Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

ausstoszen

ausstoszen,
extrudere, expellere, nnl. uitstooten,
1)
bei den fechtern, den ersten stosz thun: der gegner hat noch nicht ausgestoszen; er darf nur einmal ausstoszen.
2)
dem fasz, kessel den zapfen, den boden ausstoszen:
wol, nun kann der gusz beginnen,
schön gezacket ist der bruch,
doch bevor wirs lassen rinnen,
betet einen frommen spruch!
stoszt den zapfen aus!
gott bewahr das haus!
Schiller 78ᵃ;
der letzte und ergste zorn des teufels wider Christum, damit er dem fasz den boden ausstöszet. Luther 4, 473ᵇ; darnach durch der bawern aufrur, dadurch gedacht der satan gewislich dem evangelio den boden auszustoszen. Alberus wider Jörg Witzel. A 8ᵃ; wan ir wolt, so kundt ir wol dem Luther ein groszen abbruch thun, ja dem fasz den boden gar ausstoszen. K 7ᵇ; bis das der Mahometh kame, der stiesz dem fasz den boden gar aus. A 5ᵇ. vgl. ausschlagen.
3)
einem das auge, den zahn ausstoszen: er stiesz sich unvorsichtigerweise an einem vorragenden ast das rechte auge aus; die balgerei endigte nicht ohne ausgestoszne zähne;
drumb gib den gfangnen bruder (ructum) los,
dasz er dir nicht die zen ausstosz.
Scheit grobianus B 2;
sie haben meinen fusz ausgestoszen und haben uber mich einen weg gemacht, mich zu verderben. Hiob 30, 12.
4)
einen ausstoszen, aus der stube, dem haus, dem land jagen, von sich fortjagen: stosz den hund aus! Garg. 87ᵇ; ich wil sie nicht auf ein jar ausstoszen fur dir. 2 Mos. 23, 29; das du sie solt ausstoszen fur dir her. 23, 31; und wil fur dir her senden einen engel und ausstoszen die Cananiter, Amoriter. 33, 2; wenn ich die heiden fur dir ausstoszen und deine grenze weitern werde. 34, 24; in disem allen haben sich verunreiniget die heiden, die ich fur euch her wil ausstoszen. 3 Mos. 18, 24; wird sie aber eine widwen oder ausgestoszen. 22, 13; und der herr ewr gott wird sie ausstoszen fur euch. Jos. 23, 5; da aber das weib Gilead im kinder gebar, stieszen sie Jephthah aus. richt. 11, 2; das ubel ist gröszer, denn das ander, das du an mir gethan hast, das du mich ausstöszest. 2 Sam. 13, 16; stosze sie aus umb irer groszen ubertrettung willen. ps. 5, 11; auf das ich euch ausstosze und ir umbkomet. Jer. 27, 10; aber die kinder des reichs werden ausgestoszen in das finsternis hinaus (goth. usvairpanda in riqis). Matth. 8, 12; es kam fur Jesum, das sie in ausgestoszen hatten (þatei usvaurpun imma). Joh. 9, 35; nu wird der fürst diser welt ausgestoszen werden (usvairpada ut). Joh. 12, 31; welche gott ausstiesz vor dem angesichte unserer väter. apost. gesch. 7, 45; und sollten uns nu heimlich ausstoszen? 16, 37; ins elend ausgestoszne gattin! Gotter 2, 488; ich bin ein gegenstand der zwietracht. es ist billig, dasz mich die gesellschaft ausstosze. 3, 99; der das weib von sich ausstöszt, die sich ihm ganz geopfert hat. 2, 220. Vormals bedeutete ausstoszen (wie ausschieszen) aber auch in gutem sinn aus der menge sondern und erwählen: Jacobum hett er uszgestoszen. Keisersb. post. 2, 28; das besunder volk gottes, das gott uszgestoszen und erwelt hat vor allem volk. 3, 102.
5)
zornige worte, unbesonnene reden ausstoszen;
man stöszt oft aus im zorn, was man nie vorgenommen.
Gryphius 1, 28;
stosz aus allen zorn auf die trewlose haiden!
schelte, gotteslästerungen, schimpfreden, flüche, beschuldigungen ausstoszen; seufzer, laute klagen ausstoszen; man wöll mirs dann gar abtringen und ausstoszen. Garg. 209ᵃ; wenn eigenschaften, die der nation, dem fürsten in entscheidenden momenten unentbehrlich sind, nicht geschätzt, vielmehr verworfen und ausgestoszen worden. Göthe 17, 409; die heilige liebe, die nach und nach das fremde durch den geist der reinheit, der sie selbst ist, ausstöszt und so endlich lauter werden wird wie gesponnen gold. an Aug. Stolberg 8; das meer stöszt alle unreinigkeit, das bier die hefen von sich aus; ein strom, der sich ergieszt, unbekümmert, woher die gewässer ihm zuflieszen und wohin er sie ausstöszt. Klinger 3, 194; diese idee stöszt eine menge von praedicaten aus. Kant 2, 444.
6)
den fleischern ist, ein kalb, einen hammel ausstoszen, die haut des geschlachteten thiers durch stoszen ablösen. den hutmachern, einen hut ausstoszen, ihn auf der form zurichten. den buchbindern, ein buch ausstoszen, die scharfen ecken des bandes abstoszen. den gärtnern, die wege und gänge ausstoszen, sie mit dem stoszeisen reinigen.
7)
intransitives ausstoszen ist ausbrechen, hervorstoszen, erumpere und galt zumal von kräutern und gewächsen: wann aber gemelte gesetzte pflanzen anfahen auszustoszen oder auszuschlagen. Sebiz 288, obschon es leicht ist einen acc. beizufügen: aloen, deren etliche in unserer anwesenheit etliche schuh hohe stängel ausstieszen. Lohenst. Arm. 1, 672. figürlich, der kaiser verbisz seinen schmerz eine zeitlang, aber die mehr verhehlte als unterdrückte bitterkeit kochte beständig in seinem herzen, bis sie mit voller gewalt ausstiesz. Hahn 3, 294. mhd. hiesz ûʒ stôʒen, zur see ausfahren, auslaufen, von lande stoszen. pass. K. 469, 54.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1853), Bd. I (1854), Sp. 989, Z. 16.

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Zitationshilfe
„ausstoszen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/ausstoszen>.

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