Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

auftreiben

auftreiben,
exagitare, emportreiben, nnl. opdrijven.
1)
excitare feras e cubilibus, aufjagen, aufsprengen, erschrecken, aufspüren: den hasen auftreiben. weidwerkbuch 85ᵇ. 86ᵇ; er war ein weidmann, trieb auf, eh er zu garn lauf Garg. 52ᵇ; wild in schleiern auftreiben. 171ᵃ. man sagt aber auch einen auftreiben, einen aus dem bette, von dem stuhl treiben, endlich überhaupt ausforschen, auffinden: ich will wissen, ob sie für meine tochter einen mann aufgetrieben haben? irgendwo aufgejagt, aufgefangen.
2)
zumal hiesz bei den handwerkern auftreiben einen anrüchtig machen, schelten, schmähen, gleichsam aus der zunft treiben, dasz er auch auswärts unzugelassen bleibe. in der reformation guter policei von 1530, 39, 1: schmähen, auftreiben, unredlich machen. wo aber einer einen meister oder gesellen aufzutreiben oder unredlich an seinem handwerk zu schelten vermeinet. Erfurter stadtordn. Q 3ᵃ; auch keineswegs aufgetrieben, gemeidet oder gar unredlich geacht werden. ebenda.
3)
auf sachen oder personen angewandt bedeutet auftreiben erwischen, auffinden: wo hast du das wieder aufgetrieben? er liest, wo er nur ein blatt papier auftreiben kann; geld auftreiben, ich kann keinen kreuzer mehr auftreiben:
mein gselln habn mir gret zuͦ leihen,
ietz khunt ich nit ein heller auftreibn.
Schmelzl hochzeit 10ᵇ;
wann der satan gieng von Job, ist sein anwalt dennoch blieben
Jobs sein weib, er hatte nie keinen bessern aufgetrieben.
Logau 3, 2, 49;
so verdrieszlich mir dieser umstand war, so gab ich doch die hofnung nicht auf, durch die maszregeln, die ich deswegen nahm, die alte noch endlich aufzutreiben. Wieland 12, 142; aber es will sich noch nichts auftreiben lassen. Tieck 15, 329; ich hoffe, wenn ich sie dadurch unterhielte, wol so viel erfindung auftreiben zu können. ges. nov. 1, 54; ein beispiel auftreiben. Kant 4, 152; endlich habe ich ein solches subject aufgetrieben. J. Paul flegelj. 1, 11.
4)
sinnliches auftreiben, in die höhe treiben von gegenständen: die reife auftreiben, wie antreiben (sp. 505); die nestel, haften und kneiflein (knäuflein) auftreiben. Garg. 163ᵃ; eine thür auftreiben, gewaltsam öfnen; keile auftreiben;
jungfern mündchen sind die mülen, drauf man süszen zucker reibe,
jeder will hier sein ein müller, dasz er stein auf stein auftreibe.
Logau 3, 7, 54;
in welchen brunnen würt das wasser also versamlet und aufgetriben. Frank weltb. 164ᵇ; springbrunnen treiben das wasser, das meer die wellen, der wind den sand auf; mein gehirn treibt öfters wunderbare blasen auf. Schiller 262; scheue das blut nicht, es ist der thau, der die pflanze des ruhms auftreibt. Klinger 5, 121. zumal, anschwellen, in die höhe gehen machen: die hefe treibt den teig auf; das wasser die blase, der wind den balg; trieben ein geschwulst auf. Garg. 136ᵇ; wenn einer mit seiner natürlichen grösze nicht zufrieden, auf stelzen einher schritt, oder sich vor eigendünkel blähte und auftrieb, bis er hätte platzen mögen. Wieland 8, 244; ein aufgetriebner leib bei kranken. den staub auftreiben.
5)
abstractionen. widerumb alle die solchen glauben nicht haben, sondern vermessen sich, die mess als ein opfer aufzutreiben, und ir ampt gott für tragen, das sind ölgötzen. Luther 1, 336ᵇ; ein frölichkeit, mit welcher das gemüt aufgetriben und grosz wird. Melanchthon annot. zum br. an die Römer, verdeutscht 923;
eitle sinnen
zu treiben auf mit dem was sie nicht fassen können.
Logau 3, zugabe s. 315;
nur das gefühl rache an dem zu nehmen, der diese leiden verursacht hatte, trieb die von schmerz erdrückten kräfte auf. Klinger 4, 44; ich treibe die geister von neuem auf. th. 3, 369; einen krieg auftreiben, erregen.
6)
eigenthümlich steht auftreiben für depascere, mit dem vieh abtreiben, abweiden, fertig weiden, man sehe die unter abweiden ausgezogne stelle von Opitz.
7)
intransitives auftreiben: der ertrunkne leichnam treibt am ufer auf, treibt in die höhe; der same, die frucht treibt auf: laszt uns den samen auswerfen, sehen wir ihn auch nicht reifen, so wird er zu seiner zeit schon auftreiben. Klinger 4, 257; die frucht, die in meinem herzen aufzutreiben beginnt. 5, 25; das schif treibt auf, geräth auf den grund.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1852), Bd. I (1854), Sp. 762, Z. 77.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
aufstemmen ausgeizen
Zitationshilfe
„auftreiben“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/auftreiben>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)