Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

aufruhr, f. und m.

aufruhr, f. und m.
commotio, seditio, tumultus, aufstand, empörung, bei Ulfilas unsuti oder drôbna, nnl. oproer. der älteren sprache ist das wort weiblich, wie man auch die ruhr, in mehrfachem sinne, sagt. ahd. hruora motus (Graff 4, 1178). es ward nur gröszere aufruͦr. Keisersb. schif der pen. 89; gedachter aufruhr hauptsacher. reichsabsch. von 1526 zu Speier §. 8;
das er kein sunder aufrur mach.
fastn. sp. 2, 20;
du und deine ganze rotte macht ein aufrhur wider den herrn. 4 Mos. 16, 11; der Amos macht ein aufrhur wider dich. Amos 7, 10; nun richtet das volk in der stadt eine aufruhr an. 1 Macc. 11, 45; darumb darfstu nicht begern einer leiblichen aufrhur. Luther 2, 68ᵇ; dienet es zu frecher aufrhur unter dem pöfel. 3, 47ᵇ; in der nehesten aufrhur (im bauernkrieg) 5, 46ᵇ; dazumal in der aufrhur. 47; mit welchem ich musz unschüldiglich leiden den heszlichen, feindseligen namen der aufrhur. 6, 8ᵇ; das ich der fürnemsten einer war, der wider die aufrhur lerete und schreib. 6, 9ᵃ; sondern aufs höhest wider die aufrhur streite. 6, 9ᵃ; das man die aufrhur nicht stillen kündte. 6, 31ᵇ; die aufrhur stinkt inen zum halse heraus. 6, 110ᵇ; wir stewren beide den irrthumen und aufrhuren. 6, 316ᵇ; kein krieg sondern eine rechte aufrhur. 8, 41ᵇ; zur aufruhr zwingen. br. 2, 143; da die aufruhr schon gestillet war. Melanchthons Daniel, verdeutscht von Jonas. Wittenb. 1546 bl. 107; da Absolon die aufrur erreget hat. Melanchth. lehr und trostr. schr. Wittenb. 1588 bl. 28; das wir zu keiner aufrhur lust haben. Melanchth. Augsb. conf. 368; die nechst beurische aufruͦr. Frank weltb. 45ᵇ; zuͦ morgens bewegt sich die ganz statt zuͦ rumor und aufruͦr. 190ᵃ; so hat er wollen eine aufruhr anrichten. Micrälius a. P. 2, 138; darauf grosze aufruren und blutvergieszen gefolgt. Reiszner Jer. 2, 74ᵃ; under disem Floro hat sich die aufruhr der juden angefangen. 2, 106ᵃ;
o könig aufrur, aufrur, aufrur (2 kön. 11, 14)!
das volk hat mit groszer unfur
Adoram dein rentmeister vereinigt
in dem felde zu tod gesteinigt.
H. Sachs III. 1, 105ᶜ;
ungehorsam, blutige aufrur.
III. 1, 106ᵃ;
müsz wir uns förchten einer aufrur.
Ayrer 259ᵇ;
in dieser heftigen aufruͦr.
Schmelzl Saul 2ᵇ;
warum soll dieses haupt der aufruhr weiter leben?
Gryphius 1, 14;
der aufruhr beschuldigen. Zinkgr. 49, 25. das f. bezeugt auch der plur. aufruhren (wie fuhren von fuhr, ahd. fuora), wie es in einer urk. Maximilians von 1494 (bei Chmel s. 32) heiszt: die aufruren und empörungen. Allmälich risz aber das m. ein, und die späteren ausgaben der bibel setzen es an den platz des f. hin und wider; das nnl. oproer ist bald männlich bald neutral. sinnlich bedeutet es aufregung und toben der elemente, des wassers, feuers und windes: des orkans aufruhr. Voss Od. 12, 314;
das ermattete pflugros
trägt zu des walls aufruhr säcke mit dämmendem schutt.
Voss 3, 121;
wein, den die bosheit ausgedacht,
in dem des hefens aufruhr tobt,
den niemand als der wirt uns lobt.
Hagedorn 3, 46.
davon ist ein leichter übergang zu innern und äuszeren bewegungen der menschen: sein herz, sein gewissen ist in aufruhr; das kommen und gehen, das reiten und laufen vermehrte sich immer und unser haus war tag und nacht in aufruhr. Göthe 24, 153; mein blut ist in aufruhr;
aber die königin, längst zerrissen von innigem aufruhr,
blutet an wunden des herzens.
Bürger 244ᵃ;
und sie entsprangen den thronen, den saal durchtobend mit aufuhr.
Voss Od. 22, 23.
man sagt intransitiv, in aufruhr treten, kommen, transitiv, in aufruhr bringen, setzen:
und gegen ihn in aufruhr trat
die jüdische gemeinde.
Bürger 45ᵇ;
das ganze weibliche Genua kam in aufruhr um diese schöne eroberung. Schiller 145ᵇ;
hurtig hinein mit der dirne! sie bringt mir den Hans so in aufruhr.
Luise 3, 494;
ein erhitztes und in aufruhr gebrachtes blut. Göthe 26, 22; den gnädigen herrn in verliebten aufruhr setzen. Hippel lebensl. 2, 56; städte und provinzen in aufruhr setzen. Klinger 1, 321; worte, die die hölle in aufruhr gegen mich setzen könnten. 10, 233.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1852), Bd. I (1854), Sp. 714, Z. 26.

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Zitationshilfe
„aufruhr“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/aufruhr>.

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