stein aufgehaben. pers. rosenth. 1, 24; entschlosz man sich, das pflaster aufzuheben (aufzubrechen) und eine sanfte ab- und auffahrt zu veranstalten. Göthe 24, 305; huben die böden auf. Garg. 202ᵇ, brachen sie auf. erde vom boden aufheben und über einen streuen; die asche des brandopfers aufheben und neben den altar schütten. 3 Mos. 6, 10.
6)
stab, spiesz, schwert aufheben:
hub den stab auf und schlug ins wasser.
2 Mos. 7, 20;
du aber heb deinen stab auf.
14, 16;
er wird seinen stab wider dich aufheben.
Es. 10, 24;
er hub seinen spiesz auf und schlug dreihundert.
2 Sam. 23, 18.
1 chron. 12, 11;
und hette mich dein volk nicht veracht, so hette ich nie keinen spiesz aufgehoben wider sie.
Jud. 11, 2;
denn es wird kein volk wider das ander ein schwert aufheben.
Es. 2, 4.
Micha 4, 3. dann mit weggelassenem acc. aufheben und schlagen, er hub auf und schlug, und wiederum ein fechterausdruck, aus dem sich unser viel aufhebens machen deutet (s. das subst. aufheben).
7)
sich aufheben, von wasser, flut, meer, wolke, nebel, wind bedeutet aufsteigen, aufschwellen, sich erheben: und wurde sich das mör dermaszen aufheben und geschwellen, das uns bedaucht, wir schiften oben an den himmel. Frank weltb. 218ᵇ;
hoch zu bergen aufgehoben
schwillt das meer, die brandung bricht.
Schiller 60ᵇ;
wenn die wolke sich aufhub, so zogen die kinder Israel. 2 Mos. 40, 36; und nachdem sich die wolke aufhub von der hütten, so zogen die kinder Israel. 4 Mos. 9, 17. ebenso der teig, das brot hebt sich auf, geht auf und transitiv: der wind hebt den nebel auf, die hefe (wörtlich die hebende) hebt den teig auf.
8)
in vielen fällen wird das aufheben gedacht als ein davon tragen (franz. emporter), behalten; wie der vogel aufpickt, aufhascht, der hund auffängt, hebt der findende den apfel, das geld vom boden auf und trägt es mit sich. in diesem sinne heiszt es, den flüchtling nachts im bette aufheben, einen feindlichen posten, eine diebsbande überfallen und aufheben; einen verdächtigen abenteurer aufheben und verhaften; aufheben und auf die festung setzen lassen. Tieck ges. nov. 3, 150. abstract aber, spott oder undank aufheben, davon tragen, wo man lob oder dank erwartete:
ir wert wol sehen, was für spott
mit der hochzeit ir werdt aufheben.
Schmelzl hochz. 11ᵇ;
und werdt aufheben groszen spot.
Saul 12ᵃ;
der wird wenig dank aufheben. Simpl. 1, 332.
9)
noch häufiger ist die abstraction des aufhebens, wegnehmens, tilgens und abschaffens: ich werde ir gedechtnis aufheben unter den menschen. 5 Mos. 32, 26; der du vormals hast aufgehaben alle deinen zorn. ps. 85, 4; er wird aufheben die schmach seines volks. Es. 25, 8; und ich nam meinen stab sanft, und zubrach in, das ich aufhübe meinen bund, den ich mit allen völkern gemacht hatte. Zach. 11, 10; das alle andere gesetz sollen aufgehaben und allein des herrn gehalten sol werden. 2 Macc. 2, 23; das testament wird nicht aufgehaben. Gal. 3, 17; da hebet er das erste auf, das er das ander einsetze. Hebr. 10, 9; es ist sehr gut und nütz, das gott so mit Jerusalem umbgangen, der Jüden regiment zurissen, Mosen aufgehaben und sie verstöret hat, das sie nimmermehr wider aufkommen werden. Luther 5, 130ᵇ; ir habt gottes gebot aufgehaben durch ewre eigen aufsetze. 6, 27ᵇ; so ists gewis, das im solchs wolgefellet, das die sünd und tod sollen aufgehaben werden. 6, 242ᵃ; der überig geruch ist gleich verdrieszlich und ungesund, den sie mit eim leimrauch und angezinten (angezündeten) bocksbart aufheben. Frank weltb. 187ᵇ; Antiochus hat das gesatz aufgehebt. Reiszner Jer. 1, 22ᵇ; das er gar wol verdienet, ime das handwerk ganz und gar aufzuheben. Ayrer proc. 1, 9; unter denen da einer liebet und der ander geliebet wird, wird der name herr und diener aufgehaben. pers. rosenth. 5, 1;
wer viel geld hat wegzuleihen
musz der freundschaft sich verzeihen,
dann der tag zum wiedergeben
pflegt die freundschaft aufzuheben.
Logau 1, 7, 34;
die liebe süsze ordnung meiner tage und stunden ist ganz aufgehoben. Göthe an fr. v. St. 2, 176; wie kinder ohne hasz geboren werden, wie das glück der ersten jahre darin besteht, dasz in ihnen mehr die neigung als die abneigung herscht: so sollte ich auch bei meinem wiedereintritt ins leben dieses glücks theilhaft werden, mit aufgehobnem widerwillen eine neue bahn anzutreten. Göthe an Reichardt; der gänzliche müsziggang behagt mir nicht recht und doch würd es mir schwer werden ihn aufzuheben. Tieck 6, 69; eine universität wird aufgehoben, ein gesetz für aufgehoben erklärt; aufgeschoben ist nicht aufgehoben. dem philosophischen sprachgebrauch geht das aufheben über in verneinen, wie das setzen ein bejahen ist: die bewegung eines körpers hebt die des andern auf. Kant 1, 61; die aufhebende form der verknüpfung (modus tollens). 1, 437.
10)
mit einem aufheben heiszt ein bisher zu ihm bestandnes verhältnis brechen, lösen, was wol auf eine alte exfestucation und ein aufheben des halms zurückgeht: also dasz sich sein schreiber der nutzung des gutes anmaszte, mit den gärtnern aufhob, und das getraide in seine verwahrung nahm. Schweinichen 2, 146; er gab mir vollmacht, diese sache mit dem marchese abzuthun und dann sogleich mit dem wucherer aufzuheben. Schiller 744;
denn damals, sire, als ich auf immer mit
der krone aufgehoben (gebrochen hatte).
277.
gleich aufheben mit einem (gleiche halme?) meint aber, wenn beide theile fahren lassen, auf eine linie zu stehn kommen: ja du wirst fro werden, das du gleich (das gleiche) mit dem andern aufhebest. Luther 5, 430ᵃ;
ihr bruder, der ein autor war,
sah sie am spiegel stehn und schmälte.
herr autor, sprach sie, der ihr seid,
hebt mit mir auf! denn sich gern selber lesen
und gern im spiegel sehn, ist beides eitelkeit.
Gellert 1, 211.
man kann auch die exfestucation aus dem spiel lassen und nach dem bloszen abrechnen deuten: zehn gegen zehn hebt sich auf; sie haben auf meine unkosten gelacht, ich lache jetzt auf die ihrigen, und so heben wir gegen einander auf. Schiller 654; sieh nur, eins hebt sich mit dem andern auf. Arnim schaub. 1, 39; eins hebt das andere auf.
getheilter schmerz ist halber nicht,
aufheben sich getheilte qualen,
als wie sich aufhebt ein gewicht,
das man vertheilt in beide schalen.
Rückert 5, 75.
11)
einem etwas aufheben bedeutete auch vorwerfen, zum vorwurf machen, relevare, exprobrare, wobei wieder ein symbol anzuschlagen wäre: Joseph dorft in nit anschauen noch ansprechen oder im das verwiszen oder ufheben. Keisersb. post. 1, 2; du und Murnar mit vielen andern aufhebt mir fast (reibt mir unter die nase, haltet mir vor), das ich der geistlichen laster allein rüre, und schweige des adels und der weltlichen gewalt streflich laster. Luther 1, 389ᵇ (gegen bock Emser); die schand, die sie im aufhub und verweisz. sch. und ernst 30; einem seine lüge aufheben. H. Sachs I, 542; si huben im sein tadel an seel und leib auf. Aventin chr. 191; unser keiner dem andern viel aufzuheben hatte, weil wir allzumal gemachte tropfen gewesen. Andreae chym. hochz. 1, 8. vielleicht dachte man auch dabei an ein aufheben des deckels vom topf, da wir heute in gleichem sinn sagen: einem seinen topf, sein töpfchen aufdecken.
12)
aufheben = erheben, geld, zins, abgaben: wie etliche geizige blasen thun, die auf benante tage zinse aufheben und frisch widerumb dasselb auch auf zinse treiben. Luther 1, 195ᵃ; es hat je der bapst solch grosze güter nicht kauft, das er von seinen officiis mag aufheben bei zehnhundert tausent ducaten. 1, 298ᵃ; die edelleut mit der geistlichen zehend und pfründen oder vil mehr mit deren einkummen und aufheben zu begaben. Frank weltb. 36ᵃ; aus dem tempfel Saturni machet er gemeine schatzkammer alles aufhebens der statt. 76ᵃ; der papst zu Rom pflag alle jahr bei hundert tausend ducaten darvon (vom häuschen Loreto) aufzuheben. bienenk. 182ᵇ. Wie hier aufheben = erheben, sagte man ehmals auch die stimme aufheben, erheben: und sie satzte sich gegenuber und hub ire stimme auf und weinet. 1 Mos. 21, 16; und hub auf seine stimme und weinet. 27, 38; hub das volk seine stimme auf und weineten. richt. 2, 4; und hub auf seine stim, rief und sprach zu inen. 9, 7; da huben sie ire stimme auf und weineten. Ruth 1, 9; und huben auf ire stimme und weineten. Hiob 2, 12; Petrus hub auf seine stimme und redete zu ihnen. apost. gesch. 2, 14.
13)
entgegengesetzt der neunten bedeutung, dem wegnehmen scheint die des aufhebens, bewahrens, behaltens; beide aber kann die achte vermitteln. das wegnehmen ist der erste, das behalten der zweite act einer zusammenhängenden handlung. sage Eleasar das er die pfannen aufhebe aus dem brand (um den altar damit zu behängen). 4 Mos. 16, 37; und sie aszen alle und wurden satt, und huben auf was übrig bleib von brocken, zwelf körbe voll. Matth. 14, 20; wie viel körbe ihr da aufhubt. Matth. 16, 9; und sie huben auf die brocken zwelf körbe voll. Marc. 6, 43; und wurden aufgehaben, das ihnen überbleib von brocken, zwelf körbe (goth. jah ushafan varþ þatei aflifnôda im gabrukô, tainjôns tvalif). Luc. 9, 17. in allen diesen stellen ist noch mehr das aufnehmen, erheben bezeichnet als das aufbehalten. was schadet es, ob alle creaturen mir die sünde aufhüben und behielten. Luther 1, 40ᵃ; ich hab aber noch ein buchlin doct. Martini bei mir, das ist etliche jare fur der bawrischen ufrhur ausgangen, das heb ich sonderlich uf von diser lügen wegen. Alberus wider Jörg Witzeln A 8ᵃ; o ihre gnaden, sie könnte in dem schosze der seligkeit nicht aufgehobner sein. Lessing 2, 156; meine tochter wird bei ihm so gut aufgehoben sein, als bei mir selber. Gellert 3, 191;
mein schwesterlein klein
hub auf die bein
an einem kühlen ort.
Göthe 12, 237;
hier steht meine ganze bibliothek, es sind eher bücher, die ich nicht wegwerfe, als die ich aufhebe. 20, 66; die vermählung bleibt gelegeneren tagen aufgehoben. Schiller 215. Vor einem aufheben, behalten, sichern: man kann vor keinem dieb aufheben. Agricola 27ᵃ;
ein dieb ist dennoch besser mehr,
vor welchem man aufheben mag.
H. Sachs I, 303ᵇ.
14)
aufheben für auffangen, aufhalten, intercipere: Pontus hub den streich auf und empfieng ihn in sein schild. Pontus 22.
15)
bergmännisch, den stollen aufheben, den verschütteten wieder öfnen. gerichtlich, aufheben = die leiche aufheben. landwirtschaftlich, aufheben, das ausgedroschene getraide von der tenne heben, messen und aufspeichern. wir haben heute aufgehoben kann in einer dieser drei bedeutungen gesagt sein.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1852), Bd. I (1854), Sp. 663, Z. 44.

aufheben, n.

aufheben, n.
denkbar in allen entfalteten lagen des aufhebens, hauptsächlich aber in folgenden:
1)
aufheben der augen, hände, des steins.
2)
aufheben des tisches, der tafel, abdecken:
als nun das mal volendet was,
bet das münchlein das gracias,
pirgamschel thet aufhebens warten.
H. Sachs I, 426ᵃ.
3)
aufheben, ertrag, einkunft von geld: daraus der künig von Portugal ein grosz aufheben hat an gold und öl. Frank weltb. 8ᵃ; die obrigkeit im Pinzgaw und Pangaw behielten die fürsten von Baiern, das aufheben reichet man s. Ruprecht gen Salzburg. Aventin chron. 146. 307.
4)
aufheben, praeludium, ein fechterausdruck, der schon bei aufgehebe erklärt wurde, das gefecht begann mit vorspiel:
nu heb ichʒ hie mit schirmslegen.
MS. 2, 1ᵃ;
nun aber zuͦ disem meinem schuͦlrecht hab ich euch für mein aufheben zum richter und grieszwertel erwelt. Frank sprichw. vorr. 4ᵃ; ein aufheben thuͦn oder das erst schuͦlrecht thuͦn. 1, 1ᵇ; man tregt ihn zwei fechtschwerder entgegen, Bechting nimmt eins, macht ein aufhebents, gibt dem jungen auch eins, thun ein gang zusammen. Ayrer 201ᵈ; und wider zu seiner kreuzstangen, mit der macht er ein aufhebens und satzt sich wider zu pferd. Garg. 253ᵃ. Stieler 806 erklärt noch richtig: in arte pugillatoria est colligere arma cum ceremoniis quibusdam, quod dicunt ein aufhebens machen. spätere nehmen es blosz für prahlen und rühmen, nur bei Lessing blickt noch der alte sinn durch: von einem gewonnenen processe viel aufhebens machen. Rabener 2, 272; Dolce, in seinem gespräche von der mahlerei, läszt den Aretino von den angeführten stanzen des Ariost ein auszerordentliches aufheben machen. Lessing 6, 494; endlich scheinet der herr hauptpastor Göze, nach so langem ärgerlichen aufheben, welches nur bei der schlechtesten art von klopffechtern im gebrauch ist, zur klinge kommen und bei der klinge bleiben zu wollen. 10, 239; kein wunder, dasz diese leute so viel eifer für ihre maske zeigen, immer so viel aufhebens und prahlens davon machen. Wieland 8, 111.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1852), Bd. I (1854), Sp. 667, Z. 45.

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Zitationshilfe
„aufheben“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/aufheben>.

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