Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

aufstoszen

aufstoszen,
nnl. opstooten.
1)
transitiv, die thür, das fenster, das haus, das fasz aufstoszen, öfnen, pulsando aperire; er stiesz die thür auf und sprang davon. Susanna 39; sich die haut aufstoszen, aufritzen. weidmännisch, aufjagen, aufsprengen: der hund hat ein wild, einen hasen, geflügel aufgestoszen. den staub mit den füszen aufstoszen, erregen, auftreiben. feist, geswollen und ufgestoszen (aufgestrichnes) har. Muskatblut 61, 37. den scheiterhaufen aufstoszen, errichten, schichten.
stoszt ihr den holzstosz auf.
Gryphius 1, 39,
kaum ist es hier entzünden, anstoszen. die gläser aufstoszen, zuf einen anstoszen: sie greifen wieder nach ihren gläsern um aufzustoszen. Gotter 3, 489.
2)
intransitiv, aufstoszen, aufkeimen, auftreiben, gemmas trudere: wiltu das der gesäjet coriander bald soll aufstoszen, so must du den grund zwen tage vorhin tüngen. Sebiz 246 und öfter.
3)
intransitiv, aufstoszen, erkranken: das vieh stöszt auf; die hüner sind aufgestoszen; das kind stöszt auf; unter disen (türkischen heiligen) seind zwen, deren namen man weist Goy und Bartschumxassa (l. passa, d. i. pascha), von den man wunder saget in ihren gegenden, wie sie fürbündig gewest seind, das vihe zuͦ bewaren vor allen zuͦfellen und anstöszen, darvon der Sibenbürger seines herren fraw ihm oft gesagt haben schreibt, dasz si vil guͦts von disem heiligen empfangen hab, zuͦvoran in huͦttung des vihes, darumb si im all jar ein anzal masz butter bezalt, und wa sie etwa in dem opfer zuͦreichen seumig gewesen, sei ihr zuͦhand ein unglück zuͦgestanden und das vihe aufgestoszen, damit er si gleich gemant hab, und sobald si die verheiszen gab gelegt hab, sei das vihe widerkummen (genesen, zurecht gekommen). Frank weltb. 111ᵃ.ᵇ. vgl. anstosz und aufstöszig, aufstützig.
4)
intransitiv, aufstoszen, gähren, protrudere faeces: der wein, das bier stöszt auf, stöszt in die höhe, beginnt zu gähren: ohne eine solche immer gährende, brausende, aufstoszende harmonie sollen Livius und Polybius, Dionysius und Tacitus nicht glaubwürdige geschichtschreiber sein können? Lessing 10, 51.
5)
intransitiv, aufstoszen, ructus movere: es stöszt mir auf, der rettich stöszt mir im magen auf; dasz ihm (dem Saturn) der gefressen stein aufstoszt. Fischart groszm. 56; denen der rohgefressen narr noch aufstoszet. Garg. 17ᵇ; nicht also die orthodoxie, sondern eine gewisse schielende, hinkende, sich selber ungleiche orthodoxie ist so ekel, so widerstehend, so aufstoszend! Lessing 10, 25; es stöszt mir oft dick auf, wenn ich so hin in die welt schaue. Fr. Müller 3, 64. bildlich: zwar stiesz ihm die wegnehmung der Thusnelda etlichemal nicht ohne unmut des herzens und tiefgeholete seufzer auf. Lohenst. Arm. 2, 368; ihre meinung stiesz mir so auf. Hippel 4, 349; aufstoszende zweifel. Klinger 3, 163; dem scandal vorbeugen, der über kurz oder lang dem volke aufstoszen musz. Kant 2, 28. vgl. aufkoppen.
6)
intransitiv, aufstoszen, mit dat. der person, auf einen stoszen, einem begegnen:
der pfarherr ist ein ehrlicher man,
ist mir da ungfehr aufgestoszn.
Ayrer fastn. 63ᵇ;
bis dir ein besser glück aufstöszt. Simpl. 1, 431; was für ein abenteuer mir hier aufgestoszen. Lessing 2, 565;
und hörst du, trift sichs, dasz dir unterwegs
der wagen aufstöszt.
Schiller 216ᵃ;
und an diese chimären masz sie alle wirkliche menschen, die ihr aufstieszen. Tieck 7, 78; es kann mir der fall aufstoszen, sag ich. J. Paul Tit. 1, 68; will er ihr im park aufstoszen, so reiset sie, wie die sinesischen kuriere, doppelt. 2, 45; misdeutungen, welche scharfsinnigen männern in der beurtheilung dieses buchs aufgestoszen sind. Kant 2, 30.
7)
intransitiv, aufstoszen, collidere, rixari, gleichsam wie widder mit den hörnern aufeinander stoszen, läszt sich aus aufstosz und aufstöszig folgern.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1852), Bd. I (1854), Sp. 751, Z. 58.

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Zitationshilfe
„aufstoszen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/aufstoszen>.

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